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Kate, Prinzessin von Wales, hört zu, als sie den Dame Kelly Holmes Trust besucht und einige der jungen Menschen trifft, die von der Wohltätigkeitsorganisation unterstützt werden.

© dpa/Kin Cheung

„Annus horribilis“ für die Familie Windsor: Wie die Briten auf Prinzessin Kates Krebserkrankung reagieren

Die Reaktion der Briten auf die Nachricht von Kates Krebserkrankung und wer nun die royalen Verpflichtungen übernimmt. Ein Bericht aus London.

Am Freitagabend hat Kate Middleton ihre Krebserkrankung öffentlich gemacht. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Zeitpunkt der Erklärung, zur Behandlung der Prinzessin von Wales, zur Reaktion des Landes und den Perspektiven für die Monarchie.


Wie reagieren die Briten auf die Nachricht?

Mit Sympathie. Und schockiert – darauf jedenfalls lassen jene Londoner Blätter wie „Mirror“, „Express“ und „Telegraph“ schließen, die den entsprechenden Satz aus Prinzessin Kates gut zweiminütiger Video-Botschaft („Das war natürlich ein schwerer Schock“) zur Schlagzeile machten. Andere wie „Mail“ und „Times“ schauten nach vorn und wählten die Beteuerung der 42-Jährigen gegenüber ihren drei Kindern: „Es wird mir wieder gutgehen“ (I am going to be ok).

Trotz der Kriege in der Ukraine und in Gaza sowie des Terroranschlags in Russland führten die TV-Abendnachrichten am Freitag sowie die Titelseiten der Zeitungen am Samstag die Videobotschaft als Spitzenmeldung. Sogar die „Financial Times“ druckte das Foto der Prinzessin auf der Parkbank im Schloßpark von Windsor auf ihrer Titelseite.

Als Prinzessin von Wales ist Kate nicht nur die Gattin des Kronprinzen William, sondern auch Mutter der Nummer Zwei, Drei und Vier der Thronfolge: George, 10, Charlotte, 8 sowie der 5-jährige Louis. Allen Umfragen zufolge führt die Frau aus gutbürgerlichem Haus zudem die Beliebtheitsskala aller Mitglieder des Königshauses an, deutlich vor König Charles III und vor ihrem Mann. Damit kommt ihr für die Stabilität der konstitutionellen Monarchie des Vereinigten Königreiches eine entscheidende Bedeutung zu.

Als Prinzessin von Wales ist Kate nicht nur die Gattin des Kronprinzen William, sondern auch Mutter der Nummer Zwei, Drei und Vier der Thronfolge: George (l.), Charlotte (r.) und Louis. 
Als Prinzessin von Wales ist Kate nicht nur die Gattin des Kronprinzen William, sondern auch Mutter der Nummer Zwei, Drei und Vier der Thronfolge: George (l.), Charlotte (r.) und Louis. 

© REUTERS/Pool

Zumal sich der König selbst seit Anfang Februar einer Krebsbehandlung unterziehen muss. Schon sprechen Voreilige von einem neuerlichen „annus horribilis“ für die Familie Windsor – eine Anspielung auf das Jahr 1992, in dem nicht nur das damalige Thronfolgerpaar Charles und Diana offiziell auseinanderging, sondern auch zwei von Charles‘ Geschwistern geschieden wurden.

Schließlich verwüstete gegen Jahresende ein Großbrand Schloss Windsor. Weil die anglikanische Staatskirche damals Scheidungen noch nicht anerkannte, wackelte plötzlich die Thronfolge – kein Vergleich mit heute. Zwar stelle die doppelte Krebserkrankung eine „schlimme Krise“ für die Monarchie dar, urteilt der langjährige Königshausberichterstatter Richard Kay, aber: „Das wird sie überleben.“


Was sagen offizielle Stellen?

Der britische Premier Rishi Sunak versicherte die Prinzessin noch am Freitagabend „der Liebe und Unterstützung des gesamten Landes“. Wie Labour-Oppositionsführer Keir Starmer, der von „zusätzlichem Stress“ sprach, kritisierte auch der Konservative Kates Behandlung durch Teile der Medien sowie die unsozialen Netzwerke in den vergangenen Wochen als „unfair“.

Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, sprach abfällig von „Dorfklatsch“: Im Internet kursierende Verschwörungstheorien seien „äußerst ungesund“.


Warum geht die Prinzessin jetzt an die Öffentlichkeit?

Am Freitag begannen für die drei Kinder des Thronfolgerpaares die Osterferien. Offenbar wollten William und Kate ihrem Nachwuchs unangenehme Gespräche auf dem Pausenhof ersparen. Indirekt begründete die Prinzessin so ihr wochenlanges Schweigen zu ihrer Krankheit: Für die Erklärung der Situation in einer Art, die für sie angemessen ist, sei Zeit nötig gewesen. Was sie nun brauche? „ein wenig Zeit, Abstand und Privatsphäre“.

Im Internet kursierende Verschwörungstheorien sind äußerst ungesund.

 Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, sprach abfällig von „Dorfklatsch“ über die Spekulationen zu Kate.

Kate war an Weihnachten zuletzt in der Öffentlichkeit aufgetaucht. Mitte Januar rückte sie zeitgleich mit dem König in ein privates Londoner Krankenhaus ein. Die Rede war von einer „Operation im Bauchraum“, die eine längere Rekonvaleszenz im Spital sowie daheim in Windsor nötig mache. Ausdrücklich ließ der Kensington-Palast damals verlauten, es handele sich nicht um Krebs.

Dann aber wiederholte sich bei König und Schwiegertochter der gleiche Vorgang: Wie nach Charles‘ Prostata-Eingriff ergaben post-operative Tests auch bei der Prinzessin die Präsenz von Krebszellen. In beiden Fällen werden die vom Krebs betroffenen Organe nicht genannt. Nachdem sie sich von ihrer ursprünglichen Operation erholt hatte, nahm die Prinzessin Ende Februar eine „vorsorgliche“ Chemotherapie auf.


Warum spricht die Prinzessin von einer „vorbeugenden“ Chemotherapie?

Wohl zur besseren Verständlichkeit. Ärzte unterscheiden eher zwischen einer adjuvanten und einer neoadjuvanten Therapie. Im letzteren Fall ist die Verabreichung des Zellgifts vor einer Operation gemeint: Das Ziel besteht darin, den Tumor zu verkleinern und damit die Operationschancen zu verbessern.

Was Kate nun erhält, ist also eine adjuvante (von Lateinisch adiuvare, helfen) Therapie: Nach Entfernung des Tumors sollen etwaige im Körper verbliebene Krebszellen abgetötet werden. Damit lassen sich ein Rückfall („Rezidiv“) an gleicher Stelle oder eine Verlagerung des Krebses („Metastasierung“) auf andere Körperteile vermeiden.

Krebs-Hilfsorganisationen lobten die Prinzessin für ihre öffentliche Stellungnahme: Diese werde dazu beitragen, dass die Leute wegen möglicher Symptome rechtzeitig zum Arzt gehen würden. Die Medien nahmen Kates Mitteilung zum Anlass, solche möglichen Symptome aufzuzählen: von ungewöhnlichen Schmerzen oder Blutungen über merkwürdige Schwellungen oder Knoten bis hin zu ungewohnter Müdigkeit und Gewichtsverlust.

Natürlich könne es dafür auch andere Ursachen geben – „aber es ist wichtig, sich untersuchen zu lassen“. Freilich klingt dieser Hinweis für viele NHS-Patienten wohlfeil: Sie müssen häufig wochenlang auf Routinetermine beim Hausarzt warten.


Beendet dies die Spekulationen?

Wie man das Internet so kennt, wohl nicht. Immerhin müssen sich jene Skeptiker bestätigt fühlen, die das Schweigen der Royals seit mehreren Wochen für merkwürdig, wenn nicht sogar für verdächtig hielten. Dazu trug die wenig ergiebige und halbherzige Information der Öffentlichkeit bei.

Auch sympathisierende Beobachter wie Robert Jobson, Autor mehrerer Bücher über das Königshaus, hielten die ursprüngliche Strategie des Thronfolgerpaares für „nicht realistisch“, drei Monate lang keinerlei Foto der Erkrankten zu veröffentlichen.

König Charles III. und seine Schwiegertochter sind beide an Krebs erkrankt.
König Charles III. und seine Schwiegertochter sind beide an Krebs erkrankt.

© dpa/Chris Jackson

Dass sich der am 10. März veröffentlichte Muttertags-Schnappschuss als digital aufgehübscht erwies, trug zur Aufklärung nicht gerade bei, im Gegenteil.

Da sei wohl ihr Perfektionismus mit der Prinzessin durchgegangen, erläuterte Jobson kürzlich dem Club der Auslandspresse FPA. Schwamm drüber – nun müssten sich die Prinzessin ebenso wie Charles ganz auf ihre vollständige Wiederherstellung konzentrieren, glaubt der Autor einer im Juli erscheinenden Kate-Biographie: „Die Friedhöfe sind voller Leute, die sich für unersetzbar hielten.“


Welche Konsequenzen ergeben sich für die Monarchie?

In den langen Jahren seiner Anwartschaft auf den Thron ließ der damalige Prinz Charles nie einen Zweifel daran: Das Königshaus müsse modernisiert und verschlankt werden. Zu viele Immobilien, zu viele Angestellte, so die Analyse des Mannes im Wartestand, vor allem aber zu viele unbedeutende Royals mit teuren Apanagen und wenig Außenwirkung.

Nun aber steht die Firma Windsor plötzlich nicht nur verschlankt da, sondern beinahe fadenscheinig. Cousins der 2022 verstorbenen Queen Elizabeth II wie die Herzöge von Kent und Gloucester stehen hoch in ihren Siebzigern oder Achtzigern und haben sich weitgehend aus der Öffentlichkeit verabschiedet. Der Nachwuchs ist entweder, wie die erwachsenen Kinder von Prinzessin Anne und Prinz Andrew (im Alter zwischen 46 und 34 Jahren), royalen Aufgaben entwöhnt oder, wie die Kinder von Catherine und William, viel zu jung.

Der König hat sich seit Bekanntgabe seiner eigenen Krebserkrankung zwar von öffentlichen Terminen ferngehalten. Zu sehen ist er aber doch immer wieder: auf Fotos von seinen Audienzen mit dem Premierminister oder mit neuernannten Botschaftern, mit kleinen Videofilmen für Anlässe, die ihm besonders am Herzen liegen.


Wer hält den Laden zusammen?

Zuallererst die Frauen. Unverdrossen nimmt die Königin Camilla längst geplante Termine statt mit ihrem Mann nun allein wahr. Zuletzt war sie beispielsweise in Nordirland und auf der Isle of Man.

In der kommenden Karwoche dürfte sie auch den Gottesdienst am Gründonnerstag allein bestreiten, bei dem normalerweise der Monarch selbst symbolische Almosen an bedürftige Untertanen vergibt. Doch ist die Leistungsfähigkeit der 76-Jährigen begrenzt, zumal sie gern Zeit mit den eigenen Kindern und Enkeln aus ihrer ersten Ehe verbringt.

Spitzenreiterin der Rangliste royaler Termine ist seit vielen Jahren Charles‘ einzige Schwester Anne, 73. Die Prinzessin kümmert sich vor allem um Schottland, sprang zuletzt aber auch bei Ordensverleihungen und Galadiners in London und Windsor ein. Charles‘ jüngster Bruder Edward, soeben 60 geworden, und dessen Gattin Sophie haben kürzlich einige Auslandsbesuche absolviert; freilich hält sich ihr Glamourfaktor in engen Grenzen.

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Eine Peinlichkeit bleibt der 64-jährige Prinz Andrew seit seiner Verwicklung in den Skandal rund um die verurteilten Sexualverbrecher Ghislaine Maxwell und Jeffrey Epstein. Demnächst erinnert eine „Netflix“-Produktion an die verheerende Entscheidung des als ebenso arrogant wie unbegabt geltenden Mannes, seine Freundschaft mit Epstein 2019 ausführlich in einem BBC-Interview darzulegen.

Seither ist Andrew persona non grata; noch zu Lebzeiten Queen Elizabeths wurden ihm sämtliche royale Schirmherrschaften sowie der Ehrentitel Königliche Hoheit aberkannt.

Aus dem Umfeld des im selbstgewählten kalifornischen Exil lebenden Prinzen Harry, Charles‘ Zweitgeborenem, hieß es zuletzt, der 39-Jährige stehe, falls gewünscht, für die Übernahme royaler Termine bereit, von denen er sich vor gut vier Jahren befreite.

Bei Hofe gelten solche Lockrufe als Danaergeschenk: Auf Pflichtbewusstsein und Diskretion des Memoirenschreibers und TV-Produzenten seien kein Verlass, glauben Bedienstete und Windsor-Verwandtschaft gleichermaßen. Zwischen den Brüdern William und Harry besteht seit langer Zeit eisiges Schweigen. Einen Termin anlässlich der nach ihrer tödlich verunglückten Mutter Diana benannten Preisverleihung nahmen sie getrennt wahr.

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