zum Hauptinhalt
Schmuck oder Mahnung? Die fünf Ringe sind in Verruf geraten.

© dpa

Olympische Spiele in Berlin: Die dreckigen fünf Ringe

Berlin will sich als Austragungsort für die Olympischen Spiele bewerben. Das soll zum Wohle der Stadt sein, heißt es. Doch in einigen Studien wurde überprüft, was von solchen Versprechungen zu halten ist: nicht viel. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Es geht los. Das Krumme, Ungerade, Halbseidene, auf alle Fälle Intransparente, das seit Jahrzehnten das Wirken des Internationalen Olympischen Komitees begleitet, befällt die derzeit handlungsbevollmächtigten Akteure schon, wenn sie nur darüber sprechen, dass sie bei Olympia mitmachen wollen. Und so wird es weitergehen.

Je verbindlicher die Lage, desto krummer die Wege, die beschritten werden, desto klandestiner wird agiert. Denn vor der schönen, hehren Idee der Olympischen Spiele steht das IOC – ein milliardenschwerer, weitgehend unbehelligt agierender Parallelweltverein, der vom Schönen und Hehren weit entfernt ist. „Irgendwo zwischen Zirkus und Farce“ werde er landen, sagte 2011 sogar einer der eigenen Funktionäre voraus, wenn sich nichts ändere. Und es hat sich nichts geändert. Bestechung, Korruption, Gigantismus sind weiterhin die am nächsten liegenden Assoziationen zum Thema IOC. Dass es ihm um Geld geht und wenig mehr. Dazu passt die Vergabe der Spiele an Länder, die in keiner Form den Anschein erwecken, an Fairness oder sonstigem olympischen Geisteshaltungsgedöns interessiert zu sein. An Olympia, so scheint es längst zu sein, kann man sich nur die Hände schmutzig machen.

Der Senat sucht eine „kluge Lösung zur Beteiligung der Bevölkerung“

In Berlin spielt das keine Rolle. Die Stadt will sich als Austragungsort für Olympische Spiele in 10 oder 14 Jahren bewerben. Die Haltung des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit zu dieser Art Kritik am IOC lautet sinngemäß: Tja, was soll man machen? Im Wortlaut Anfang Juli, 51. Plenarsitzung: „Wir haben uns zu Recht alle miteinander aufgeregt, dass Olympische Spiele und internationale Großveranstaltungen in Diktaturen vergeben werden. Die Grundsatzentscheidung kann man klären, dass man es nicht will. Man wird sie aber nicht dadurch klären, dass sich die Demokratien verweigern, Austragungsorte für Olympische Spiele oder Großveranstaltungen zu werden.“ – Ja, warum eigentlich nicht? – Und zum Thema Knebelverträge an die Linkspartei gerichtet, sagte Wowereit: „Wenn Sie mit der Attitüde hingehen, Sie diktieren dem IOC, wie der Vertrag aussieht, werden Sie Trauer tragen. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu.“

Nach Aussage von Berlins Sportsenator Frank Henkel, CDU, sucht man gerade eine „kluge Lösung zur Beteiligung der Bevölkerung“ an den Umständen dieser Bewerbung. Die Option Ja oder Nein zu sagen, schließt diese Klugheit aus. Vorsichtshalber? Welche Art Klugheit soll das sein?

Die Kosten für Sommerspiele liegen durchschnittlich 252 Prozent (!) über Plan

Vielleicht ist es dieselbe Klugheit, aus der heraus zwar im Vorfeld von Olympischen Spielen jede Menge Studien angefertigt werden, die positive Effekte für die Austragungsorte ausweisen, aber kaum welche, die im Nachhinein noch mal hinschauen und prüfen, was von den Versprechungen wahr geworden wäre. Nur gelegentlich tauchen Zahlen auf. Wissenschaftler der Said Business School der Universität von Oxford haben 27 Spiele von 1960 bis 2012 ausgewertet und errechnet, dass die Kosten für Sommerspiele durchschnittlich 252 Prozent (!) über dem Plan lagen. Sie nennen die Spiele „eines der finanziell riskantesten Megaevents, die es gibt, eine Tatsache, die viele Städte und Länder zu ihrem Schaden gelernt haben“.

Und auch jenseits der pekuniären Dimension wirken Olympische Spiele auf die Austragungsorte. Die emeritierte kanadische Soziologin Helen Lenskij (Universität von Toronto) schreibt 2010, dass der enorme Bedarf an freiwilligen Helfern während der Spiele die ehrenamtlichen Strukturen vor Ort dauerhaft geschädigt habe, wenn für die Spiele Tausende von Freiwilligen aus den Suppenküchen und Altenheimen abwandern, die später nicht mehr zurückkehren. Auch hat Lenskij vielerorts eine allgemeine Erhöhung des Miet- und Lebenshaltungsniveaus ermittelt. Diese drei Punkte treffen vor allem die sozial Schwachen, von denen es in Berlin viele gibt. Auch an sie und ihre Zukunft denkt der kluge Politiker – denn die Allgemeinheit zahlt für sie.

Es geht offenbar schon früh um Einzelinteressen

Positive Effekte aus touristischen Einnahmen haben sich laut Lenskij dagegen nur für die Austragungsorte ergeben, die vor ihrer Gastgeberrolle eher unbekannt waren. Dieses Argument greift im Fall von Berlin also nicht.

In den Berichten zu finanziellen Belastungen durch Olympische Spiele steht meist irgendwo, dass die Bewerberstädte nicht voneinander lernen wollten. Auch das ist ein schlechtes Zeichen. Es nährt den Verdacht, dass da kein gemeinsames Ziel ist, sondern, dass es schon früh um Einzelinteressen geht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false