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Olympia in Berlin? Das Stadion hätten wir schon mal.

© dpa

Vorstoß der SPD in Berlin: Viel Zustimmung für mehr Bürgerbeteiligung

Raed Salehs Pläne für mehr Bürgerbeteiligung in Berlin kommen vor allem bei der Opposition gut an. Nur die CDU-Fraktion hält sich bedeckt. Sie hat aber schon eine andere Idee.

Mehr Bürgerbeteiligung, mehr Referenden, mehr Volksentscheide: SPD-Fraktionschef Raed Saleh will die Bürger intensiver in den politischen Prozess einbeziehen. Dazu hat Saleh im Tagesspiegel-Interview eine Reform der Verfassung ins Gespräch gebracht – und kann mit der grundsätzlichen Zustimmung der drei Oppositionsfraktionen im Abgeordnetenhaus rechnen. Alle signalisierten, dass sie zu einer entsprechenden Verfassungsreform bereit wären – aber erst nach einer ausführlichen Debatte. Die Führung der CDU-Fraktion, die zu einer Klausur nach München gereist ist, wollte sich zu Salehs Vorschlag nicht äußern.

Saleh hatte in einem Interview mit dem Tagesspiegel eine Reform der Bürgerbeteiligung versprochen. Der SPD-Fraktionschef zog damit Konsequenzen aus der Niederlage des Senats beim Volksentscheid über das Tempelhofer Feld. „Wir müssen bei wichtigen Vorhaben den Mut haben, Entscheidungen nicht allein zu treffen“, hatte Saleh gesagt. „Wir wollen die Bürger mitnehmen, durch eine breit angelegte Diskussion, aber auch in Form von konsultativen Volksbefragungen und auch verbindlichen Referenden.“

Der konkrete Vorschlag: Das Abgeordnetenhaus soll mit Zweidrittelmehrheit beschließen können, den Bürgern eine politische Sachfrage zur Entscheidung vorzulegen. Saleh nannte als denkbare Themen nicht nur die mögliche Berliner Olympiabewerbung, sondern auch den Weiterbau der A 100 und die Entscheidung über den Bau neuer Stromtrassen. Es sei eine Verfassungsänderung notwendig, über die er in der kommenden Woche mit den anderen Fraktionschefs sprechen wolle.

Der Vorschlag kam bei der Opposition gut an – mit der Einschränkung, dass die Zeit zu knapp sei, um einen Volksentscheid zur Olympiabewerbung zu organisieren. Denn um die Verfassung in Fragen zu ändern, die mit Volksentscheid und Volksbegehren zu tun haben, bedarf es einer Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Abgeordnetenhauses und überdies einer Volksabstimmung.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Benedikt Lux, sagte: „Wir können über alles reden.“ Doch wirke Saleh mit seinem Vorstoß „hyperaktiv – das macht alles keinen seriösen Eindruck, sondern eher einen verzweifelten“. Auch kann Lux sich nicht vorstellen, dass es noch eine Volksbefragung in Sachen Olympiabewerbung geben könne. „Seriös geht das nicht“, jedenfalls nicht mit Blick auf den Fragenkatalog zu einer Bewerbung, der in einigen Wochen beantwortet werden muss.

Reden wollen die Grünen zudem über die Modalitäten der reformierten Bürgerbeteiligung. „Skeptisch“ bewerte man alles, was wie eine „Volksbefragung von oben, allein durch die Regierungsmehrheit“ wirke, nach dem Motto: Der Senat fragt, die Bürger dürfen antworten.

Auch Linken-Fraktionschef Udo Wolf sagte, man dürfe eine Verfassungsänderung „nicht übers Knie brechen, damit man Olympia durchbringt“. Eine Verfassungsänderung brauche Zeit. „Noch haben wir gar nicht angefangen, darüber zu reden, was alles geändert werden muss.“

Piraten-Fraktionschef Martin Delius sagte, seine Fraktion sei „auf jeden Fall gesprächsbereit“. Doch Bürgerbeteiligung „auf einen Zweck hin“ – die Olympiabewerbung – sei im Prinzip nichts wert. Wolle man die Bürger intensiver am politischen Prozess beteiligen, müsse man das „gründlich machen“, meint Delius. Nun seien die Innen- und Rechtspolitiker der Fraktionen gefragt, danach auch Nichtregierungsorganisationen wie „Mehr Demokratie“.

Die Abgeordneten der CDU-Fraktion diskutierten in ihrer Klausurtagung ebenfalls über neue Formen der Bürgerbeteiligung. Im Leitantrag, der am späten Nachmittag beschlossen worden war, hieß es allerdings, man wolle „nicht in Alleingängen und Schnellschüssen“ auf die Senatsniederlage beim Tempelhof-Entscheid reagieren. Zur Debatte über neue Beteiligungsformen soll ein „Berlin-Forum 2.0“ geschaffen werden, in dem Bürgerbeteiligung zu Fragen der Stadtentwicklung möglich wird. Wörtlich heißt es in dem Klausurbeschluss: „Es geht hierbei nicht um eine Alternative zu den Entscheidungsabläufen einer parlamentarischen Demokratie.“

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