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RBB-Intendantin Patricia Schlesinger erwartet zusätzlichen Spardruck für den Rundfunk Berlin-Brandenburg.

© RBB/Oliver Ziebe

ARD nach Entscheidung von Sachsen-Anhalt: Verfassungsklage noch in diesem Jahr

60 Millionen Euro weniger: RBB-Intendantin Patricia Schlesinger warnt nach Magdeburg vor sicht- und hörbaren Folgen fürs Programm.

Die Entscheidung des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, die Ratifizierung des neuen Rundfunkstaatsvertrages mitsamt der Beitragserhöhung um 86 Cent gar nicht erst zur Abstimmung zu stellen, hatte die öffentlich-rechtlichen Sender am Dienstag kalt erwischt – nicht nur bei ihrer Ankündigung, das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow hat am Mittwoch angekündigt, dass die ARD die Klage noch in diesem Jahr einreichen werde.

Inzwischen haben die Anstalten durchgerechnet, was sie der Wegfall der Beitragserhöhung kosten würde. Für einen großen Sender wie die Südwestrundfunk kommt dabei eine staatliche Summe zusammen. „Die Lücke wird wahrscheinlich 39 Millionen Euro im Jahr für den SWR betragen“, rechnete Intendant Kai Gniffke vor. Für die gesamte vierjährige Gebührenperiode ergebe das einen Betrag von 156 Millionen Euro. „Das ist viel Geld“, so Gniffke.

Auch für den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) wurde noch einmal nachgerechnet. „Sollten die 86 Cent zusätzlich nicht fließen, würde sich das für den RBB über vier Jahre zu einem Fehlbetrag von 60 Millionen Euro summieren.

Das bedeutet, dass wir zusätzlich zu den rund 30 Millionen Euro pro Jahr, die wir ohnehin einsparen werden, noch einmal 15 Millionen pro Jahr weniger ausgeben könnten“, sagte RBB-Intendantin Patricia Schlesinger dem Tagesspiegel und ergänzte: „Ich sage immer, dass unter meiner Führung im RBB am Programm definitiv zuletzt gespart wird, aber bei diesen Summen wird es ohne sicht- und hörbare Folgen im Programm nicht gehen.“

Das ZDF rechnet mit einer Lücke von 150 Millionen Euro. Dies würde „vor allem die geplanten Verbesserungen im Programm sowie die technischen Weiterentwicklungen zum Ausbau der internetbasierten Angebote bremsen“ nach sich ziehen, aber auch die eine oder andere Programmeinschränkung, zum Beispiel im Sport, sagte der Erste Stellvertretende Vorsitzende des ZDF-Fernsehrats, Wilhelm Schmidt.

Sondersitzung der Rundfunkkommission

Unterdessen laufen die Vorbereitungen für eine Sondersitzung der Rundfunkkommission der Bundesländer. Dort soll nun über das weitere Vorgehen beraten werden, sagte die rheinland-pfälzische Medienstaatssekretärin Heike Raab, die die Medienarbeit der Länder in der Kommission koordiniert.

Raab bedauerte, dass Sachsen-Anhalt das bundesweite Vorhaben blockiert, hielt sich jedoch mit Kritik an den Akteuren zurück. Es stehe ihr nicht zu, Koalitionäre eines anderen Landes zu kritisieren.

Von Bedauern hatte am Dienstag auch der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow gesprochen. RBB-Intendantin Schlesinger wiederum bedauert, dass in Sachsen-Anhalt sachfremde Gründe zu einer rundfunkpolitisch falschen Entscheidung geführt hätten.

„Es ging um machtpolitische Fragen, zusätzlich wurden Stimmen laut, die die Beitragsanpassung mit inhaltlichen Forderungen an unsere Programme verknüpfen wollten. Beides halte ich für gefährlich.“ Das stelle das Prinzip der Rundfunkfreiheit auf den Kopf. „Wir ziehen jetzt nicht nur für mehr Geld vor das Bundesverfassungsgericht, sondern auch, um unsere Staatsferne und Unabhängigkeit zu verteidigen.“

Ihr Münchener Amtskollege Ulrich Wilhelm vom BR Rundfunk erinnerte ebenfalls daran, dass das Bundesverfassungsgericht stets gesagt habe, die Entscheidung zur Beitragshöhe dürfe nicht mit anderen Zielen wie etwa Kritik am Programm verknüpft werden.

„Diesen Schutz jetzt wieder zu erreichen, wird eine ganz wichtige Aufgabe sein.“ Vor einer Entscheidung in Karlsruhe muss nun jedoch abgewartet werden, wie die Bundesländer – die ja mit Ausnahme von Sachsen-Anhalt und Thüringen der Novelle zugestimmt haben – auf die neue Situation reagieren.

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