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Brandsatz gegen die Polizei: Ein Auszug aus dem Video, das gerade verbreitet wird.

© Twitter/Tsp

„Unseren Hass werdet ihr zu spüren bekommen“: Berliner Linksextremisten mobilisieren mit Gewaltvideo gegen Polizei

Mit einem martialischen Video wirbt ein „Komitee“ für eine linke Demonstration. In der Szene gibt es gemischte Reaktionen, die Polizei zeigt sich alarmiert.

Die zwei Minuten Polizeihass und Systemkritik starten mit einer Drohnenaufnahme vom ruhig daliegenden, menschenleeren Berliner Bahnhof Zoologischer Garten. Dreißig Sekunden später wird es im Video weniger besinnlich: “Jede neue Prügelorgie der Bullen nährt unseren Hass. Und unseren Hass werdet ihr zu spüren bekommen”, lässt eine Texttafel verlauten.

Sie endet mit einem Gewaltaufruf: “Ganz konkret heißt es also – Bullenstaat und Kapitalherrschaft angreifen.” Im Clip folgen explizite, mit Musik unterlegte Darstellungen von Gewalt gegen Polizeibeamte. In einer Szene sieht man einen Mann mit einem Shirt der Berliner Polizei. Ihm sind Handschellen angelegt, er hat eine Tüte über dem Kopf. Auf einem Sportplatz steht er inmitten eines leeren Tores, als er von einem Fußball abgeschossen wird.

Anschließend sieht man eine weitere Person. Auch sie trägt einen Sack über dem Kopf wie bei filmischen Folterszenen. In der Hand hält der Darsteller einen Zettel mit der Aufschrift “Wir sind Mörder” und “Polizei Berlin”. Auch der Rest des Videos lebt vor allem von abgebildeten Gewaltfantasien gegen Polizeikräfte. In einer Szene wird eine Einheit mit einem Molotowcocktail angegriffen, andere Bilder zeigen flüchtende Polizist:innen vor dem Steine schmeißenden schwarzen Block.

Urheber des professionell produzierten Videos ist das sogenannte “Komitee für Kritik und Aufstand”, welches den Clip am Dienstagabend auf seinem Twitter-Account veröffentlichte. Die Gruppierung ist in der linken und linksextremen Szene der Hauptstadt bisher nicht aufgetreten.

Parallelen zum maoistischen "Jugendwiderstand"

Auch deshalb mehren sich in den sozialen Netzwerken die Spekulationen über die Gruppe. Einige Twitter-User sehen im Logo und der Designaufmachung des “Komitees” Parallelen zum extremistischen und maoistischen “Jugendwiderstand” aus Neukölln, der sich 2019 auflöste. Die Gruppierung vertrat klar antisemitische und antizionistische Positionen und galt auch deswegen im linken Spektrum der Hauptstadt als isoliert.

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Das Video des “Komitees für Kritik und Aufstand” rief gemischte Reaktionen in der Szene hervor. Während einige die im Video verbreiteten “Folterszenen” gegenüber Polizeibeamten kritisieren, teilen andere den Clip und rufen dazu auf, am Freitag auf die Straße zu gehen.

Die aufwendige Produktion dient als Mobilisierungsaufruf für eine Kundgebung am Freitagnachmittag in Berlin-Friedrichshain. Sie wurde offenbar von der Jugendorganisation der Linkspartei “solid” angemeldet und steht unter dem Motto “Unsere Solidarität gegen ihre Repression”. 50 Teilnehmende werden von 16 bis 22 Uhr am Frankfurter Tor erwartet.

Bezug zur Liebknecht-Luxemburg-Gedenkdemonstration

Anlass des Protests ist der umstrittene Polizeieinsatz anlässlich der Liebknecht-Luxemburg-Gedenkdemonstration vor zehn Tagen, der mit 32 festgenommenen Personen und 17 verletzten Polizist:innen endete. Nach Polizeiangaben hätten Dutzende Teilnehmende Fahnen und Hemden der SED-Jugendorganisation FDJ getragen, die in der Bundesrepublik seit 1951 verboten war.

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Die ehemalige FDJ-Ost ist bezüglich der Symbolik kaum unterscheidbar von der westdeutschen. Ob sie auch unter das Verbot des Verwendens von verfassungsfeindlichen Organisationen, ist allerdings umstritten. Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik hatte später im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses den Polizeieinsatz mit dem “Uniformverbot” gerechtfertigt und sprach davon, dass die Symbole “schwer zu differenzieren” seien.

Der Berliner Polizei ist das Mobilisierungs-Video des “Komitees” bekannt. Man habe das Material dem zuständigen Staatsschutz beim LKA weitergeleitet, erfuhr der Tagesspiegel von einer Sprecherin. Die im Video gezeigten Gewaltdarstellungen würden “selbstverständlich” in die Einsatzplanung für das Demonstrationsgeschehen am Freitag einfließen, erklärte die Pressestelle. Eine strafrechtliche Relevanz erkenne das LKA in dem Clip aber nicht - und der Twitter-Account sei dem Staatsschutz übrigens schon länger bekannt.

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