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Der umstrittene Polizeieinsatz in Berlin (Screenshot).

© MDR Investigativ

Vorgehen wird geprüft: Polizei in Berlin wendet Schmerzgriff an – Klimablockierer schreit

Von der Auflösung einer Klimablockade am Donnerstag macht ein Video die Runde. Ist das schon rechtswidrige Polizeigewalt oder legitim?

| Update:

Das Vorgehen der Polizei gegen Klimablockierer hat eine Debatte über den Einsatz von Gewalt ausgelöst. Anlass ist ein von „MDR investigativ“ veröffentlichtes Video. Zu sehen ist, wie ein Berliner Polizist eine Blockade auflöst. Das Video ist laut Sender am Donnerstagvormittag auf der Straße des 17. Juni, nahe Siegessäule aufgenommen worden. Die Polizei prüft das Video und das Vorgehen der Beamten nun.

Mehrfach hatte die Polizei die Blockierer aufgefordert, die Fahrbahn zu verlassen. Dann warnte ein Beamter einen auf der Straße sitzenden Mann davor, ihm Schmerzen zufügen zu müssen, wenn er nicht selbstständig die Straße verlässt.  

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„Wenn ich Ihnen Schmerzen zufüge, wenn Sie mich dazu zwingen, werden Sie die nächsten Tage – nicht nur heute – Schmerzen beim Kauen und beim Schlucken haben“, sagte der Polizist zu einem Mitglied der „Letzten Generation“. Der Mann, der auf der Straße saß, sagte: „So schlimm ist es nicht. Das müssen Sie nicht tun.“

Der Beamte bat den Mann wiederholt, die Straße eigenständig zu verlassen, „ansonsten werde ich Ihnen Schmerzen zufügen“. Der Aktivist rührte sich nicht, sodann zählte der Beamte „3, 2,1“ und packte mit einem anderen Beamten den Mann. Sie trugen ihn von der Straße.

Schmerzgriffe sind aus rechtlicher Sicht kein probates Mittel.

Kriminologe Tobias Singelstein

Dabei wendeten sie auch körperliche Gewalt an – etwa mittels sogenannter Schmerzgriffe. Der Aktivist schrie dabei mehrmals laut vor Schmerzen, verdrehte aber auch seinen Körper, sodass er nicht einfach weggetragen werden konnte.

Im Internet wurde das Video heiß diskutiert. Der Kriminologe Tobias Singelnstein sagte dem MDR, er sehe im Video rechtswidrige Polizeigewalt: Die Polizei müsse immer prüfen, was das mildeste Mittel sei.

Bei friedlichen Sitzblockaden sei das Wegtragen in aller Regel das mildere Mittel. „Schmerzgriffe sind daher aus rechtlicher Sicht kein probates Mittel“, sagte er.

Die „Letzte Generation“ bezeichnete Schmerzgriffe als „folterähnliche Methoden bei friedlichen Protestierenden“. Die Polizei müsse diese Praxis beenden. „Folter traumatisiert Menschen, die gefoltert werden, ebenso wie diejenigen, die foltern.“

Polizeigewerkschaften sehen „sauberes Arbeiten“

Sprecher von Polizeigewerkschaften und Berufsverbänden widersprachen. Manuel Ostermann, Vize der DPolG-Sparte bei der Bundespolizei, sagte, es handle sich um Ausübung von Zwang nach vorangegangener Androhung. „Der Störer kam der Aufforderung im Vorfeld nicht nach und daraus resultierend wurde das nächstmildeste und geeignete Mittel gewählt“, erklärte er.

Rechtmäßig unmittelbarer Zwang kennt keine Haltungsnoten.

Jörn Badendick, Sprecher des Berufsverbandes „Unabhängige“

Der unmittelbare Zwang in Form von einfacher körperlicher Gewalt „steht im Gesetz, ist legitim und zielführend“. Das Verhalten des Aktivisten werde in Klimacamps trainiert. „Für mich ist hier alles sauber und gut abgearbeitet“, so Ostermann.

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Die DPolG teilte eine Aussage des früheren Sprechers der Berliner Polizei und aktuellen Sprechers der Senatsinnenverwaltung, Thilo Cablitz. Der hatte 2021 nach einem Polizeieinsatz bei einer Querdenker-Demo dem Tagesspiegel gesagt: „Unmittelbarer Zwang ist Gewalt, Gewalt schmerzt, Gewalt verletzt, Gewalt sieht gewalttätig aus. Unmittelbarer Zwang auch mit all seinen Bildern ist dennoch Teil unseres Rechtssystems.“ Es sei juristisch überprüfbar, ob Einsätze recht- und verhältnismäßig waren.

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Jörn Badendick, Sprecher des Berufsverbandes „Unabhängige“, erklärte: „Dass unmittelbarer Zwang adressatengerecht vorher angedroht wird, ist nicht zu beanstanden.“ Beschämend sei eher die Täter-Opfer-Umkehr, „die aktuell wieder auf dem Rücken unserer Kollegen betrieben wird“, sagte Badendick. „Rechtmäßig unmittelbarer Zwang kennt keine Haltungsnoten.“

„Keine Techniken, die Schmerz als Ziel hätten“

Auch die Polizei Berlin weiß vom Video. „Das Video ist hier bekannt und wird geprüft“, erklärte ein Sprecher. Weil dazu aber noch keine Stellungnahme vorliege, können sie nur grundsätzliche Auskunft geben. Bei der Polizei kämen keine Techniken zur Anwendung, die per se Schmerzen als Ziel hätten, sagte ein Sprecher.

Je nach Situation und Einzelfall könnten jedoch Druck- und Zugtechniken, Transportgriffe sowie das Einsetzen von Druckpunkt- und Hebeltechniken eingesetzt werden.

Das Ziel sei das „für alle Beteiligten möglichst wenig verletzungsträchtige und ungefährliche Überwinden eines Widerstandes“. Schmerz entstehe aber nur, wenn Betroffenen sich der Bewegungsrichtung widersetzten. Dieser Einsatz körperlicher Gewalt sei per Gesetz geregelt, das Maß müssten die Beamten im Einsatz stets im Einzelfall abwägen. Auch beim Wegtragen könne es durch Widerstand zu Schmerzen kommen.

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