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© imago images / Foto: imago/Olaf Wagner

Prozess gegen Berliner Neonazi: „Er machte keinen Hehl aus seiner Gesinnung“

Mit einem Cuttermesser soll der Neuköllner Neonazi, Maurice P., einen Jamaikaner angegriffen haben. Nun hat Steve W. selbst vor Gericht ausgesagt.

Als er zufällig mit einem Rechtsextremisten an einem Tisch saß, ließ sich Steve W. auf ein Gespräch ein. „Er machte keinen Hehl aus seiner Gesinnung“, schilderte der 37-Jährige, der aus Jamaika stammt, am Freitag vor dem Amtsgericht Tiergarten. Sie redeten lange. Dann ein Gerangel. Maurice P., ein Neonazi, setzte schließlich ein Cuttermesser ein. Steve W. wurde schwer am Hals getroffen. Der Schnitt verfehlte die Halsschlagader knapp.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 29-jährigen P. vor, aus rassistischen Motiven gehandelt zu haben. Er soll laut Anklage nach längerer Unterhaltung eine Flasche in Richtung von W. geworfen und diesen rassistisch beschimpft haben. Es wurde handgreiflich. Dann habe P. aufgebracht „und aus Hass gegen Menschen mit dunkler Hautfarbe“ ein Messer eingesetzt, heißt es in der Anklage.

Steve W. kam mit Bekannten von einer Feier, sie setzten sich vor ein Café. Dann tauchten der Angeklagte und ein weiterer Mann auf. Er sei P. nie zuvor begegnet, schilderte W. vor Gericht. Sie hätten etwa drei Stunden lang geredet.

Er habe sich ruhig angehört, was P. über seine rechte Gesinnung, seine „Helden“ von sich gab. „Weil ich viel darüber weiß, konnte ich Fakten dagegenhalten“, sagte der Zeuge. „Du bist fehlgeleitet“, habe er dem Mann gesagt. Es sei alles in „nicht aggressiver Weise“ geschehen. „Ich frage mich bis heute, warum es plötzlich kippte“, sagte W.

Das Gespräch am Morgen des 4. Juli 2021 in der Neuköllner Straße soll Maurice P. mit dem Wurf einer Bierflasche in Richtung von W. beendet haben. „Er stand auf, ging ein Stück weg und warf unvermittelt“, schilderte Steve W. nun. Er habe gefragt: „Warum machst du das?“ P. habe ihn daraufhin rassistisch beschimpft. „Es kam zu einem Gerangel.“

Er hatte etwas in der Hand und hat auf meinen Hals gezielt.

Steve W. vor dem Amtsgericht Tiergarten

P. sei zu Boden gegangen, habe gerufen, dass er „nicht kämpfen“ wolle. „Da habe ich ihn gelassen“, sagte der Jamaikaner. „Entspann dich“, habe er dem Mann noch zugerufen. Der aber sei plötzlich auf ihn zugelaufen. „Er hatte etwas in der Hand und hat auf meinen Hals gezielt.“

Dem polizeibekannten Rechtsextremisten wird im Fall des Messereinsatzes gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Zudem werden ihm in einer zweiten Anklage unter anderem besonders schwerer Landfriedensbruch und mehrfaches Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zur Last gelegt.

Einen Teil der Vorwürfe gab P. in einer von einem seiner Verteidiger verlesenen Erklärung zu. Unter Drogen habe er den Hitlergruß gezeigt – seine Drogensucht habe in der Vergangenheit zu „vielen Fehlentscheidungen“ geführt und dazu, dass er „asozial gehandelt“ habe.

Hauptvorwürfe der Anklage allerdings wies P. zurück. An einer Schlägerei im September 2018 sei er nicht beteiligt gewesen, im Fall des Jamaikaners sei er zuerst geschlagen worden, erklärte er. Er habe sich „absolut unterlegen“ gefühlt, deshalb das Cuttermesser, das er eigentlich im Job benutze, aus der Tasche geholt und „in Panik Abwehrbewegungen gemacht“. Er habe den Mann nicht verletzen wollen.

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