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Sven Lehmann kritisiert die Entscheidung der eigenen Regierung, Moldau und Georgien zu sicheren Herkunftsländern zu machen.

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Sichere Herkunftsstaaten: „Länder, die Minderheiten nicht schützen, dürfen keinen Freibrief erhalten“

Moldau und Georgien sollen künftig als sichere Herkunftsstaaten gelten. Der Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, hält die Entscheidung für falsch.

Moldau und Georgien sollen künftig als sichere Herkunftsländer gelten. Das beschloss die Bundesregierung in einer Kabinettssitzung am Mittwoch. Kritik kommt aus den eigenen Reihen: „Länder, die Menschenrechte nicht achten oder Minderheiten nicht ausreichend schützen, dürfen keinen Freibrief für ihre Politik erhalten“, sagt Sven Lehmann (Grüne), Queerbeauftragter der Bundesregierung. Er meint damit den Schutz von queeren Menschen.

„Im georgischen Tiflis wurde in diesem Jahr erneut ein Pride-Festival von Nationalisten gestürmt und verwüstet. Die Sicherheitsbehörden kamen ihrem Schutzauftrag nicht nach“, sagt Lehmann gegenüber dem Tagesspiegel. Der georgische Staat sei nicht in der Lage, queere Menschen ausreichend zu schützen. Außerdem werden sowohl Georgien als auch Moldau in Teilen von Russland kontrolliert.

Der Queer-Beauftragte kritisiert das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten generell als „hochgradig problematisch“, wenn es um Minderheiten wie LGTQIA+ geht. Denn die Asylanträge queerer Menschen würden häufiger als unbegründet abgelehnt, sie bräuchten Zeit, sich gegenüber staatlichen Behörden zu outen.

Ein „Rechtsbruch mit Ansage“?

Erst 2022 hatte die Bundesregierung das „Diskretionsgebot“ im Asylverfahren abgeschafft. Bis dahin wurden Asylbescheide queerer Geflüchteter mit der Begründung abgelehnt, mit einem „diskreten Leben“ in ihrem Herkunftsland sicher zu sein. 

Bereits in der Vergangenheit hatten Lehmann und Verbände wie der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) das Bundesinnenministerium unter Leitung von Nancy Faeser (SPD) dafür kritisiert, Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten einstufen zu wollen. Es sei ein „Rechtsbruch mit Ansage“, klagte der LSVD bereits im Mai und startete eine Petition gegen das Vorhaben.

Das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten ist hochgradig problematisch, besonders für Minderheiten wie LSBTIQ*.

Sven Lehmann, Queerbeauftragter der Bundesregierung

Auch Clara Bünger, rechtspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, sagte, dass dies „eine dramatische Schwächung der Asyl- und Menschenrechte“ bedeute. In beiden Ländern gebe es „ein erhebliches Sicherheitsrisiko für queere Menschen sowie eine systematische Diskriminierung von Roma“. 

Faeser verteidigt ihre Pläne am Mittwoch derweil. Georgien und Moldau wollen Mitglieder der Europäischen Union werden. „In beiden Staaten droht Menschen in aller Regel keine politische Verfolgung“, sagte die Innenministerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Mehr als jeder zehnte abgelehnte Asylantrag kommt aus diesen beiden Ländern. Hier können wir also sehr schnell irreguläre Migration wirksam reduzieren.“

In die Liste werden Länder aufgenommen, bei denen davon ausgegangen wird, dass dort keine staatliche Verfolgung zu befürchten ist und der jeweilige Staat vor nicht-staatlicher Verfolgung schützen kann.

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