zum Hauptinhalt

© imago/Jürgen Heinrich / imago/Jürgen Heinrich

Transparenz und Kontrolle bei ARD, ZDF & Co.: Die Vertrauensfrage

Was muss geändert werden beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Die FDP bringt fünf Reformvorschläge für ARD, ZDF & Co.

RBB, NDR, WDR, BR, ARD – Vetternwirtschaft, Nebentätigkeiten, Spitzengehälter, Programmauftrag, Doppelübertragungen mit dem ZDF bei den Royals – kaum ein Tag vergeht, an dem der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) nicht in der Kritik steht. Kaum ein Tag vergeht auch, an dem nicht Eindringliches von außen kommt, wie das mit Struktur, Kontrolle, Transparenz und Sinnhaftigkeit bei ARD, ZDF & Co. besser werden soll. Nun hat die FDP vorlegt, mit fünf Reformvorschlägen für einen „modernen, leistungsfähigen und transparenten öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, die die Liberalen am Montag präsentierten.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk stecke in einer Vertrauenskrise. Fälle von Fehlverhalten in Führungsstrukturen, so der Präsidiumsbeschluss der FDP, haben einen Mangel an Transparenz und Kontrolle in den Rundfunkanstalten offengelegt. Hinzu komme, dass die gesellschaftliche Akzeptanz des ÖRR sinke.

„Viele Bürgerinnen und Bürger sehen sich in ihrer politischen Meinung nicht ausreichend repräsentiert oder fühlen sich gar bevormundet. Gleichzeitig sind über die Jahrzehnte in den öffentlich-rechtlichen Sendern riesige und teure Verwaltungsapparate entstanden, die mit erheblichen Kosten verbunden sind.“

Der ÖRR solle sich daher auf seinen Bildungs- und Informationsauftrag konzentrieren, Unterhaltung und Sport einen nachgeordneten Platz im Programm einnehmen. Außerdem wollen die Liberalen die Erhöhung des Rundfunkbeitrags aussetzen (rund 8,4 Milliarden Euro Beitragsaufkommen seien weltweiter Rekord), Verwaltungsstrukturen verschlanken und die Kontrolle durch unabhängige Dritte stärken. Sie regen eine Selbstverpflichtung zur Gehaltsdeckelung für die Führungskräfte der Rundfunkanstalten an.

Kein Intendant sollte mehr verdienen als der Bundeskanzler. Bei den Gehaltsstrukturen sollte sich der ÖRR an den Gehaltsstufen und -höhen der oberen Bundesbehörden orientieren.

Es müsse wieder mehr Geld in Qualitätsjournalismus fließen

Eine Debatte um Erneuerung und Transparenz des ÖRR sei notwendiger denn je, so die FDP-Spitze. Auch müsse wieder mehr Geld in Qualitätsjournalismus fließen als in überkommene Versorgungsstrukturen. Um die gesellschaftliche Akzeptanz wieder zu erhöhen, biete sich jetzt die Chance für echte Reformen.

Einzelne Forderungen sind nicht neu, im Nachgang zur Affäre um die Ex-Intendantin des RBB, Patricia Schlesinger. Hier äußert sich ein Ministerpräsident wie Niedersachsens Stephan Weil (SPD) zu Kontrollsystemen, dort ein Medienpolitiker wie Christian Goiny (CDU), der im Zusammenhang mit der RBB-Krise eine Überarbeitung des Rundfunkstaatsvertrages fordert.

Auch FDP-Chef Lindner – der sich als Finanzminister am Sonntagabend im Ersten bei „Anne Willl“ in Sachen Schuldenbremse und Gaspreisdeckel erklären musste – hat zuletzt gegen den Status quo des ÖRR lamentiert.

Der ÖRR als Bürgerrundfunk?

Medienpolitik in Deutschland ist weitgehend Ländersache. Trotzdem, was kommt noch von den Bundestagsparteien? Die Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz öffentlich-rechtlicher Medien ist zu wichtig, um sie (nur) Länder diskutieren zu lassen. Allen voran mit Kritik an ARD und ZDF: die AfD. Die Zwangsfinanzierung des ÖRR sei abzuschaffen und in ein Bezahlfernsehen umzuwandeln, heißt es auf Tagesspiegel-Nachfrage.

Eine Regelung solle es Beitragszahlern ermöglichen, ihren Bezug ganz oder teilweise zu kündigen. Der Empfang werde verschlüsselt, sodass nur freiwillige Zahler über einen Zugang verfügen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk werde so zu einem Bürgerrundfunk, welcher ausschließlich von zahlenden Zuschauern und nicht der Politik abhängig ist.

Die zentralen Anliegen der Linken liegen woanders: Beitragsbefreiungen für Berechtigte mit öffentlichen Mitteln, Bewahrung der Programmautonomie der Anstalten, Ausbau statt Kürzung der Regionalität, vor allem in den neuen Bundesländern, oder auch die Abbildung der Vielfalt des Sports im Programm (nicht nur Fußball und Olympia).

Die SPD wiederum, in Person von Heike Raab und Carsten Brosda, Vorsitzende der SPD-Medienkommission, wünscht sich für den ÖRR „eine übersichtliche, mit klaren Verantwortlichkeiten ausgestattete Gremienstruktur“. Es sollte überdacht werden, ob alle Aufgabenbereiche wirklich neunmal in der ARD vorgehalten werden müssen.

Die Parteizentralen von CDU und Grünen konnten oder wollten die Frage nach Reformvorschlägen für den ÖRR am Montag nicht beantworten. Die FDP macht hier den Vorreiter. Der medienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Helge Lindh, kommentierte diesen und andere Vorstöße: „Der ÖRR muss frei und unabhängig bleiben. Eingriffe der Politik in die Programmgestaltung lehnen wir ab.“ Die Politik dürfe diesen Moment der Schwäche des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht nutzen, um den ÖRR nach Gutdünken umzubauen. „Einen Rundfunk von Gnaden der Parteien und ihrer parteipolitischen Vorstellungen darf es nicht geben.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false