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Eine Schwester nimmt bei einem Patienten einen Corona-Abstrich vor.

© Jörg Carstensen/dpa

„Testen verhindert keine Infektionsübertragung“: Berlins Amtsärzte warnen vor dem Prinzip „Gießkanne“

Die Mediziner kritisieren die Covid-19-Teststrategie von Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci. Sie fordern gezieltere Corona-Tests.

Seit mehreren Wochen arbeitet die Gesundheitsverwaltung an einer Covid-19-Teststrategie für Berlin. Das dem Tagesspiegel vorliegende Konzept von Senatorin Dilek Kalayci (SPD) wird aktuell mit den Gesundheitsämtern der Bezirke den großen Krankenhäusern sowie den Amtsärzten abgestimmt. Deren Stellungnahme liegt dem Tagesspiegel-Newsletter „Checkpoint“ vor.

Darin wird der Ansatz von Kalayci kritisiert, möglichst viel zu testen. „Testen ersetzt keine Schutzmaßnahmen und verhindert keine Infektionsübertragung“, heißt es in dem Papier. Es könne „falsche Sicherheit“ bei den Menschen entstehen, weil Infektionen in der langen Inkubationsphase von 14 Tagen nicht entdeckt werden.

Außerdem warnen die Amtsärzte vor Kapazitätsengpässen, viele Ämter arbeiten seit Wochen am Limit und stemmen die Arbeitsbelastung nur, weil die Mitarbeiterzahl durch Personal aus anderen Ämtern massiv aufgestockt wurde. „Bei einer Testung aller Kontaktpersonen der Kategorie II müssten die Gesundheitsämter sofort Überlastung anmelden“, schreiben sie in dem Papier. Zur Kategorie II gehören alle weniger engen Kontakte von Infizierten. Auch medizinisches Personal werde bereits „engmaschig überwacht“, eine einmalige Testung aller sei dagegen „kontraproduktiv“.

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Die Stellungnahme liest sich wie eine Warnung vor Überbelastung, eine Gegenrede gegen das Prinzip „Gießkanne“: Kalayci will auch neuaufgenommen Patienten in Krankenhäuser durchtesten lassen, ebenso die mehr als 10.000 in der Notbetreuung der Kitas eingesetzten Mitarbeiter.

Telefonkonferenz zwischen Gesundheitsverwaltung und Bezirken verlief ergebnislos

Aufwand und Nutzen stünden in keinem Verhältnis, kritisieren die Amtsärzte und monieren, dass wichtige Details fehlen: „Wann soll wer und wie getestet werden und mit welcher Konsequenz?“, fragen die Mediziner. Eine Kritik, die in den vergangenen Wochen auch in Koalitionskreisen laut geworden war.

Unterdessen verlief eine Telefonkonferenz zwischen Gesundheitsverwaltung und Bezirken am Freitag mit Blick auf die Teststrategie dem Vernehmen nach ergebnislos. Mit ihr soll sich eine kurzfristig eingesetzte Arbeitsgruppe beschäftigen, zu der unter anderem die Charité zählt. Die Uni-Klinik könnte die Durchführung systematischer Tests beispielsweise in Pflegeheimen übernehmen, hieß es weiter

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