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Französische Hochkultur.  Botschafter François Delattre, Vicky Krieps, Sandra Hüller, Kulturministerin Rima Abdul Malak.

© Französische Botschaft

Rotwein, Orden und Amour: Frankreichs Kulturministerin ehrt Schauspielerinnen in Berlin

Rima Abdul Malak präsentiert die Kunst der poetisch temperamentvollen Laudatio bei der Ehrung für Sandra Hüller und Vicky Krieps. Sie wurden mit dem „Ordre des Arts et des Lettres“ geehrt.

Wo bleibt eigentlich der Preis für die schönste Dankesrede? Sandra Hüller wäre eine gute Anwärterin. Nachdem sie von Frankreichs Kulturministerin Rima Abdul Malak im „Ordre des Arts et des Lettres“ (Orden der Künste und der Literatur) zur Offizierin ernannt worden ist, bedankt sie sich mit einer schönen Kindheitserinnerung an einen französischen Gast ihrer Eltern, der Marcel hieß und einmal im Jahr aus der französischen Partnerstadt auf dem Weg zu seiner Geliebten zu Besuch kam in ihren Heimatort. Dabei sei immer viel gelacht und viel Rotwein getrunken worden.

Ich hoffe, dass dies nicht ein Ende von etwas war, sondern ein Anfang.

Sandra Hüller, Schauspielerin

Und wie sie, obwohl das allen Klischees entsprach, gedacht hat, es müsse toll sein, so zu leben. „Ich hoffe, dass dies nicht ein Ende von etwas war, sondern ein Anfang“, schloss sie ihre Dankesworte.

Auch die Laudatio, die der Dankesrede vorausgeht, ist ein Erlebnis. Die Ministerin beherrscht die leider sehr seltene Kunst, eine lange Rede so eindringlich und temperamentvoll vorzutragen, dass die Menschen im Raum ihr wirklich gebannt zuhören.

240
Kinos zeigten in Frankreich den Film „Toni Erdmann“.

Das mag auch an der poetischen Art liegen, wie sie in ihrer Laudatio den Werdegang der Schauspielerin beschreibt, von der Kindheit in Thüringen ohne Telefon und Auto, von der zunächst unüberwindbar scheinenden Schüchternheit, bis sie schließlich der Leidenschaft des Spiels verfällt, die zu ihrer einzigen Obsession wird.

Vom kleinen Piraten zur Ritterin

Wie sie dann aufbricht „ins brodelnde Berlin“ und sich bei der Erarbeitung einer großen Palette von Emotionen die Frauen ihrer Familie zum Vorbild nimmt: „Diese Frauen sind in Ihren Augen leuchtende Beispiele für Hingabe und Kampfgeist.“ Als Hauptdarstellerin in „Toni Erdmann“ hätten sie 300.000 Besucher in 240 Kinos auch in Frankreich erleben können.

Nicht weniger persönlich lobt sie Vicky Krieps, der sie die Insignien einer Ritterin im Orden für Kunst und Literatur verleiht. Auch bei ihr hat sie sich erstaunliche Details gemerkt, von der Fünfjährigen die als kleiner Pirat im Club Med brilliert, über den Einsatz für HIV-positive Kinder als 20-jährige in Afrika bis zum Preis als beste Nachwuchsdarstellerin beim Filmfestival in Budapest gleich in ihrem allerersten Kurzfilm.

Zu einem Liebling des europäischen Autorenkinos sei sie dann geworden wegen ihrer Fähigkeit, in alle möglichen Charaktere hineinzuschlüpfen, „ohne den Glanz und die Einzigartigkeit ihrer eigenen Persönlichkeit zu verlieren“.

Zum Glück gibt es die Scancodes, mit deren Hilfe sich alle Gäste, die der französischen Sprache nicht mächtig sind, die Übersetzung diskret anschauen können, eine im Vergleich zum Auftritt von Live-Dolmetschern, wie sie früher die Regel waren, zeitsparend elegante Lösung.

Grund zu feiern gibt es auch unabhängig von den Preisen. Die Franzosen sind stark vertreten auf der diesjährigen Berlinale, mit insgesamt 20 Produktionen, davon allein drei Filmen im Wettbewerb. Und mit Caroline Champetier wurde auch eine Französin mit der „Goldenen Kamera“ ausgezeichnet.

Unter den Gästen, die Frankreichs Botschafter François Delattre im Laufe des Abends begrüßt, sind Staatsministerin Claudia Roth, Berlinale-Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek, die Regisseure Emily Atef und Lars Kraume und die Schauspielerinnen Susanne Wolff und Agathe Bonitzer.

Ach ja, weil ja immer neue Preise erfunden werden, gibt es vielleicht irgendwann mal die Auszeichnung für das beste Festival Food. Da müsste Frankreich wegen des uralten Vorsprungs in Sachen kulinarischer Hochkultur wohl außer Konkurrenz laufen.

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