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Charlotte Orsenne gründete das Kollektiv Allesbien, das das Festival organisiert.

© Marguerite Pérès

Erstes Dyke* Festival in Berlin: „Wir sind mit dem Klingelbeutel rumgegangen“

Das Kollektiv „Allesbien“ organisiert auf dem Campus Kippe in Berlin an diesem Wochenende ein Festival von und für queere Frauen. Ein Gespräch mit Charlotte Orsenne aus dem Orgateam.

Charlotte Orsenne, am kommenden Wochenende findet auf dem Campus Kippe in Berlin-Lichtenberg das erste Dyke* Festival statt. Was ist die Idee dahinter?
Dieses Festival soll lesbische Sichtbarkeit nach vorne pushen. Konzentriert auf zwei Tage wollen wir lesbische Kultur feiern: Was heißt es, lesbisch zu sein, was mögen wir, worüber lachen wir, welche Musik hören wir, welche Filme sehen wir. Es gibt Festivals für Reggae oder Elektromusik, da kann es doch auch eins für die lesbische Kultur geben, die ja oft noch als Subkultur wahrgenommen wird.

Organisiert wird das Festival vom Berliner Lesben- und Bi-Kollektiv „Allesbien“. Wer macht da mit?
Wir kommen aus der französischen und frankophonen Diaspora. Ich selbst bin deutsch-französisch, habe in beiden Ländern gelebt und die Gruppe vor eineinhalb Jahren gegründet. Die meisten von uns sind zwischen 25 und 35 Jahre alt. Um die 50 Leute gehören zum weiteren „Allesbien“-Kreis dazu, wobei das Festival nur von einer Handvoll Leuten organisiert wird.

In Ihrem Gruppennamen klingt das französische Wort für Lesbe an, für das Festival haben Sie jedoch den englischen Begriff Dyke benutzt. Weshalb?
Lesbisch ist inzwischen ein kontroverses Wort, das man immerzu erklären muss, wenn man sichergehen möchte, nicht als transfeindlich dazustehen. Deswegen haben wir das englische Wort genommen, was ein Oberbegriff ist für das politische Lesbischsein und weniger mit der sexuellen Orientierung oder dem Geschlecht einer Person verbunden wird. Wir nennen es Dyke* Festival, weil es die Diversität der Lesben ansprechen und repräsentieren soll.

Auf dem Instagram-Account von „Allesbien“ gab es zum Thema Transfeindlichkeit dennoch ein langes Statement.
Es war uns wichtig, klarzustellen, dass wir erstens nicht zu den trans exkludierenden radikalen Feministinnen (Terfs) gehören, dass wir uns aber zweitens das Wort lesbisch wieder aneignen wollen. Denn so identifizieren sich viele von uns. Aus Diskriminierungsbefürchtungen haben wir uns nicht getraut, uns so zu nennen. Das hat sich aber geändert. Und jetzt lassen wir uns von den Terfs nicht vorschreiben, was eine „richtige“ Lesbe ist.

Wie hat die queere Community die Ankündigung des Dyke* Festivals aufgenommen?
Von Anfang an sehr positiv. Schon im Februar, als wir im SchwuZ bei einer Party auf der Bühne erstmals von unserer Idee erzählt haben – noch ohne Termin oder Ort zu kennen – und dann mit einem Klingelbeutel rumgegangen sind, haben die Leute da sogar Scheine reingeworfen. Und immer wieder wurde uns gesagt, wir sollen das unbedingt machen.

Wie sieht die Finanzierung aus?
Sponsoring oder Medienpartner wollen wir nicht. Es ist alles DIY und Volunteer-Arbeit. Wir haben das ganze Jahr über kleine Events organisiert, wo wir immer entweder einen kleinen Beitrag erhoben haben oder einen Klingelbeutel hatten. Hinzu kommen private Spenden, ein Crowdfunding und das Glück, dass wir den Campus Kippe umsonst nutzen können. Es gab dafür eine Ausschreibung der Club Commission, bei der wir ausgewählt wurden.

Blick auf das Festivalgelände Campus Kippe.

© Allesbien

Der Campus Kippe am S-Betriebsbahnhof Rummelsburg ist ein neuer Veranstaltungsort. Was erwartet die Besucher*innen da?
Ein vielfältiges und buntes Programm. Neben einem Foodtruck und einer Bar gibt es auch noch auch Stände von queeren Geschäften zu entdecken. Die Hauptbühne bietet ein facettenreiches Programm mit Musik und Diskussionsrunden. Außerdem gibt es mehrere Indoor-Veranstaltungsräume, in denen alles von Stand-Up-Comedy über Workshops bis hin zu Performances geboten wird. Eine Fotoausstellung im Freien sowie Tarot-Lesungen in einem von uns liebevoll renovierten Wohnwagen runden das Programm ab. Von Voguing bis Contemporary Dance, von Gedicht-Workshop bis zur Gestaltung eigener Zines -hier kommen alle auf ihre Kosten.

Können Sie sich vorstellen, dass das Dyke* Festival eine regelmäßige Veranstaltung wird?
Ich hoffe, dass das eine regelmäßige Sache wird. Dabei würde ich mir wünschen, dass es ein bisschen mehr in Richtung Dekolonisierung, Antirassismus und Transfeminismus geht. Wir sind im Orga-Team sehr cis-weiß. Das kann noch anders werden. Für dieses erste Mal machen wir es so gut, wie wir es können. Es würde mich aber freuen, wenn das Andere inspiriert und sie sich vielleicht einbringen wollen.

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