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Die Vorwürfe gegen Walter Homolka und seinen Ehemann Hartmut Bomhoff sind schwerwiegend: Sexismus und Machtmissbrauch.

© Andreas Klaer

Update

Homolka kann vorerst zurück: Uni Potsdam bestätigt Vorwürfe von Machtmissbrauch am Geiger-Kolleg teilweise – sieht aber kein strafbares Verhalten

„Meine Person wird skandalisiert“, sagt der Professor für jüdische Theologie. An der Uni Potsdam darf Walter Homolka nun wieder tätig sein – vorerst.

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Der Potsdamer Professor für jüdische Theologie, Walter Homolka, kann seinen Dienst vorläufig wieder aufnehmen. Ein am Mittwoch veröffentlichter Untersuchungsbericht der Universität Potsdam attestierte Homolka kein straf- oder zivilrechtlich relevantes Fehlverhalten. „Eine Grundlage für ein Disziplinarverfahren sehen wir nicht“, sagte der Präsident der Universität, Prof. Oliver Günther, vor Journalisten.

Gegen Homolka hatte es im Sommer Vorwürfe des Machtmissbrauchs und der Duldung sexualisierter Belästigung gegeben. Nun kam der Untersuchungsbericht zu dem Ergebnis, dass sich Teile der vom Professor für jüdische Theologie, Jonathan Schorsch, und anderen Personen etwa in der Tageszeitung „Die Welt“ erhobenen Vorwürfe, durchaus bewahrheiteten. „Gegenüber Herrn Prof. Homolka haben sich bislang die Vorwürfe des Machtmissbrauchs durch Ämterhäufung, durch Schaffung problematischer Studien- und Arbeitsverhältnisse, durch Karriereeingriffe bestätigt“, heißt es in dem Bericht.

„Nicht nachweislich bestätigt haben sich Vorwürfe der Duldung sexuell belästigenden Verhaltens seitens seines Lebenspartners Herrn Bomhoff.“ Das Verhalten Bomhoffs wurde indes nicht untersucht, da es sich bei diesem nicht um einen Mitarbeiter der Universität, sondern lediglich des als An-Institut firmierenden Abraham-Geiger-Kollegs handelte.

Zu den Vorwürfen, denen die Kommission nachging, gehörten etwa Vorgänge im Sport- und Wellnessbereichs eines Berliner Hotels. Es habe in den Jahren, in denen das Abraham-Geiger-Kolleg in Berlin ansässig gewesen war, „offensichtlich“ die Möglichkeit einer vergünstigten Mitgliedschaft im Fitnessbereich des Hotels gegeben. Einige Studierende hätten dies wahrgenommen, sodass es offenbar zu Begegnungen in Pool und Sauna kam.

„Ob es dabei zu sexuellen Übergriffen auf oder durch Studierende gekommen war, konnte sich in Aussagen der Mitarbeitenden und Studierenden nicht bestätigen lassen“, heißt es in dem Bericht. „Sicherlich lässt sich jedoch sagen, dass die entsprechenden Orte kaum als solche intensiver wissenschaftlicher Kommunikation gelten können.“ Ob dies aber „bereits ein Delikt ist, muss offen bleiben.“

Abraham-Geiger-Kolleg will Strukturen anpassen

Ein anderer gegen Homolka erhobener Vorwurf sei gewesen, dass dieser ein „Klima der Angst“ geschaffen habe. Dies wurde im Rahmen der Untersuchung teilweise bestätigt. „So wurde darüber berichtet, dass Mitarbeitende dazu gedrängt wurden, bei einer Wahl in eine Funktion eines überuniversitären Fachgremiums Herrn Prof. Homolka die Stimme zu geben“, heißt es in dem Bericht dazu. „Auch der Punkt der kurzen, befristeten Arbeitsverträge wurde als Grund genannt, der eine Abhängigkeit durch die Angst des Verlusts des Arbeitsplatzes bewirke.“

Nicht abschließend geklärt wurden bislang Vorwürfe wissenschaftlichen Fehlverhaltens gegen Homolka. Diese werden weiter untersucht, sagte Günther. „Unser gemeinsames Ziel ist es, das Modell der jüdischen Theologie in Deutschland, das sich in den letzten Jahren bewährt hat und schon viele erfolgreiche Rabbiner hervorgebracht hat, nicht nur zu retten – wir wollen es stärken.“

Das Abraham-Geiger-Kolleg kündigte am Mittwoch an, seine Strukturen verändern zu wollen. Als Gründer und Rektor des Kollegs hatte Homolka eine dominierende Stellung in der Einrichtung inne. „Wir favorisieren die Umwandlung des Abraham Geiger Kollegs in eine unabhängige Ausbildungsstiftung“, sagte Interimsdirektorin Gabriele Thöne am Mittwoch.

Machtgebrauch ist nicht schon Machtmissbrauch.

Walter Homolka

Daraus würde sich als eine zentrale rechtliche Folge ergeben, dass wesentliche Entscheidungen von transparent zusammengesetzten Gremien getroffen, begleitet und in ihrer Umsetzung kontrolliert werden. „Wir planen eine Compliance-Architektur, die Machtkonzentration und gegebenenfalls daraus resultierenden Machtmissbrauch effektiv vorbeugt.“

Homolka selbst äußerte sich am Mittwoch gegenüber der Wochenzeitung „Die Zeit“. In einem Interview erklärte er, kein Vertuscher und kein Belästiger zu sein. „Aber bei solchen schwerwiegenden Vorwürfen gilt, auch wenn sie durch eine Studie entkräftet werden: Es bleibt etwas hängen. Sie ohne Beweise öffentlich zu verbreiten, das war Rufmord.“

Homolka sagte der „Zeit“: „Ja, ich war Chef und hatte Macht. Doch Machtgebrauch ist nicht schon Machtmissbrauch.“ Über Karrieren hätten stets Gremien entschieden. „Deren Strukturen waren vielleicht nicht ideal und sind nun zu erneuern“, sagte er. „Doch mich wundert, dass sich jahrzehntelang niemand daran störte, dass ich viele, meist arbeitsintensive Ämter bekleidete.“

Zur Frage, wie er sich die Häufung von Anschuldigungen erkläre, sagte Homolka: „Alle Vorwürfe gehen letztlich auf einen ersten zurück: Ich hätte vertuscht, dass mein Lebenspartner, der auch am Kollege arbeitete, einen pornografischen Clip an einen Studenten versendet hat. Wahr ist, es gab den Clip.“

Er habe aber erst davon erfahren, als der Student den Vorfall beim Kolleg und bei der Polizei angezeigt habe, sagte Homolka. Deren Ermittlungen seien wegen Geringfügigkeit eingestellt worden. „Was mein Partner getan hat, war grundfalsch. (...) Dass er nun seine Anstellung verloren hat, wäre ihm nicht passiert ohne mich: Meine Person wird skandalisiert.“

Ein wesentlicher Punkt gehörte indes nicht zu den Aufgaben der Untersuchung der staatlichen Universität: Verfügt ein Wissenschaftler wie Walter Homolka weiterhin über die charakterliche Eignung, um als Theologieprofessor angehende Geistliche auszubilden? Diese Frage wird am Ende das Judentum selbst beantworten müssen. Der Zentralrat der Juden führt deswegen, zusammen mit der Kölner Rechtsanwaltskanzlei Gercke Wollschläger, eine eigene Untersuchung durch, deren Ergebnisse im Januar erwartet werden.

Vor Journalisten schloss Günther am Mittwoch nicht aus, dass diese Untersuchung zu anderen Ergebnissen kommen werde, als jene der Universität. In diesem Fall werde die Universität Potsdam sehen müssen, wie sie sich dazu verhalte. Auch aus dem Potsdamer Wissenschaftsministerium hieß es am Mittwoch, sobald auch der Bericht des Zentralrats vorliege, werde man mit allen für die jüdische Theologie relevanten Zuwendungsgebern sprechen. Dabei werde es auf der Grundlage aller dann vorliegenden Berichte auch um personelle und strukturelle Konsequenzen gehen.

Generell stehe man aber zu dem in Potsdam aufgebauten Zentrum für jüdische Gelehrsamkeit. Die Rabbiner-Ausbildung am Abraham-Geiger-Kolleg sei dafür ein unverzichtbarer Bestandteil. (mit dpa)

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