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© AFP

Das Skandalunternehmen Eskom: Was hinter Südafrikas Energiekrise steckt

Korruption, Missmanagement, fehlendes Personal: Die jetzt schon dramatische Stromkrise in Südafrika ist vor allem vom Big Player des Landes selbstgemacht.

Während in Europa noch um Stromausfälle gebangt wird, sind sie in Südafrika seit mehr als zehn Jahren Alltag. Im Zentrum der Energiekrise steht der staatliche Stromanbieter Eskom, der das Land fast alleine mit Energie versorgt und dessen Kraftwerke marode sind. Zudem ist Korruption an der Tagesordnung, und das Stromnetz steht kurz vor dem Kollaps.  

Mehrmals täglich gehen in Südafrika die Lichter für Stunden aus – Kühlschränke fahren runter, abgeschaltete Ampeln sorgen für Chaos auf den Straßen, einkauft wird im Dunkeln.

Expert:innen schätzen, dass jede Stunde ohne Strom die dortige Wirtschaft rund 500 Millionen Rand kostet, etwa 27 Millionen Euro. Noch nie gab es so viele Ausfälle wie 2022: Während Südafrika 2015 insgesamt 836 Stunden ohne Strom auskommen musste, sind es dieses Jahr schon 3085 Stunden.  

Den größten Teil der Ausfälle macht das sogenannte „Load Shedding“ aus. Dabei schaltet der staatliche Stromversorger Eskom Teile des Stromnetzes ab, um zu verhindern, dass es zum Overload kommt, also mehr Elektrizität verbraucht als hergestellt wird.

Denn dann könnte das gesamte südafrikanische Netz zusammenbrechen, der Strom wäre für ganze Tage am Stück weg. Je mehr Megawatt eingespart werden müssen, um das Netz am laufen zu halten, desto öfter kommt es am Tag zu Ausfällen. Im schlimmsten Fall sind die Lichter für mehr als 13 Stunden aus.  

Südafrika hat große Kohlevorkommen

Eskom hat in Südafrika eine quasimonopolistische Stellung inne, rund 95 Prozent der Energie kommen aus den Kraftwerken des Unternehmens. Bis in die 1990er Jahre hinein florierte das Unternehmen und war der Musterschüler unter den südafrikanischen Staatsbetrieben. Südafrika hat große Kohlevorkommen, bei denen sich Eskom bedienen konnte, um günstig Energie zu produzieren.

Eskoms Kraftwerke produzieren gerade genug Strom, doch es fehlt die Überkapazität, um Kraftwerke für dringend notwendige Reparaturen herunterzufahren.

Lungile Mashele, Energieexpertin

Doch seit der Jahrtausendwende versackt Eskom immer tiefer in Schulden und wäre ohne staatliche Rettungsschirme praktisch bankrott. Korruption, Missmanagement und das bei stetig steigenden Preisen, so lauten die Vorwürfe.  

„„Eskoms Kraftwerke produzieren gerade genug Strom, doch es fehlt die Überkapazität, um Kraftwerke für dringend notwendige Reparaturen herunterzufahren”, sagt Energieexpertin Lungile Mashele. Mashele hat in den vergangenen 15 Jahren für verschiedene Unternehmen im afrikanischen Energiesektor gearbeitet, darunter auch für Eskom.

Während der Apartheid-Jahre war Strom ein Privileg, das in erster Linie der weißen Bevölkerung zuteil wurde. Nach Ende der Apartheid explodierte der Energiebedarf, doch die Regierung ließ sich – obwohl klar war, dass Eskom spätestens 2007 an seine Grenzen kommen würde – Zeit damit, den Bau neuer Kraftwerke zu veranlassen.  

Stattdessen setzte sie darauf, dass neue Energieanbieter entstehen würden, die einen Teil der Last tragen. Doch die Strompreise waren zu niedrig, private Unternehmen sahen Stromproduktion nicht als lohnendes Geschäft.

Ein spätes Gegensteuern der Regierung mit den neuen Kraftwerken Kusile und Medupi im Nordosten des Landes brachte keine Erleichterung. Zu teuer, zu spät fertig und nicht ansatzweise so leistungsfähig wie erwartet.

Zudem fehlt es an Fachkräften, um die Wartungen an Eskoms Kraftwerken vorzunehmen. „Es ist ein Teufelskreis: Statt grundlegenden Wartungen kann nur das Nötigste geflickt werden, was die Effizienz der Kraftwerke immer weiter absenkt“, erklärt Mashele.  

Immer wieder verschwinden Gelder, Kohle und Diesel

Dazu kommt, dass das Unternehmen in den vergangenen 20 Jahren immer tiefer im Korruptionssumpf versinkt. Der ehemalige Eskom-Chef Matshela Koko etwa hatte bei dem Bau des Kusile Kraftwerks rund zwei Millionen Euro selbst eingesteckt. Immer wieder verschwinden Gelder, Kohle und Diesel. Eine neu eingerichtete Whistleblower-Hotline soll hier gegensteuern, zeigt bisher aber wenig Erfolg.  

„Eskom ist komplett chaotisch“, sagt ein Experte, der anonym bleiben möchte. „Es wird von den Leuten dort erwartet, dass sie jeden Tag zur Arbeit kommen, aber nicht, dass sie ihre Arbeit auch machen.” Missmanagement auf allen Ebenen, lautet sein Urteil.  

Die Wurzel des Problems liegt bei der Regierung, sagt Mashele: „Wir haben in Südafrika keine Energiekrise – wir haben eine politische Krise”. Denn die Regierung hat zwar enormen Einfluss auf Eskom, bestimmt etwa die Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer mit, verschleppt aber wichtige politische Beschlüsse, bereichert sich am Geschäft und greift in entscheidenden Situationen nicht ein.

Einige Städte und Bezirke zahlen ihre Rechnungen bei Eskom seit Jahren nicht. Paradebeispiel ist hier das Township Soweto in Johannesburg, das Eskom eine Viertelmilliarde Euro schuldet. „Die Regierung greift aber aus Eigeninteresse nicht ein, weil in Soweto ihre Wählerbasis sitzt.”

Es gebe jedoch Hoffnung, sagt Mashele. Da die schlechte Energieversorgungslage inzwischen alle Südafrika:innen betreffe, werde irgendwann „der Druck so groß, dass die Regierung handeln muss.” Hoffentlich sei es dann nicht zu spät.  

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