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In diesem Jahr wurden nur noch vier Prozent aller in Berlin untersuchten Bäume für vollkommen intakt befunden.

© IMAGO/Zoonar

Neuer Waldzustandsbericht für Berlin: Nur jeder 25. Baum ist noch gesund

Der Effekt der jahrelangen Dürre und Wärme ist dramatisch. Mit Massen neuer Laubbäume sollen die Berliner Wälder an die Klimakrise angepasst werden.

Noch nie seit der deutsch-deutschen Wiedervereinigung waren Berlins Wälder in derart schlechtem Zustand wie jetzt. Laut dem am Mittwoch von der Umweltverwaltung veröffentlichten Waldzustandsbericht wurden in diesem Jahr nur noch vier Prozent der untersuchten Bäume für vollkommen intakt befunden. 56 Prozent der Waldbäume zeigten demnach leichte und 40 Prozent sogar deutliche Schäden. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr waren noch sechs Prozent der Bäume frei von Schäden; 60 Prozent waren leicht und 34 Prozent deutlich geschädigt.

Als Kriterium fürs Ausmaß der Schädigung gilt die Kronenverlichtung von knapp 1000 repräsentativen Referenzbäumen in verschiedenen Berliner Wäldern, die jährlich begutachtet werden. Die aktuelle Verschlechterung betrifft sowohl Nadel- als auch Laubbäume: Die mit etwa 60 Prozent Anteil noch immer dominierenden Kiefern sind demnach zu einem Drittel deutlich und zu knapp zwei Dritteln leicht geschädigt. Nur zwei Prozent (Vorjahr: drei Prozent) haben keine sichtbaren Schäden.

Während Laubbäume ruhen, ziehen Nadelbäume auch im Winter Wasser aus dem Boden.
Während Laubbäume ruhen, ziehen Nadelbäume auch im Winter Wasser aus dem Boden.

© Stefan Jacobs

Bei den Eichen, der mit gut 20 Prozent zweithäufigsten Berliner Waldbaumart, sind jeweils knapp die Hälfte der Exemplare leicht oder deutlich geschädigt. Für intakt wurden wie im Vorjahr nur fünf Prozent der Eichen befunden. Für die anderen Laubbaumarten ist die Statistik im Einzelnen wegen geringer Stückzahlen nur bedingt aussagekräftig, aber insgesamt stehen Buche & Co. mit 63 Prozent stark geschädigten Exemplaren noch schlechter da als die Eichen. Nur ein Prozent der anderen Laubbaumarten hat laut der Erhebung keine Schäden.

Die Entwicklung ist einerseits dramatisch. Andererseits zeigt der Blick auf die vergangenen 30 Jahre, dass sich die Bäume wieder regenerieren können - sofern die Bedingungen besser werden, wovon angesichts der noch immer nicht beendeten Dürre und der erneuten Rekordwärme dieses Jahres allerdings keine Rede sein kann. In den Nachwendejahren hatten sich dank verbesserter Luftqualität vor allem die Nadelbäume deutlich erholt: 1996 waren gut 40 Prozent der Kiefern intakt.

Danach sank der Anteil der gesunden Kiefern wieder auf bis zu sechs Prozent im Jahr 2004 - eine Folge des sehr trockenheißen Sommers 2003. In den Folgejahren berappelten sich die Kiefern wiederum allmählich auf mehr als 40 Prozent gesunde Exemplare. Aber seit 2018 die aktuelle Dürreperiode mit dem geringsten je in Berlin gemessenen Jahresniederschlag begann, geht es steil abwärts - wobei die Entwicklung bei den Eichen ähnlich verläuft, nur mit etwas geringeren Ausschlägen. Sollte sich das Wetter im Dezember nicht noch grundlegend ändern, könnte 2022 an die Wärme- und Dürrerekorde der vergangenen Jahre anknüpfen.

Um die Wälder zu stabilisieren, läuft seit zehn Jahren ein Mischwaldprogramm, bei dem die Forsten hunderttausende Laubbäumchen pflanzen - überwiegend Eichen, Hainbuchen, Linden, Ahorne. 321.000 Stecklinge waren es laut Umweltverwaltung im Herbst 2021; in diesem Jahr sollen weitere 322.000 hinzukommen. Im Frühjahr pflanzen die Forsten wegen der immer früher beginnenden Austrocknung seit einigen Jahren keine Bäume mehr. Neben der Trockenheit erweist sich als Problem der Verbiss durch Rehe, von denen aus Sicht von Fachleuten in den Berliner Wäldern viel zu viele gibt.

Dabei erfüllen die Laubbäume in den Wäldern mehrere nützliche Funktionen: Im Sommer dämpfen sie die Hitze stärker als Kiefern und machen damit das Stadtklima erträglicher. Zugleich sind sie deutlich weniger brandgefährdet. Und im Winter saugen sie - im Unterschied zu immergrünen Nadelbäumen - kaum Feuchtigkeit aus dem Waldboden, was die Neubildung von Grundwasser unterstützt. Mit Grundwasser aus dem Stadtgebiet decken die Berliner Wasserbetriebe rund ein Drittel des Trinkwasserbedarfs. Christian Hönig, Baumreferent des Umweltverbandes BUND, mahnte an, den Wald behutsam und ohne großflächigen Maschineneinsatz umzubauen. Der Holzertrag sei nachrangig.

„Um den Wald zu retten müssen vor allem der Klimawandel aufgehalten und die Grundwasserstände stabilisiert und gesichert werden. Der Waldumbau zu resilienteren Mischwäldern muss behutsam unter Berücksichtigung des Bestandes und ohne flächigen Maschineneinsatz erfolgen

Anders als in Brandenburg sind in Berlin bisher kaum Waldflächen durch Brände vernichtet worden. Damit das so bleibt, wurden viele Waldwege für Feuerwehren hergerichtet. Von 46 Löschwasserbrunnen wurden laut Verwaltung vier in diesem Jahr erneuert oder neu errichtet; weitere sechs sollen im nächsten Jahr folgen. Außerdem beteiligt sich Berlin neuerdings an der von Brandenburg etablierten automatischen Waldbranderkennung durch Kameras und Sensoren. Der auf den Müggelbergen installierte erste optische Berliner Waldbrandmelder soll nicht der einzige bleiben.

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