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Jetzt sei laut Ardern die „richtige Zeit“, um ihr Amt niederzulegen.

© Robert Kitchin/AAP Image/Pool via Reuters

Abschied von Jacinda Ardern: Neuseelands Premierministerin hat „nicht mehr genug im Tank“

Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern gilt als eine der herausragendsten politischen Führerinnen der Welt. Nun tritt sie überraschend zurück.

Im Ausland galt Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern als eine der herausragendsten politischen Führerinnen der Welt. Doch im Inland sinkt ihre Popularität seit Monaten, eine dritte Amtszeit für Arderns Labour Party wurde zuletzt immer unrealistischer. Trotzdem kam die Nachricht des Rücktritts der Politikerin überraschend. Ardern selbst begründete ihn damit, dass sie „nicht mehr genug im Tank“ für den Job als Premierministerin habe. Es sei jetzt „die richtige Zeit“ für sie zurückzutreten.

Sie freue sich darauf, für ihre Tochter Neve da zu sein, wenn diese die Schule beginne und sagte, dass sie nun endlich ihren Partner Clarke Gayford heiraten wolle.

Die National Party, die zuvor neun Jahre lang regierte, bevor Ardern die Sozialdemokraten wieder zum Erfolg führte, hat inzwischen wieder gute Chancen, mithilfe eines Koalitionspartners erneut die Regierung zu bilden.

Somit könnte der Rücktritt Arderns, der auch große Veränderungen innerhalb der Labour Partei mit sich bringen wird, durchaus auch strategisch sein, um ihrer Partei bei der Wahl im Oktober eine bessere Chance zu ermöglichen. Einen Nachfolger gibt es für sie noch nicht.

Die Gründe für ihre Beliebtheit sind vermutlich auch die Gründe dafür, dass der Politikerin die Energie ausging: Seit ihrem Amtsantritt 2017 musste Ardern eine Terrorattacke, einen Vulkanausbruch sowie den Ausbruch der Corona-Pandemie bewältigen. Alle drei Krisen meisterte sie mit exzellenter Kommunikation und viel Empathie.

Meisterklasse in Krisenführung

Ihre Handhabe der Pandemie sei eine „Meisterklasse in Krisenführung“ gewesen, urteilte die neuseeländische Forscherin Suze Wilson einst in einer Analyse im akademischen Magazin „The Conversation“.

Dieses exzellente Krisenmanagement brachte der Politikerin eine mehrmalige Nominierung für den Friedensnobelpreis ein und katapultierte sie auf die Titelbilder der britischen „Vogue“ und des „Time“-Magazins. Auch dass sie während ihrer Zeit als Premierministerin ein Kind zur Welt brachte, erregte weltweite Aufmerksamkeit. 

Die Regierung – und die Premierministerin – wurden im In- und Ausland hoch gelobt.

Stephen Levine, Politikexperte der Victoria University of Wellington.

Dass die Popularität Arderns zuletzt jedoch abnahm, hat vielfältige Gründe: Laut Stephen Levine, einem Politikexperten der Victoria University of Wellington, der ein Buch über Jacinda Ardern und ihre Politik veröffentlicht hat, war ausgerechnet die Covid-Pandemie dafür verantwortlich, die einst zu ihrem Aufstieg beigetragen hatte.

Die Corona-Pandemie brachte die Wende

Im Jahr 2020 konnte die Regierung die Pandemie eindämmen, was zu niedrigen Fallzahlen und einer geringen Zahl von Todesfällen im Zeitraum 2020 bis 2021 führte“, sagte der Politikexperte in einem Interview im vergangenen Jahr. 2020 starben 25 Neuseeländer an Covid-19, 2021 waren es 26 Menschen.

„Die Regierung – und die Premierministerin – wurden im In- und Ausland hochgelobt.“ Die Wahlen 2020 lieferten dementsprechend einen deutlichen Sieg für Arderns Sozialdemokraten.

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Mitte 2021 jedoch nahm die Unzufriedenheit über wiederholte Lockdowns nach Covid-Ausbrüchen zu. Vor allem eine länger andauernde Ausgangssperre in der größten Stadt des Landes, Auckland, wurde dort – laut Levine – scharf kritisiert.

Zudem war der Erfolg der Maßnahmen nicht von Dauer: Mit der schrittweisen Öffnung des Landes stiegen auch die Fallzahlen – ähnlich wie in den meisten anderen Ländern.

Jacinda Ardern und ihr Partner Clarke Gayford kurz nach der Geburt ihrer Tochter Neve.

© AFP / AFP/Michael Bradley

„Das bedeutet nicht, dass die Premierministerin unbeliebt ist oder ihren Fähigkeiten kein Respekt mehr entgegengebracht wird“, sagte Levine damals. Doch es bedeutete, dass in Neuseeland der Hype um Jacinda Ardern, die „Jacindamania“, weitgehend abklang.

Arderns größte Stärke: Ihre Empathie

Jahrelang kämpfte Ardern gegen Krisen. Letzteres bedeutete aber auch, dass drängende andere Themen teils vernachlässigt wurden. Zwar sind die früher extrem hohen Preise für Immobilien deutlich abgeflacht, doch steigende Hypothekenzinsen und hohe Kosten für Baumaterialien erschweren vielen den Hausbau oder -kauf nach wie vor.

Vor allem die hohe Inflation, die zuletzt auf über sieben Prozent stieg und damit so hoch ist wie schon seit über 30 Jahren nicht mehr, hat das Leben vieler Neuseeländer erschwert.

Ardern wird aufgrund ihrer Professionalität, ihrer Kommunikationsfähigkeit und ihrer Empathie in Zeiten der Krise erinnert werden.

Vor allem ihre Empathie ist eine der Eigenschaften, für die sie im kollektiven Gedächtnis bleiben möchte, wie sie am Donnerstag zum Ausdruck brachte. Was ihr Rücktritt für die anstehenden Wahlen bedeuten wird, ist noch unklar.

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