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An einigen Orten in der Stadt, wie zum Beispiel der Schöneberger Pallasstraße, gibt es bereits ein Böllerverbot.

© dpa/Tobias Kleinschmidt

Wegen Corona: Grüne fordern Böllerverbot für ganz Berlin

Ginge es nach den Grünen, wäre die Knallerei zu Silvester längst verboten. Die Coronakrise liefert nun eine neue Begründung. Doch es gibt Widerstände.

Droht den Berlinern zum Abschluss des Corona-Jahres ein Silvester ohne Feuerwerk? Wenn es nach den Grünen geht, ist genau das der Fall. Aus Rücksicht auf die wegen steigender Infektionszahlen stark belasteten Krankenhäuser und auch, weil Feiern in großen Gruppen aktuell ohnehin nicht möglich sind, wollen sie den Verkauf von Silvesterknallern sowie das Abbrennen von Feuerwerk verbieten.

Das forderte unter anderem Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Als Vorbild nannte Kapek eine am Freitag bekannt gewordene Entscheidung der aus den Niederlanden. Dort ist sowohl der Verkauf als auch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern zum anstehenden Jahreswechsel im ganzen Land verboten. Begründet wird die Maßnahme mit der aktuell an der Belastungsgrenze arbeitenden Gesundheitseinrichtungen.

Dem Tagesspiegel erklärte die schon seit Jahren gegen die Böllerei zum Jahreswechsel kämpfende Kapek am Samstag: „Alle zur Eindämmung des Coronavirus getroffenen Maßnahmen stehen unter einem Ziel: Das Gesundheitssystem zu entlasten. Wenn wir jetzt durch den Gebrauch von Silvesterknallern zu einem Anstieg der Patientenzahlen beitragen, ist das grob fahrlässig und verantwortungslos.“ Zur Erinnerung: Zum Jahreswechsel 2019/2020 mussten Rettungskräfte in 806 Fällen ausrücken, die allermeisten davon aufgrund von Verletzungen durch Feuerwerk. 

Zuvor hatte Kapek das in den Niederlanden verhängte Verbot auf Twitter als „wichtigen Schritt, um Krankenhäuser zu entlasten, Sanitäter zu schützen und Neuinfektionen zu verhindern“ bezeichnet. Kapek kündigte an, das Thema am Dienstag im Senat ansprechen zu wollen.

Aktuell sei die Fraktion der Grünen dabei, ein Verbot rechtlich prüfen zu lassen. Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Fraktion, wies darauf hin, dass Verstöße gegen ein mögliches Verbot auch geahndet werden müssten. Wie das möglich ist, sei Teil der Prüfung.

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Bei den Koalitionspartnern waren die Reaktionen auf den Vorstoß der Grünen unterschiedlich. Linken-Fraktionschefin Anne Helm erklärte, es gebe dazu bislang weder einen Fraktionsbeschluss, noch kenne sie den Vorschlag der Grünen im Detail. Helm deutete aber an, dass die Silvesterfeierlichkeiten in diesem Jahr „sicherlich unter anderen Vorzeichen zu diskutieren“ seien.

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Hakan Tas, der sich als ehemaliger innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion bereits länger für ein grundsätzliches Böllerverbot zu Silvester engagiert, erklärte auf Twitter: „Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn auch bei uns aufgrund der Pandemie ein Verbot von Silvesterfeuerwerk in diesem Jahr erfolgt.“

„Wir würden den Menschen den Spaß komplett nehmen“

Zurückhaltender gab sich Frank Zimmermann, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. „Ein generelles Silvesterverbot würde bedeuten, dass wir den Menschen den Spaß komplett nehmen. Ich bin skeptisch, ob das nicht eine Überreaktion wäre“, erklärte er und betonte, dass der Vorstoß bislang nicht abgestimmt sei.

Zimmermann lobte die im vergangenen Jahr erstmals eingerichteten Böllerverbotszonen unter anderem rund um die Pallasstraße im Bezirk Schöneberg und ergänzte: „Ein flächendeckendes Böllerverbot kann nur im Einklang mit einem Verkaufsverbot funktionieren. Das wiederum kann nur auf Bundesebene entschieden werden.“ Er sei skeptisch, dass sich die Bundesebene zu einem solchen Schritt durchringen könne, erklärte Zimmermann. Kapek dagegen äußerte die Erwartung, dass sich die am Montag erneut tagende Ministerpräsidentenkonferenz unter Beteiligung der Bundeskanzlerin des Themas annehmen werde.

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Unklar ist, ob ein flächendeckendes Verbot rechtlich überhaupt möglich wäre. Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte diese Frage im vergangenen Jahr verneint, auch aus der Polizei selbst kamen Zweifel. Tatsächlich waren die damals eingerichteten Verbotszonen zu „besonderen Gefahrenbrennpunkten“ erklärt worden.

Aufgrund einer „auffälligen örtlich konzentrierten Häufung von Straftaten zum Nachteil Dritter und zu Angriffen“ auf Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr wurden Feuerwerksverbotszonen erlassen. Basis war Paragraf 17 des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes. Demnach können Ordnungsbehörden und Polizei „die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren“. Für ein pandemisch begründetes und noch dazu stadtweites Böllerverbot dürfte eine andere Herleitung nötig werden.

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