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Am Dienstag übergaben Gewerkschaftsvertreter ihre Forderungen an die BVG. 

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Tarifverhandlungen im Nahverkehr: Berlin drohen Doppel-Streiks bei BVG und S-Bahn

BVG und Verdi starten bald in die Tarifverhandlungen. Die Gewerkschaft fordert bessere Arbeitsbedingungen. Zudem drohen zeitgleiche Streiks bei der S-Bahn.

| Update:

Fahrgäste müssen sich ab Januar auf Streiks im Berliner und Brandenburger Nahverkehr einstellen. Neben den bereits laufenden Verhandlungen der Lokführergewerkschaft GDL mit der Deutschen Bahn beginnen dann die Tarifgespräche zwischen Verdi und den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) sowie den Nahverkehrsunternehmen in Brandenburg.

Die Friedenspflicht zwischen Verdi und der BVG endet bereits zum 1. Januar 2024. Spätestens Mitte des Monats könnten Warnstreiks bei Bus und Bahn in Berlin drohen, vermuten Insider, ehe die erste Verhandlungsrunde am 24. Januar beginnt.

Verdi fordert von der BVG mehr Urlaubstage

Bereits am Dienstag übergaben Gewerkschaftsvertreter ihre Forderungen an die BVG. „Wir gehen mit sehr hohen Erwartungen in die Tarifrunde“, sagte Verdi-Verhandlungsführer Jeremy Arndt. Die BVG habe derzeit ein massives Personalproblem. „Um diesem Problem Herr zu werden, muss die BVG etwas tun. Der Tarifvertrag muss deutlich verbessert werden“, forderte er.

Wir müssen die Ruhezeiten verlängern, wir brauchen mehr Tage Urlaub und wir müssen uns die Pausenzeiten angucken.

Verdi-Gewerkschaftssekretär Jeremy Arndt vor den Tarifverhandlungen mit der BVG

Verhandelt wird in den kommenden Monaten der Manteltarifvertrag für den Berliner Nahverkehr. Es geht also nicht um die Gehaltshöhen, sondern um andere Fragen der Arbeitsbedingungen. Alle Stellschrauben seien wichtig, die für mehr Entlastung sorgen, sagte Arndt. „Wir müssen die Ruhezeiten verlängern, wir brauchen mehr Tage Urlaub und wir müssen uns die Pausenzeiten angucken.“

33
Tage Urlaub fordert Verdi für alle der rund 15.600 Beschäftigten der BVG und Berlin Transport (BT)

Konkret fordert Verdi 33 Tage Urlaub für alle der rund 15.600 Beschäftigen bei der BVG und dem Tochterunternehmen Berlin Transport (BT). Bislang sind es je nach Betriebszugehörigkeit zwischen 28 und 30 Tage. Zudem will die Gewerkschaft, dass von 50 Minuten Pausenzeit nur noch 30 unbezahlt sind. Zwischen den einzelnen Linienfahrten soll es zudem durchgängig zehn Minuten Wendezeit für die Fahrer geben. Zugleich soll die maximale Dienstzeit weiterhin achteinhalb Stunden betragen.

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Auch soll es je einen zusätzlichen Urlaubstag bei jeweils 100 Nachtarbeitsstunden geben. Bislang müssen dafür mindestens 450 Stunden im Nachtdienst gearbeitet werden. Auch eine zusätzliche, sechste Stufe bei den Entgelten wünscht sich die Gewerkschaft.

BVG hat Angst vor noch größeren Personalproblemen

Die BVG bestätigte, den Forderungskatalog von Verdi am Dienstag erhalten zu haben. „Wir werden uns die Forderungen jetzt im Detail anschauen und diese im Sinne unserer eigenen Themen und Ideen abgleichen und bewerten“, teilte das Unternehmen mit.

Die Verkehrsbetriebe treibt die Sorge um, dass die Forderungen der Gewerkschaft nach mehr Urlaub und anderen Zeitregelungen zu einem höheren Personalbedarf führen – und die bereits angespannte Lage weiter verschärfen. Schon jetzt ächzt das Unternehmen, weil hunderte Fahrer fehlen.

Wegen des massiven Personalproblems bei den Busfahrern wird ab kommender Woche der Busfahrplan stadtweit reduziert. Auch bei U-Bahn und Tram häufen sich die Ausfälle.

Wir wollen über die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen erreichen, dass sich viel mehr Kolleginnen und Kollegen bei der BVG bewerben, um die Personalprobleme zu lösen.

Verdi-Gewerkschaftssekretär Jeremy Arndt vor den Tarifverhandlungen mit der BVG

Im kommenden Jahr muss die BVG bereits nach aktuellem Stand 950 Busfahrer einstellen. Die Tarifforderungen der Gewerkschaft dürften den Personalbedarf daher nicht zusätzlich drastisch erhöhen, heißt es aus dem Unternehmen. Der Fahrplan würde sonst noch stärker gefährdet. Zumal die letzte Stufe der Arbeitszeitverkürzung aus der vorangegangenen Tarifrunde auf 37,5 Wochenarbeitsstunden erst im kommenden Jahr eingeführt wird.

Jeremy Arndt ist als Verdi-Sekretär für den Fachbereich Verkehr zuständig.

© Promo

Die Gewerkschaftsseite zeigt sich davon vor dem Start der Verhandlungen unbeeindruckt. Auch die Verdi-Vertreter wissen um die Personalprobleme der BVG. Sie ziehen daraus jedoch den umgekehrten Schluss: „Wir wollen über die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen erreichen, dass sich viel mehr Kolleginnen und Kollegen bei der BVG bewerben, um die Personalprobleme zu lösen“, sagte Jeremy Arndt.

Verdi verhandelt bundesweit Manteltarifverträge im Nahverkehr

Verbesserten sich die Arbeitsbedingungen nicht, würden nur noch mehr Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. „Das würde den Zustand noch schlimmer machen“, glaubt der Verhandlungsführer.

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Im Branchenvergleich gilt der Berliner Tarifvertrag bereits heute als gut. Auch bei den neuen Forderungen erwarten Beobachter, dass sich beide Seiten gut verständigen dürften. Die Verhandlungen könnten sich allerdings dennoch rund drei bis vier Monate hinziehen, da Verdi in einer koordinierten Aktion bundesweit Tarifgespräche im Nahverkehrssektor führt – mit teils ganz anderen Ausgangsbedingungen. Legt ein Streik die Hauptstadt lahm, könnte das auch an anderer Stelle als Druckmittel dienen.

Erschwerend für die Fahrgäste kommt hinzu, dass zeitgleich auch die Lokführergewerkschaft GDL mit der Deutschen Bahn verhandelt. Im schlimmsten Fall könnten bei der S-Bahn, den Regionalbahnen und der BVG am selben Tag die Räder stillstehen.

„Ausschließen kann ich nichts“, sagte Verdi-Vertreter Arndt. Allerdings gebe es bislang keine Gespräche, den Arbeitskampf mit der GDL zu synchronisieren. „Wir haben unsere eigene Tarifrunde, auf die konzentrieren wir uns“, sagte er. „Alles Weitere werden die Tarifverhandlungen erst zeigen.“

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