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Schnelles Radeln auf breiten Wegen, in Berlin selten.

© Jörn Hasselmann

Update

Nur die Route nach Wannsee kommt: Berliner Verkehrsverwaltung stoppt fast alle neuen Radschnellwege – Kritik von der SPD

Der Senat hat sich vom Bau eines 100-Kilometer-Netzes von Radschnellwegen verabschiedet. Lediglich eine Strecke wird „priorisiert“ – und die ist bereits überwiegend gut befahrbar.

Stand:

Bei den geplanten Radschnellverbindungen will die Berliner Verkehrsverwaltung 350 Millionen Euro einsparen. Nur noch eine von einst zehn geplanten soll vorerst gebaut werden. Dies teilten die Fahrradaktivisten vom Verein Changing Cities mit. Statt 100 Kilometern werden nun nur 13 gebaut.

Die Senatsverkehrsverwaltung bestätigte am Mittwoch die Angaben von Changing Cities, auch wenn die Behörde eine andere Sprachregelung hat. Wie die Sprecherin von Senatorin Ute Bonde (CDU) sagte, werde die Radschnellverbindung (RSV) Nummer 3 „priorisiert“. Sechs werden ganz gestoppt, zwei weitergeplant. Der zehnte war bereits 2022 gestrichen worden. Ganz überraschend kommt das weitgehende Aus nicht. Schon im Sommer 2023 hatte die Verkehrsverwaltung bestätigt, dass die „Prüfung“ aller Radwegprojekte auch für die Schnellverbindungen gelte.

Sprecherin Petra Nelken betonte, dass die von Changing Cities genannte Summe von 350 Millionen Euro falsch sei. „Diese Summe gibt es nicht.“ Erst nach Fertigstellung der einen Strecke nach Wannsee wisse man, was Radschnellwege wirklich kosten. Anschließend müsse man sehen, ob Geld für die beiden weiter geplanten da sei, hieß es in der Verwaltung. Dies sind die West-Route nach Spandau und die Ost-Route nach Marzahn-Hellersdorf.

Die Strecke auf dem Kronprinzessinnenweg entlang der Avus sei planerisch am weitesten gediehen. Die Baugenehmigung solle demnächst beantragt werden, ein genaues Datum nannte Nelken nicht.

Wenn CDU und SPD nun auch die Axt an die Radschnellverbindungen anlegen, stirbt das Berliner Radverkehrsnetz und damit die Verkehrswende.

Ragnhild Sørensen von Changing Cities

„Wenn CDU und SPD nun auch die Axt an die Radschnellverbindungen anlegen, stirbt das Berliner Radverkehrsnetz und damit die Verkehrswende“, kritisierte Ragnhild Sørensen von Changing Cities. Der Verein hat wenig Hoffnung: Die Formulierung „Priorisierung“ kenne man aus dem letzten Sommer, sagte Ragnhild Sørensen. Damals hatte die CDU-geführte Verwaltung die Planung neuer Radwege an Straßen zeitweise gestoppt.

2017 hatte die damals grün geführte Verkehrsverwaltung den Bau von zehn Radschnellwegen angekündigt. Diese sieht auch das Mobilitätsgesetz vor. Diese Routen sollen auf eigenständigen Wegen, in Fahrradstraßen oder vom motorisierten Verkehr getrennt auf Straßen verlaufen, beleuchtet und mit mindestens drei Metern Breite. Sørensen nannte die Radschnellwege „die Hauptschlagader des Radnetzes“.

Schon 2022 hatte das Land bestätigt, dass eine der zehn Strecken wegen „fehlender Potenziale“ gestrichen wurde, nämlich die Trasse Nummer 7 (Spandauer Damm – Freiheit). Damals hatte der Tagesspiegel ergänzend berichtet, dass bei weiteren drei Verbindungen die Planung gestoppt wurde, weil in den Planungsbüros die Kapazitäten fehlen. Dies hatte die Verkehrsverwaltung damals nicht bestätigen wollen.

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Nun bleibt nur noch ein Radschnellweg übrig – und zwar der, der bereits weitgehend gut befahrbar ist. Rennradfahrer und Pendler nutzen die Verbindung zwischen S-Bahnhof Grunewald und Havelchaussee intensiv. Teure Ingenieurbauwerke sind nicht erforderlich.

SPD kritisiert Stopp der Radschnellverbindungen

Kritik an den Sparplänen kommt von der SPD: Radschnellverbindungen seien ein gutes Mittel, um den Autoverkehr in der Stadt und somit CO₂ zu reduzieren, teilte Linda Vierecke mit, Sprecherin für Umweltschutz. Pendler, insbesondere aus den Außenbezirken, würden durch solche Radwege direkt und schnell an ihren Arbeitsplatz kommen. Diese seien eine echte Alternative zum Auto. „Daher halte ich es für falsch, an dieser Stelle zu sparen. Wir brauchen jetzt sichere Radverkehrsverbindungen“, so Vierecke.   

Rückblickend waren die Angaben der Verkehrsverwaltung immer zu optimistisch. Anfangs hieß es, dass „Mitte der 20er-Jahre“ das ganze Netz fertig ist. 2019 wurde das international tätige Planungsbüro Ramboll mit der Planung von sechs Schnellverbindungen beauftragt. Ramboll korrigierte die anfangs vom Senat genannten Baukosten nach oben, und zwar auf eine bis zwei Millionen Euro pro Kilometer. Das Büro hat viel Erfahrung, in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen wurden viele Kilometer mit teils aufwendigen Brücken und anderen Ingenieurbauwerken realisiert.

Es könnte bis 2030 dauern, bis die Route nach Wannsee fertig ist

Später wurden die Durchschnittskosten für die RSV noch mal erhöht, sodass die Summe von 350 Millionen für die 100 Kilometer genannt wurde. Im Haushalt war diese Summe nie verankert. 2019 wurde die Fertigstellung der Teltowkanalroute für das Jahr 2024 angekündigt. Hier zerstritten sich die Planer mit Naturschützern, die gegen die Asphaltierung des Weges am Kanal kämpften.

Nun ist 2024 zur Hälfte vorbei, es ist nicht ein Bauantrag eingereicht, das sogenannte Planfeststellungsverfahren. Da dieses Verfahren in der Regel zwei Jahre dauert, könnte es bis 2030 dauern, bis die Route nach Wannsee fertig ist. Von einer Weiterführung nach Potsdam spricht schon lange keiner mehr.

Wie viel Geld für die zehn Machbarkeitsstudien schon ausgegeben wurden und inwieweit diese Summe verloren ist, blieb am Mittwoch unklar. In diesen Studien wurden mögliche Korridore vom Stadtrand ins Zentrum untersucht, um geeignete Trassen zu finden. Für alle zehn RSV entstanden so „Vorzugsvarianten“.

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