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Ein Krankentransport fährt auf das Gelände des Virchow-Klinikums in Berlin-Wedding.

© imago images/Andreas Gora

Wegen Überlastung: Berliner Kassenärzte stoppen Vermittlung von Krankentransporten

Bislang organisierte die Kassenärztliche Vereinigung unentgeltlich Fahrten zum Arzt oder zu Kliniken. Über die Frage der neuen Zuständigkeit gibt es Streit.

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) stellt am Montag die Vermittlung von Krankentransporten für Patienten ein – wegen „der hohen Belastungssituation“. In der Berliner Feuerwehr wird deshalb befürchtet, dass der ohnehin überlastete Rettungsdienst einspringen muss, obwohl es sich nicht um Notfälle handelt. Darum ist ein Streit zwischen Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) und Innensenatorin Iris Spranger (SPD) entbrannt: Gote sieht Spranger in der Pflicht, die Innensenatorin sieht die Verantwortung bei Kassenärzten und Krankenkassen.

Konkret geht es um 17.000 Krankentransporte im Jahr für Patienten, die in einer Klinik behandelt werden müssen, nicht eigenständig dorthin kommen oder einen Transport selbst organisieren können. Die Transporte wurden bislang von der KV-Leitstelle vermittelt. Unter der Telefonnummer 116117 berät der Kassenärztliche Bereitschaftsdienst oder schickt einen Arzt zum Hausbesuch. Je nach Lage wird ein Krankentransport angeordnet.

Die KV telefonierte dazu 96 Transportunternehmen einzeln ab, eine zentrale Krankentransportleitstelle gibt es nicht. Die Krankenkassen honorieren die Vermittlung nicht. Bislang sprang die Feuerwehr nur ein, wenn kein Transport gefunden wurde oder es doch Notfälle waren. In den vergangenen drei Jahren waren es zwischen 340 und 1340 solcher Krankentransporte.

17.000
Krankentransporte müssen in Berlin jährlich organisiert werden.

Die bisherige Vermittlung der knapp 47 Krankentransporte pro Tag ist laut KV-Vorstand eine freiwillige Serviceleistung. Die Zahl der Vermittlungen sei gestiegen, der Aufwand immens. Die Folge: Die Ärzte könnten keine Anrufe mehr annehmen, es komme zu langen Wartezeiten unter 116117. „Diesen Umstand können wir nicht mehr verantworten“, heißt es aus dem Vorstand.

Seit Weihnachten laufen Gespräche von Senat, Krankenkassen, Feuerwehr und Firmen darüber, wie der Rückzug der KV kompensiert werden kann. Die KV spricht von guten Lösungsansätzen, laut Gesundheitssenatorin Gote steht der DRK-Landesverband bereit, eine Leitstelle aufzubauen. Gote und auch die Krankenkassen finden, dass Spranger das festzurren muss. Die Innensenatorin sieht das nicht als ihre Aufgabe an.

Laut Rettungsdienstgesetz übernimmt die Feuerwehr Krankentransporte nur ausnahmsweise

Spranger und die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG) pochen auf das Rettungsdienstgesetz: Demnach übernimmt die Feuerwehr Krankentransporte nur, wenn Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz oder Firmen „dazu nicht bereit oder in der Lage sind“.

DFeuG-Landeschef Lars Wieg sagte, der Rettungsdienst sei „eine Art Rückfallebene, eine Hilfszuständigkeit“. Das befreie die Kassen nicht davon, die Versorgung zu organisieren und zu finanzieren. Die mehr als 90 gesetzlichen Krankenversicherungen „sollten sich im Sinne des Gemeinwohls zusammenreißen und eine entsprechende Vermittlung zentral einrichten“, sagte Wieg. Auch die KV warnte vor einem Zuständigkeitsgerangel, das „nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden sollte“.

Ein Sprecher der Feuerwehr wollte nicht näher bewerten, wie die Feuerwehr die neuen Aufgaben bewältigen kann. DFeuG-Landeschef Wieg warnte, dass die bisherigen Bemühungen, den Rettungsdienst zu entlasten, dahin seien. „Seit Monaten zeigen wir die Überlastung der Berliner Feuerwehr auf, reden über die Abgabe von Fällen an die KV und eine notwendige Entlastung der Notfallrettung“, sagte Wieg. „Jetzt drückt man der Feuerwehr noch Aufgaben auf, die nicht in ihre Zuständigkeit gehören.“

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