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Sieht nur von außen fertig aus: Ein neuer Bericht belegt, dass im „Fluggastterminal“ des BER erst drei Prozent der nötigen „Restleistung“ geschafft wurden.

© dpa

Stillstand am BER: Erst drei Prozent der nötigen "Restleistung" erledigt

Auf der BER-Baustelle geht es nach einem internen Flughafenbericht kaum voran. Zwar betont BER-Chef Hartmut Mehdorn stets, der Flughafen sei zu 97 Prozent fertig. Doch seine Experten haben jetzt genau hingeschaut und analysiert, welche Arbeiten noch gemacht werden müssen.

Keine Ampel steht auf Grün. Die Sanierung des neuen Flughafens BER in Schönefeld kommt weit langsamer voran als bekannt. Das geht nach Tagesspiegel-Informationen aus einer internen Flughafen-Bilanz für den Aufsichtsrat zum Inbetriebnahme-Programm „Sprint“ hervor, das BER-Chef Hartmut Mehdorn gestartet hatte. Der 71-Jährige betont zwar oft, dass der Flughafen zu 97 Prozent fertig sei. Seine Experten haben jetzt aber genau analysiert, welche Arbeiten noch gemacht werden müssen. Danach sind etwa im „Fluggastterminal“ erst drei Prozent der nötigen „Restleistung“ geschafft, so steht es im Bericht. Die Ampel zeigt nicht nur dort Rot. Ein Gesamttermin wird nirgends genannt. Die Unterlagen lassen den Schluss zu, dass vor Winter 2015/2016 eine Eröffnung des BER nicht realistisch ist, wovon auch Aufsichtsräte ausgehen. Der Tagesspiegel dokumentiert auf Basis von FBB-Dokumenten, wo das Projekt heute steht – eineinhalb Jahre, nachdem der damalige Flughafenchef Rainer Schwarz kurzfristig den Start absagte. Die Dokumente offenbaren auch, welches Desaster der gefeuerte Ex-Manager hinterließ, der jetzt auf eine Millionenabfindung klagt – über die heute vor Gericht verhandelt wird.

Fluggastterminal

Schick sieht das bereits knapp 1,5 Milliarden Euro teure Terminal aus. Doch der Schein trügt. Im Modul „Fluggastterminal“ mit der Drei-Prozent-Quote ist zwar die „Bestandsaufnahme der Mängel abgeschlossen“, wird mit Firmen verhandelt. Aber: Noch ging es nicht einmal richtig los. „Umfassender Baubeginn am größten und komplexesten Objekt des BER verzögert“, so der Befund. „Arbeitsvorbereitungen für zeitnahen Baubeginn in komplexen Bereichen der Fläche laufen.“ Etwas hat sich seit 2012 nicht verändert: Kritisch sei „die unzureichende leistungsfähige Objektüberwachung“, also das mangelhafte Baustellencontrolling.

Brandschutzanlage

Ex-Flughafenchef Schwarz sprach einst von „Mutationen“ – eine Umschreibung für die Abweichungen von der Baugenehmigung für die nicht funktionsfähig geplante Anlage. Nach dem Sprint-Bericht sind im Modul „Entrauchung“ bisher erst 1 Prozent der Restleistung erledigt, bei der Sprinkler-Anlage 21 Prozent. „Das Thema Entrauchung stellt den kritischen Pfad für die Inbetriebnahme BER dar.“ Es gibt aber Fortschritte, nämlich „konzeptionelle Grundlagen“ und ein „mit dem Bauordnungsamt abgestimmtes Gesamtkonzept“, wobei ein „Restrisiko“ in Hinblick auf die Genehmigungsfähigkeit bleibe. Mehdorn hat inzwischen mit Siemens einen Vertrag zur Fertigstellung der Brandschutzanlage unterzeichnet. Siemens hat sich 18 Monate ausbedungen – kann aber erst anfangen, wenn Vorarbeiten erfüllt sind.

Kabel/Deckenhohlräume

Das Problem sind der Kabelsalat und mangelhafte Rohrabschottungen. Schon der von Ex-Baugeschäftsführer Horst Amann im Sommer vorgelegte Mängelbericht listete allein hier 7950 Einzelmängel auf. Zitat: „An ca. 70 Prozent aller Kabel und 20 Prozent aller Kabeltrassen ist Handlungsbedarf gegeben.“ Im aktuellen Sprint-Bericht steht auch hier die Ampel auf Rot. Hier sind erst 13 Prozent der Arbeiten erledigt. Es müssen „Misch- und Überbelegungen“ beseitigt werden. Kritisch sei derzeit etwa die „Ertüchtigung der Hauptverkabelung“. Zwar haben die Arbeiten begonnen. Um überhaupt an die Kabel heranzukommen, müssen aber teilweise Decken und Wände aufgebrochen werden.

Der Tagesspiegel hatte im Januar 2013 unter Berufung auf einen glaubwürdigen Augenzeugen, der 2011/2012 täglich auf der Baustelle war, erstmals vom Chaos hinter den Wänden und drohenden Umbauten berichtet, was von Verantwortlichen in Management und Aufsichtsrat heruntergespielt wurde. Jetzt kalkuliert Mehdorn nach den Unterlagen allein für das „Herstellen von Wand- und Bodendurchbrüchen und -schlitzen sowie Um- und Neuplanungen“ Restbauleistungen im Umfang von 3,67 Millionen Euro ein – im nagelneuen Terminal. Das alles muss erledigt sein, damit Siemens mit der Brandschutzanlage anfangen kann.

Nordpier

Eigentlich wollte Hartmut Mehdorn als Test für die BER-Gesamtsysteme ab Frühjahr 2014 im Nordpier, einem Seitenflügel des Terminals, die ersten Passagiere abfertigen. Sein Sprint-Bericht rückt davon ab, Zitat: „Teilinbetriebnahme im März 2014 nicht zu erwarten.“ Selbst am Nordpier zeigt die Ampel Rot, die Erledigungsquote liegt hier bei 45 Prozent. Das Problem: Das Nordpier muss erst zum genehmigten Zustand gebaut, dann von der Bauaufsicht abgenommen werden – ehe es, mit einer nötigen Extra-Genehmigung, für rund 7 Millionen Euro umgebaut werden kann. Mehdorn, der dafür noch kein endgültiges grünes Licht vom Aufsichtsrat hat, spricht von „Ummöblierungen“. Zwar erklärte Mehdorn – seit Amanns Degradierung auch Baugeschäftsführer – jüngst, er rechne im Januar mit der Baugenehmigung. Doch der Landrat von Dahme-Spreewald, Stephan Loge (SPD), kann diese Aussagen nicht nachvollziehen. Die fehlenden Unterlagen für den Bauantrag zum Umbau des Piers Nord sind bislang nicht eingegangen.

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