zum Hauptinhalt
„Chuck Norris kann problemlos 33 Schüler:innen gleichzeitig unterrichten. (Und natürlich jede und jeden individuell fordern und fördern!)“, hatten diese Lehrkräfte im Oktober auf ihr Plakat zur Demonstration für kleinere Klassen geschrieben.

© dpa/Jörg Carstensen

Siebter Warnstreiktag an Berlins Schulen: Der Landeselternausschuss verliert die Geduld

Abermals fordert die GEW zum Ausstand für kleinere Klassen auf. Das höchste Elterngremium unterstützt das Ziel, hält aber die „Aneinanderreihung von Streiks“ nicht für „zielführend“.

| Update:

Berlins gewählte Elternvertretung verliert nun doch langsam die Geduld mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW): Angesichts des für diesen Donnerstag angesetzten siebten Warnstreiks an Berlins öffentlichen Schulen sagte Landeselternsprecher Norman Heise dem Tagesspiegel, sein Gremium halte „die Aneinanderreihung von Streiks, so wie sie jetzt praktiziert wird, nicht für ein zielführendes Vorgehen“.

Zwar teile der Landeselternausschuss weiterhin das Ziel der GEW, dass es kleinere Klassen geben müsse; er unterstütze auch die seit 2021 erhobene Forderung nach einem Gesundheitstarifvertrag, in dem die Zahl der Kinder pro Lehrkraft festgeschrieben werden solle, betonte Heise. Der Landeselternausschuss wolle aber das Gespräch mit der GEW suchen, um „Alternativen“ zum Mittel des Warnstreiks zu „diskutieren“.

Die Warnstreiks haben aus Sicht der Eltern den Nachteil, dass durch sie Unterricht ausfällt. Angesichts der immensen Rückstände der Schülerinnen und Schüler, die durch Corona nochmals größer wurden, steigt deshalb die Unruhe – auch unter Schülern, die auf die Abschlussprüfungen zum Mittleren Schulabschluss und zum Abitur hinarbeiten.

Was Eltern zusätzlich ärgert: Manche Grundschulen fordern die Erziehungsberechtigten schon Tage vorher auf, die Kinder am Streiktag nicht zur Schule zu schicken. Ist das überhaupt gestattet? Die Bildungsverwaltung teilte auf Anfrage mit, dass das „prinzipiell“ vom Umfang der Streikteilnahme abhänge. Da die Streikteilnahme zuletzt rückläufig gewesen sei, gebe es „keinen schulorganisatorischen Grund“ die Eltern im Vorfeld aufzufordern, ihre Kinder nicht zu schicken – zumal die Schulpflicht bestehen bleibe.

„Trotz erhöhter Krankstände dürfte noch genügend pädagogisches Personal vor Ort sein, um auch noch Unterricht sowie ergänzende Förderung und Betreuung anzubieten“, lautet die Einschätzung der Bildungsverwaltung.

Der Finanzsenator lehnt Gespräche mit der GEW ab

Die Streikbereitschaft abermals beeinträchtigen dürfte auch die geringe Aussicht auf Erfolg. Wie berichtet gilt es als ausgeschlossen, dass die Tarifgemeinschaft deutscher Ländern einen solchen Tarifvertrag hinnehmen würde, drohen würde dann ein Rauswurf Berlins. Mit diesem Argument lehnt Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) Gespräche mit der GEW von vornherein ab.

Zudem ist allgemein bekannt, dass kleinere Klassen angesichts des Lehrkräfte- und Raummangels in den kommenden Jahren nicht machbar wären. Somit stehen die Chancen, einen entsprechenden Tarifvertrag abschließen zu können, denkbar schlecht.

2500
Beschäftigte beteiligten sich am Streiktag im November.

Das hat sich auch in den Lehrkräftezimmern herumgesprochen, so dass die Streikbeteiligung nachlässt: Aus 3500 Streikenden im September und Oktober wurden im November weniger als 2500. Gewerkschafter sehen nur wenig Chancen, dass die Streikbereitschaft reicht, um die Warnstreiks in einen „richtigen“ Streik zu überführen.

„Ein Warnstreik hat die Funktion, die Arbeitgeberseite zu warnen, dass die Gewerkschaft eskalationsfähig ist. Daran bestehen jedoch begründete Zweifel“, heißt es seitens GEW-interner Kritiker. Somit „demontiere“ die GEW ihre tarifpolitische Bedeutung gerade selbst. Der aktuelle Vorstand um Tom Erdmann und Martina Regulin sowie den Tarifexperten Udo Mertens brauche für diese Warnstreiks dringend ein „Ausstiegsszenario“, um sein Gesicht wahren zu können.

In ihren Wahlprogrammen bekennen sich fast alle Parteien zu dem Ziel kleinerer Klassen. Passiert ist seit der letzten Wahl jedoch rein gar nichts.

Tom Erdmann, GEW-Vorsitzender

Die Gewerkschaft selbst gibt sich kämpferisch: Sie hat wie an den vorangegangenen Streiktagen schon alle tarifbeschäftigten Lehrkräfte, Sozialpädagog:innen und Schulpsycholog:innen am Donnerstag zu Streik und einer Demonstration aufgerufen. Sie beginnt um zehn Uhr am Rosa-Luxemburg-Platz und führt zur Senatsbildungsverwaltung nahe dem Alexanderplatz.

„Die Wahlwiederholung steht vor der Tür. In ihren Wahlprogrammen bekennen sich fast alle Parteien zu dem Ziel kleinerer Klassen. Passiert ist seit der letzten Wahl jedoch rein gar nichts“, kritisiert der GEW-Vorsitzende Tom Erdmann. Im Gegenteil würden die Arbeitsbedingungen in den Schulen „immer schlimmer“.  

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false