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Der Berliner Mietenvolksentscheid, eine Herausforderung für Rot-Schwarz.

© Thilo Rückeis

Volksentscheid für bezahlbare Mieten: SPD und CDU wollen mehr Wohnbauförderung - und aus Tempelhof lernen

Vor dem geplanten Mieten-Volksentscheid hat der Senat großen Respekt. SPD und CDU wollen mit den Aktivisten über einen Kompromiss verhandeln. Im Hinterkopf immer die Erinnerung an die Niederlage am Tempelhofer Feld.

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Eine Initiative, die per Volksentscheid niedrigere Mieten in Berlin durchsetzen will, setzt die Regierungsparteien SPD und CDU gehörig unter Druck. Der Landesvorstand der Sozialdemokraten befasste sich am Montag ausführlich mit dem Gesetzentwurf, den die Initiatoren zeitgleich mit der Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2016 zur Abstimmung stellen wollen. Auch die CDU-Fraktion im Landesparlament hat damit begonnen, den umfangreichen Forderungskatalog „intensiv und gewissenhaft zu prüfen“, wie der wohnungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Matthias Brauner, dem Tagesspiegel sagte.

Effizient, finanzierbar, sozial gerecht?

Der rot-schwarzen Koalition sitzt offenbar noch die schwere politische Niederlage in den Knochen, die der erfolgreiche Volksentscheid zum Erhalt des Tempelhofer Feldes am 25. Mai 2014 dem Senat zugefügt hatte. Dieses Mal wollen SPD und CDU die Wähler in Berlin davon überzeugen, dass die Regierung das bessere Konzept für eine soziale Bau- und Wohnungspolitik hat. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) legte parteiintern bereits ein Zehn-Punkte-Papier vor. Der Mieten-Volksentscheid weise prinzipiell in die richtige Richtung, heißt es im Umfeld des Senators. Aber es stelle sich die Frage, ob die Vorschläge der Initiative effizient, finanzierbar und sozial gerecht seien. Dafür müsse der zur Abstimmung stehende Gesetzentwurf wohl „vom Kopf auf die Füße gestellt“ werden.

Der Berliner Mietenvolksentscheid, eine Herausforderung für Rot-Schwarz.
Der Berliner Mietenvolksentscheid, eine Herausforderung für Rot-Schwarz.

© Christian Mang

Einig sind sich Christ- und Sozialdemokraten bisher nur, dass die öffentliche Förderung des Wohnungsneubaus kräftig aufgestockt werden muss. Bisher gibt es im Landeshaushalt nur Gelder für jährlich tausend neue Wohnungen. Die Senatoren für Finanzen und für Stadtentwicklung seien nun in der Pflicht, die Förderung „deutlich zu erhöhen“, sagte Brauner. „Auch wir können uns vorstellen, bei der Neubauförderung deutlich nachzulegen“, sagte die Vize-Landeschefin und Wohnungsexpertin der SPD, Iris Spranger. In den laufenden Haushaltsberatungen für 2016 und 2017 könnten die Weichen dafür gestellt werden.

Gegenprogramm - Fehlanzeige

Von einem detaillierten Gegenprogramm zum geplanten Volksentscheid ist Rot-Schwarz aber noch weit entfernt. Das Thema sei schließlich „sehr komplex“, sagte der CDU-Fachmann Brauner. Aber: „Die Initiative wird von uns sehr ernst genommen“. Das sehen die Sozialdemokraten nicht anders und im SPD-Landesvorstand war man sich weitgehend einig, dass der Senat mit den Organisatoren des Volksentscheids über Kompromisslösungen verhandeln sollte, damit es nicht zur Volksabstimmung kommt. Als Vorbild werden die erfolgreichen Gespräche der rot-roten Landesregierung 2009 mit dem Landeselternausschuss genannt, als sich beide Seiten auf eine bessere Finanzierung der Kita-Betreuung in Berlin einigten und so ein Volksentscheid abgewendet wurde.

Mieten-Volksentscheid soll noch im Mai dem Senat übergeben werden

Noch im Mai wollen die Initiatoren des Mieten-Volksentscheids die gesetzlich notwendigen 20.000 Unterschriften an den Senat übergeben, damit ein Volksbegehren in die Wege geleitet werden kann. Wenn dieses Begehren von sieben Prozent der Stimmberechtigten (rund 175.000) unterstützt wird, käme es zum Volksentscheid. Bezahlbare Mieten könnten also im nächsten Jahr zum bestimmenden Wahlkampfthema werden. Zumal die Oppositionsparteien Grüne, Linke und Piraten das neue Mieten-Bündnis aktiv unterstützen wollen. Verhandlungen zwischen Senat und Initiative sind wohl nur dann erfolgversprechend, wenn sich die Kontrahenten auf ein gemeinsames Finanzierungsmodell einigen können. Der Senat rechnet vor, dass der Gesetzentwurf für niedrige Mieten in der nächsten Wahlperiode (2017 bis 2021) fast 3,3 Milliarden Euro kostet. Die Initiative geht dagegen von einer Belastung des Haushalts von lediglich 1,2 Milliarden Euro in den fünf Jahren aus.

Derweil bemüht sich Rot-Schwarz darum, Tatkraft zu demonstrieren. Die neue Mietpreisbremse, die der Bundestag beschlossen hat, gilt für Berlin als „Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt“ ab 1. Juni, entschied der Senat am Dienstag. Dann darf bei der Vermietung einer nicht preisgebundenen Wohnung die neue Miete nur noch höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichemiete (Mietspiegel) liegen. Außerdem muss künftig der Vermieter zahlen, wenn ein Makler eingeschaltet wird.

CDU-Veranstaltung "Mehr Wohnungen braucht die Stadt"

Um Mieten und Wohnen ging es auch am Abend bei der Veranstaltung „Mehr Wohnungen braucht die Stadt“, zu der die CDU-Fraktion mit Bau-Experte Brauner ins Abgeordnetenhaus geladen hatte. Da ging es etwa um die Forderung nach mehr Personal und Sachmittel für die zuständigen Behörden. Auch die neue, von der Stadtentwicklungsverwaltung offenbar auf 25 Prozent erhöhte Marge an sozialem Wohnraum bei Bauvorhaben wurde besprochen. „Der Regierende sollte den Bürgern grundsätzlich nicht mehr Teilhabe versprechen, als die rechtlichen Rahmenbedingungen ermöglichen“, betonte Mittes Baustadtrat Carsten Spallek (CDU).

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