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Klimaaktivist:innen haben am Samstagmorgen in Berlin die Glasskulptur „Grundgesetz 49“ nahe dem Bundestagsgebäude beschmiert. 

© Imago/Jonas Gehring

Update

Innenministerin Faeser fordert strafrechtliche Konsequenzen: „Letzte Generation“ beschmiert Grundgesetz-Skulptur am Bundestag in Berlin

Aktivisten schmierten Farbe an eine Glasskulptur und klebten Plakate an. Mit der Aktion wollten sie eigenen Angaben zufolge gegen die Nutzung von Erdöl demonstrieren.

| Update:

Die Flüssigkeit, mit der Klimaschutz-Aktivist:innen unweit des Bundestags ein Denkmal zum Grundgesetz beschmiert haben, ist nach Angaben der Berliner Polizei kein Erdöl gewesen. „Bei der Flüssigkeit handelt es sich um Tapetenleim und Dispersionsfarbe“, sagte ein Sprecher der Polizei am Sonntag auf Anfrage.

Die Gruppe Letzte Generation hatte am Samstag mitgeteilt, mehrere ihrer Unterstützer hätten die Glasskulptur „Grundgesetz 49“ vor dem Jakob-Kaiser-Haus „in Erdöl getränkt“. Nach Angaben der Polizei hatten sie Teile der Gedenkstätte beschmiert beziehungsweise übergossen. Die Polizei habe Proben der Flüssigkeit genommen, die dann analysiert worden seien. Außerdem hatten die Aktivisten Glasflächen des Denkmals mit Plakaten beklebt, unter anderem mit dem Schriftzug „Erdöl oder Grundrechte?“

Zu der Glasskulptur „Grundgesetz 49“ an der Spreepromenade gehören 19 jeweils rund drei Meter hohe Glasscheiben. Darin sind die 19 Grundrechtsartikel des Grundgesetzes mit Laser eingraviert. In einem auf Twitter veröffentlichten Video der Klima-Demonstranten ist zu sehen, wie sie aus Eimern eine dunkle Flüssigkeit auf die Glaswände des Denkmals kippen. Die Klimaschutz-Aktivisten werfen der Bundesregierung vor, sich nicht an die Verpflichtung aus dem Grundgesetz zu halten, Lebensgrundlagen und Freiheit der Menschen zu schützen. 

Faeser fordert strafrechtliche Konsequenzen

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verurteilte die Attacke der Klimaschutz-Aktivisten auf das Grundgesetz-Denkmal und forderte strafrechtliche Konsequenzen. „Es gibt keinerlei Rechtfertigung dafür, ausgerechnet die Grundrechte zu beschmieren – und das auch noch am Bundestag, dem Herz unserer Demokratie“, sagte Faeser der „Bild am Sonntag“. „Das zeigt, dass diese Leute nur Chaos im Sinn haben. Diese völlig unwürdige Aktion muss nun konsequent strafrechtlich verfolgt werden.“

Die Klimakrise könne nur demokratisch bekämpft werden, sagte Faeser. „Dafür braucht es Rückhalt in unserer Gesellschaft. So ein Unsinn schadet deshalb dem Klimaschutz gewaltig.“

Auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hatte sich entsetzt gezeigt. Sie teilte am Samstag mit: „Mich hat die Nachricht von der heutigen Protest-Aktion nahe dem Deutschen Bundestag wirklich erschüttert.“ Das Kunstwerk „Grundgesetz 49“ stehe als Mahnung, die Grundrechte zu achten und zu schützen. „Dazu gehören auch die Grundrechte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Das sind die Grundrechte, auf die sich die Demonstrantinnen und Demonstranten der „Letzten Generation“ gerade als Rechtfertigung bei ihren Aktionen selber stützen.“ Im Februar hatten Klimaschutz-Demonstranten der Gruppe einen kleineren Baum vor dem Kanzleramt in Berlin gefällt.

Aktion gegen Erdöl-Nutzung

Die Aktion am Samstag richtete sich nach Angaben der „Letzten Generation“ gegen die Nutzung von Erdöl. In einem auf Twitter veröffentlichten Video der Gruppe war zu sehen, wie mehrere Aktivist:innen aus Zehn-Liter-Eimern eine dunkle Flüssigkeit auf die Glaswände des Denkmals kippen. Ein Foto der Klimaaktivist:innen zeigt, dass schwarze Farbe und Plakate an der Skulptur haften. Auf einem der Plakate steht: „Erdöl oder Grundrechte“. Vor der Skulptur stehen fünf Personen, die orangefarbene Warnwesten tragen und weitere Plakate in den Händen halten, auf denen steht: „Art. 20A GG = Leben schützen“.

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In dem betreffenden Grundrechtsartikel heißt es: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“

Erdöl verfeuern oder Grundrechte schützen? Im Jahr 2023 geht nur eines von beiden.

Lina Johnson, Sprecherin der „Letzten Generation“

Die Einsatzkräfte waren laut einem Polizeisprecher gegen 9.10 Uhr alarmiert worden. Alle Aktivist:innen erhielten einen Platzverweis. Gegen 13 Uhr teilte eine Polizeisprecherin mit, die Maßnahmen der Einsatzkräfte seien abgeschlossen worden. Die Klimaaktivist:innen hätten sich entfernt. Es sei Strafanzeige erstattet worden, unter anderem „wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung“.

Lina Johnson, Sprecherin der „Letzten Generation“, teilte zu der Aktion mit: „Erdöl verfeuern oder Grundrechte schützen? Im Jahr 2023 geht nur eines von beiden.“ Die Aktivistin Judith Beadle, die sich laut Mitteilung an dem Protest beteiligte, sagte: „Das Verbrennen von Erdöl führt uns in die Klimahölle. In der Klimahölle gibt es keine Menschenwürde, keine Freiheit und kein Recht auf Leben.“

FDP-Politiker Kuhle erwägt Beobachtung durch Verfassungsschutz

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) kritisierte die Aktion. „Das Grundgesetz steht für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat. Das gehört nie und für nichts in den Schmutz gezogen!“, schrieb er auf Twitter.

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Noch schärfere Töne kamen vom stellvertretenden Vorsitzenden der FDP-Fraktion, Konstantin Kuhle. „Wenn sich dieses Tempo der Radikalisierung fortsetzt, muss die Letzte Generation früher oder später vom Verfassungsschutz beobachtet werden.“ Die Klimabewegung insgesamt müsse sich „von derartigen extremistischen Tendenzen“ distanzieren. Der Anschlag auf die Grundgesetz-Skulptur zeige eine „offene Verachtung gegenüber den Institutionen“.

„Dass die Klimaaktivisten nichts von Recht und Gesetz halten, zeigen sie schon lange“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Throm (CDU). „Jetzt haben sie auch ihre Missachtung gegenüber unserem Grundgesetz deutlich gemacht. Die Bundesregierung muss hier endlich handeln und die Strafvorschriften für diese Taten verschärfen.“

Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, teilte auf Twitter mit, die Aktion sei unwürdig. „Sich dafür zu feiern, tritt unsere Werte mit Füßen. Dafür habe ich überhaupt kein Verständnis.“

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Die Gruppe „Letzte Generation“ war nach einem Klima-Hungerstreik in Berlin entstanden und fordert mehr Maßnahmen für den Klimaschutz. Seit Anfang 2022 blockiert sie immer wieder Autobahnausfahrten und andere Straßen in vielen Städten, einen Schwerpunkt bildet Berlin. (Tsp, dpa)

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