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Ene Einsatzkraft der Feuerwehr steht neben einem Einsatzfahrzeug der Feuerwehr.

© dpa/Marijan Murat

Zu wenig Personal, zu viele Notrufe: Berliner Feuerwehr rief an jedem zweiten Tag den Ausnahmezustand aus

Zu viele Anrufe wegen banaler Gesundheitsprobleme, zu wenig Nachwuchs, alte Technik: 90 von 232 Rettungswagen der Feuerwehr waren im Januar nicht einsatzbereit.

Zu viele Einsätze, zu wenig Personal und zum Teil recht alte Krankenwagen führen bei der Berliner Feuerwehr und ihren Sanitätern weiterhin zu Überlastungen und Ausfällen. Aktuell waren in diesem Januar 90 von 232 Rettungswagen nicht einsatzbereit, wie Senat und Feuerwehr auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Vasili Franco antworteten.

162 Reparaturaufträge seien erteilt worden, zum Teil wegen Verschleiß, aber auch wegen vieler Unfälle. Die Zahlen waren vor einem Jahr ähnlich hoch, sodass meist etwa ein Drittel der Krankenwagen ausfällt.

Wegen Personalmangels bei den Sanitätern können an fast jedem Tag und in jeder Nacht nicht alle Rettungswagen wie geplant besetzt werden. Üblicherweise sollen tagsüber 144 und nachts rund 100 Rettungswagen mit Besatzungen im Einsatz sein. Nach den Angaben sind es im Durchschnitt mehr als 10 Wagen weniger, manchmal fehlen auch 20. Zusätzliche Rettungswagen, die in Zeiten mit hohen Belastungen ausfahren sollen, können ebenfalls nicht voll besetzt werden.

An jedem zweiten Tag im Jahr 2023 musste die Feuerwehr den Ausnahmezustand ausrufen. Das heißt, dass mehr Kranken-Einsätze anfielen als zeitgleich abgearbeitet werden konnten. Insgesamt kam es 179 Mal zum Ausnahmezustand im Rettungsdienst. Im Durchschnitt dauerten sie 5,5 Stunden. Der längste Ausnahmezustand dauerte vom 10. auf den 11. Juni 24,5 Stunden.

Die Berliner Feuerwehr leidet allerdings so wie die Hilfsorganisationen in anderen Städten seit Jahren unter massiven Erhöhungen der Notrufe wegen Unfällen und Krankheiten. Im Rettungsdienst verdoppelte sich die Zahl der Alarmierungen in den vergangenen 20 Jahren von rund 255.000 auf über 500.000 im Jahr 2022. Und das, obwohl die Stadt im selben Zeitraum nur um etwas mehr als zehn Prozent wuchs. Die Feuerwehr beklagt schon länger, dass immer öfter Menschen den Alarmruf 112 wählen, obwohl es nur um leichte Verletzungen oder Krankheiten geht.

Dazu kommt der Personalmangel durch fehlenden Nachwuchs bei den stressigen und nicht sehr gut bezahlten Jobs. Von den insgesamt knapp 5100 Personalstellen der Feuerwehr sind 500 nicht besetzt. Der Grünen-Abgeordnete Franco stellte anhand der Zahlen fest, in vielen Ausbildungswegen sei die Zahl der Bewerber „teilweise dramatisch gesunken“. Bei den Notfallsanitätern hätten sich etwa 2023 842 Menschen beworben, 2022 seien es noch 1212 gewesen. Damit hätten auch die 180 Ausbildungsplätze wohl nicht belegt werden können.

Franco kritisierte: „Die Berliner Feuerwehr steuert auf einen Kollaps zu. Während die Ausnahmezustände zur Regel geworden sind, ist weiterhin keine strukturelle Verbesserung in Sicht.“ Wegen der fehlenden Krankenwagen sei die Entwicklung für die Notfallversorgung in Berlin besorgniserregend. Personalstellen könnten nicht besetzt werden, der Nachwuchs bleibe aus. „Die Zielzahlen werden meilenweit verfehlt.“

Auch zur geplanten Reform des Rettungsdienstgesetzes herrsche Schweigen, so Franco. „Das Agieren von Innensenatorin Iris Spranger seit Amtsantritt gleicht unterlassener Hilfeleistung.“ Der Senat betonte hingegen: „Nach aktuellem Stand rechnet der Senat damit, dass voraussichtlich im Laufe des Jahres 2024 eine Novellierung des Rettungsdienstgesetzes erfolgen kann.“ (dpa)

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