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Pech gehabt: Wegen der AfD-Gegendemo ist die Spree für Ausflugsdampfer vorübergehend gesperrt.

© Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

Protest am Sonntag in Berlin: Reeder sauer über Spree-Sperrung wegen AfD-Gegendemo

Für die AfD-Gegendemo wird die Spree am Sonntag gesperrt. Wer sich gar nicht darüber freut: die Reeder. Für sie bedeutet die Sperrung nämlich Umsatzeinbußen.

Eine Spreefahrt, die ist lustig, eine Spreefahrt, die ... fällt aus. Jedenfalls an diesem Sonntag. Vom Wasser aus wollen Gegendemonstranten den AfD-Protestzug, der unter anderem am Spreeufer entlangführt, mit Megafonen niederschreien. Mit 200 bis 300 Teilnehmern auf mindestens acht selbst gezimmerten Flößen rechnet Johannes Heereman, der die Gegendemo angemeldet hat. „Aber es kann auch sein, dass das total explodiert.“

Auch, weil die Funkpflicht, die wegen der schlecht einsehbaren Brücken normalerweise tagsüber auf der Spree gilt, für solche Veranstaltungen ausgesetzt wird – es kann also quasi alles, was schwimmt, mitfahren. Zusammen mit den von der Clubcommission mobilisierten und angekündigten 10.000 tanzwütigen Gegendemonstranten könnte die Protestgruppe die AfD auch zahlenmäßig in den Schatten stellen: 10.000 Teilnehmer hat die Partei angemeldet, die rechnet allerdings selbst eher mit 2500 bis 5000.

Für die Floß-Demo wird die Spree gesperrt, und wer sich darüber überhaupt nicht freut, ist Frank Westphal. Er ist Geschäftsführer der Berliner Wassersport und Service GmbH – das sind die mit dem gelben „Tropical Islands“-Kahn. Und für ihn bedeutet eine gesperrte Spree Umsatzeinbußen. „Das Reedereigeschäft wird uns am Wochenende fast unmöglich gemacht – weil da ein paar Floße auf der Spree rumjuckeln wollen!“

„Wir haben Versammlungsfreiheit“

Zwar führt die Route der Rechten nur etwa einen halben Kilometer die Spree entlang – vom Hauptbahnhof das Kapelleufer entlang, bevor sie links in die Reinhardtstraße abbiegt. Trotzdem ist die Spree auf einer Länge von drei Kilometern gesperrt. Wo und wann genau, ist so einfach allerdings gar nicht herauszufinden. Denn obwohl von der Polizei angeordnet, wird die Sperr-Meldung ausschließlich auf der Internetseite der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes veröffentlicht. Und auch da muss man sich ganz schön durch sämtliche deutsche Wasserstraßen klicken.

Die Belohnungs-Info: „Spree-Oder-Wasserstraße wegen einer Veranstaltung am 27. Mai gesperrt von 52° 31.383’ N 13° 22.317’ E bis ...“ – egal, für die Nautik-Profis fällt der Sonntag ja sowieso, pardon, ins Wasser. Für Laien: Von 10 bis 17 Uhr ist die Spree zwischen Hauptbahnhof und Mühlendamm-Schleuse gesperrt – Kollisionsgefahr.

Ob man schon einmal an einem warmen Sonntag auf der Spree gewesen sei, fragt der Polizeisprecher. „Die fahren so dicht, da kann man eigentlich zu Fuß von Schiff zu Schiff laufen.“ Und wenn jetzt aber jeden Sonntag eine Demo auf der Spree angemeldet würde, wären doch die Reedereien irgendwann pleite? „Wir haben Versammlungsfreiheit“, antwortet der Polizeisprecher nach einem hörbaren Zögern. Zu Deutsch: Pech.

Reeder vermisst die Verhältnismäßigkeit

Klar, Frank Westphal hat Verständnis. Und irgendwie findet er das Ganze gut. „Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft – und wiegt eben schwerer als die Privatwirtschaft.“ Dennoch fehle ihm oft bei solchen Entscheidungen die Verhältnismäßigkeit.

„Wir sind 36 Reedereien mit zwei Millionen Gästen jährlich, wir verdienen unser Geld nur von Mai bis Oktober, aber wir laufen unter Freizeit und werden auch so behandelt“, sagt der Reeder. Wäre die Spree eine Frachtverkehrsstraße, führe man sicher eine andere Linie, glaubt Westphal. In einer Saison verdient die Reederei an die 500.000 Euro, der fehlende Sonntag kostet Westphal 10.000 Euro.

Valerian Dahmen von „Spreeboote“ sieht dem Sonntag gelassener entgegen. „Wir sind wie fast jedes Wochenende ausgebucht“, sagt der Manager des Bootsverleihs, aber ob eventuelle Gegendemonstranten jetzt extra Boote bei ihm reserviert hätten? „Wüsste ich nicht. Aber in unseren Geschäftsbedingungen steht auch drin, dass die Boote nicht für Demo-Zwecke genutzt werden dürfen.“ Gut, gegen eine „gesittete Veranstaltung“ habe man nichts, aber bei einer AfD-Demo „kann’s ja auch ganz schön zur Sache gehen“. Da will er seine Boote im Trocknenen wissen.

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