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Wiedervereinigung der West-Alliierten.

© Philipp Jester / AlliiertenMuseum/Philipp Jester

Diplomatie in Zeiten der Krise: Botschafter der früheren West-Alliierten diskutieren in Berlin

Die Repräsentanten der USA, Großbritanniens und Frankreichs sind sich einig: Der Angriffskrieg auf die Ukraine hat den Zusammenhalt ihrer Länder gestärkt.

Wie aus Feinden erst Beschützer und dann Freunde wurden: Diese Geschichte zieht sich wie ein roter Faden durch das Alliierten-Museum.

Einen besseren Ort hätten sich die Botschafter der früheren West-Alliierten, die im Kalten Krieg die Freiheit West-Berlins verteidigten, kaum aussuchen können, um über das Thema „Diplomatie in Zeiten von Krisen und Kriegen“ zu diskutieren.

Der Saal im ehemaligen Outpost-Kino an der Clayallee war ausgebucht, als US-Botschafterin Amy Gutmann, ihre britische Kollegin Jill Gallard und Frankreichs neuer Botschafter François Delattre auf dem Podium Platz nahmen.

Moderatorin Nora Müller (v. l.) im Gespräch mit Jill Gallard aus Großbritannien, Amy Gutmann aus den USA und  François Delattre aus Frankreich. Am Pult: der Direktor des Alliierten-Museums, Jürgen Lillteicher.
Moderatorin Nora Müller (v. l.) im Gespräch mit Jill Gallard aus Großbritannien, Amy Gutmann aus den USA und  François Delattre aus Frankreich. Am Pult: der Direktor des Alliierten-Museums, Jürgen Lillteicher.

© Philipp Jester / AlliiertenMuseum/Philipp Jester

„Warum wird man Diplomat?“, fragte Moderatorin Nora Müller von der Körber-Stiftung ganz am Anfang. Jill Gallard, die aus Nordirland stammt, erzählte von ihrer Studienzeit in Edinburgh.

„Du Arme“, hieß es immer, wenn sie erzählte, wo sie herkam. Es war die Zeit der „Troubles“, der blutigen Auseinandersetzungen zwischen Protestanten und Katholiken. Sie dachte damals intensiv darüber nach, wie unsinnig es ist, wenn Menschen einander bekämpfen und töten – und kam zu dem Schluss, dass sie als Diplomatin am besten dazu beitragen könnte, das zu verhindern.

Die drei Botschafter waren sich in vielem einig. Der Angriffskrieg auf die Ukraine mit all den Kriegsverbrechen und Verletzungen der Menschenrechte habe die Länder über alle denkbaren Unstimmigkeiten stärker vereinigt, gab Amy Gutmann zu bedenken. „Diplomatie heißt, Waldimir Putin klarzumachen, wir stehen zusammen“, sagte sie. François Delattre gab zu bedenken, dass die Zeit für Verhandlungen noch nicht gekommen sei.

Putin könnte es sofort stoppen.

Amy Gutmann, US-Botschafterin

Amy Gutmann sagte, dass es keine diplomatische Lösung geben könne, solange jemand einen Krieg gegen eine unabhängige Nation führe: „Putin könnte es sofort stoppen.“ Sie finde es großartig, dass nun alle miteinander wetteiferten, wer die Nummer eins ist, wenn es darum geht, der Ukraine zu helfen.

Jill Gallard erlaubte sich im Zusammenhang mit der transatlantischen Einigkeit bei der Bewältigung großer Herausforderungen auch eine „Post-Brexit-Bemerkung“: „Wir haben die Europäische Union verlassen, aber nicht Europa.“ Großbritannien sei schließlich immer noch Mitglied der NATO.

Wir haben die Europäische Union verlassen, aber nicht Europa.

Jill Gallard, Botschafterin von Großbritannien

In einem zweiten großen Themenblock dachten die Botschafter über das Verhältnis zu China nach. Auch da herrschte weitgehende Einigkeit, dass man diese Frage mit weit geöffneten Augen betrachten müsse. Es gehe darum, die Verbindung von Risiken zu befreien, mahnte François Delattre. Auch Jill Gallard sprach über die Diversifizierung der Lieferketten.

Kalter Frieden statt Kalter Krieg

Amy Gutmann wurde konkreter und warf ein, dass China Urheberrechte gestohlen, Menschenrechte nicht eingehalten und angebotene Impfstoffe nicht angenommen habe. „Wir dürfen uns nicht zu Geiseln autokratischer Mächte machen lassen“, sagte sie. Auch das sei eine Lehre aus Putins Krieg. Sie erwartet aber eher einen kalten Frieden als einen neuen Kalten Krieg.

Der Direktor des Alliierten-Museums, Jürgen Lillteicher, kündigte an, dass man sich künftig öfter Besuch ins Haus einladen wolle. Zur Verbreitung der Geschichte, wie der Kalte Krieg ein glückliches Ende gefunden hat, mag auch beigetragen haben, dass die Veranstaltung auf Youtube gestreamt wurde.

555.000
Hin-und Rückflüge zählten die West-Allierten während der Blockade

Außerdem verlieh Lillteicher der Hoffnung Ausdruck, dass die anwesenden höchsten Repräsentanten der ehemaligen West-Alliierten nun auch zu Botschaftern für das Alliierten-Museum geworden seien.

Eingangs war er bereits auf den geplanten Umzug des Museums zum ehemaligen Flughafen Tempelhof eingegangen, mit dem 2033 oder 2034 zu rechnen ist.

Der symbolträchtige Ort ist mit vielen Erinnerungen an die Zeit des Kalten Krieges verknüpft und vermittelt so auch  den Anteil der Westmächte am Erhalt von Frieden, Freiheit und Demokratie. Kurz erinnerte die Runde daran, dass sie alle Alliierte gegen die Deutschen gewesen seien.

Und dass es Hoffnung mache zu sehen, wie sich die Dinge zum Guten wenden können, auch wenn es nicht leicht gewesen sei. Jill Gallard jedenfalls glaubt, dass man im Alliierten-Museum aus der Vergangenheit lernen kann. Amy Gutmann hält dies für relevanter denn je, und François Delattre ist überzeugt, dass dieser Ort der Erinnerung eine Brücke in die Zukunft schaffen kann.

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