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Hoffnung für die Krisenregion: Foto von Papst Franziskus auf einem Mobiltelefon im Kongo.

© dpa / dpa/Moses Sawasawa

Der Papst reist nach Afrika: Heiliger Beistand für den Kongo

Der Papst ist ab Dienstag für mehrere Tage im Kongo – als erstes Kirchenoberhaupt seit fast 40 Jahren. Das krisengebeutelte und mehrheitlich katholische Land setzt große Hoffnungen in den Pontifex-Besuch. Kann Franziskus dem überhaupt gerecht werden?

Von Judith Raupp

Sie musste sich fast vier Jahrzehnte gedulden. Umso größer ist jetzt die Freude bei den über 40 Millionen Katholiken im Kongo. Ab Dienstag ist Papst Franziskus für vier Tage in der Hauptstadt – es ist das erste Mal seit 38 Jahren, dass wieder ein Papst in den Kongo reist. Dabei leben nirgendwo in Afrika mehr Katholiken.

Am Regionalflughafen und im Stadion in Kinshasa stehen die Tribünen für zwei Messen mit mehr als einer Million Menschen bereit. Bevor der Papst die Gottesdienste hält, wird er allerdings Felix Thsisekedi treffen. Der Staatspräsident hat das Vatikanoberhaupt schließlich eingeladen.

Thsisekedi wurde katholisch getauft, gehört inzwischen aber einer evangelikalen Kirche an. Er hat nicht immer das beste Verhältnis zum Vatikan. Die Bischöfe werfen ihm vor, dass er sich seit seinem Amtsantritt 2019 zu wenig um Demokratie und Wohlstand für sein Volk kümmere.

Kirche unterrichtet sechs Millionen Menschen im Kongo

Aber trotz Kritik der Kirche kommt der Papstbesuch Thsisekedi gelegen. Denn Franziskus kann die frustrierte Bevölkerung elf Monate vor den Wahlen trösten.

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Viele Menschen fühlen sich vom Staat im Stich gelassen. Sie vermissen Strom, Wasser, Wohnungen, Schulen und Krankenhäuser. Sie sind dankbar, dass die Kirchen teilweise einspringen.

Allein die katholische Kirche betreibt nach eigenen Angaben 18.500 Schulen und Kindergärten, wo sechs Millionen junge Menschen Bildung erhalten. Und sie stellt 40 Prozent aller Gesundheitseinrichtungen im Land.

Der Vatikan betont, dass der Papst keine Politik mache. Die bevorstehende Präsidentenwahl und Menschenrechte dürften jedoch Thema sein, wenn Franziskus mit Politikern, Oppositionellen, Vertretern der Zivilgesellschaft und mit Diplomaten spricht. Die vergangene Wahl lief derart undurchsichtig ab, dass das Vertrauen in den anstehenden Urnengang schon jetzt beschädigt ist.

In Kinshasa hängen überall Plakate mit der Aufschrift „versöhnt in Jesus Christus“. Priester Adeodatus Muhigi sagt, es sei das zentrale Anliegen des Papstes, die Menschen im Kongo zum Miteinander aufzurufen. Der Abt lebt in Goma, im Osten des Landes, 1500 Kilometer entfernt von der Hauptstadt.

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Millionen Menschen lernen im Kongo in katholischen Schulen.

In seiner Heimat kämpfen mehrere Dutzend Milizen um das Geschäft mit Holzkohle, mit der Millionen Haushalte kochen, und um die Macht über die Bodenschätze.Der Kongo besitzt fast alle Rohstoffe, die Unternehmen weltweit brauchen, unter anderem Kupfer, Gold, Koltan, Uran oder Kobalt.

Im vergangenen Jahr ist in der Provinz Nord Kivu erneut der Krieg zwischen der Armee und der Rebellengruppe M23 aufgeflammt. Sie wird laut den Vereinten Nationen (UN) vom Nachbarland Ruanda unterstützt, was Ruanda bestreitet. Der Konflikt reicht bis 1994 zurück.

Damals ermordeten in Ruanda Anhänger der Hutu-Ethnie eine Million Menschen der Tutsi-Ethnie. Einige Völkermörder flohen über die Grenze in den Ostkongo, als die Tutsi-Armee des heutigen ruandischen Präsidenten Paul Kagame die Schergen besiegte.

Betende während eines Gottesdienstes. Die meisten Katholiken im Kongo erwarten vom Papstbesuch eine „Botschaft der Hoffnung“.

© dpa / dpa/Moses Sawasawa

Ruandas Armee marschiert seither immer wieder im Ostkongo ein, um die damaligen Täter und ihre Nachkommen zu verfolgen.

Die M23 ist eine Tutsi-Miliz, die vorgibt im Kongo ihre Ethnie vor den Hutu zu beschützen. Sie ist deutlich besser organisiert als die anderen Rebellengruppen.

Es ist ihr in wenigen Monaten gelungen, Wege von den landwirtschaftlichen Anbaugebieten zur Provinzhauptstadt Goma zu kappen. Und das, obwohl die UN mit einer der größten Blauhelmtruppen der Welt präsent sind.

Papst reist nicht in den gefährlichen Ostkongo

„Wir werden ausgeraubt, können uns die Holzkohle nicht mehr leisten, und wir werden getötet“, schimpft ein Vater von zwei Kindern in Goma. Er arbeitet als Buchhalter, will aber seinen Namen nicht in der Zeitung lesen.

Wer im Ostkongo den Mund aufmacht, kann verhaftet oder umgebracht werden. Für den Buchhalter wäre es ein „starkes Signal“ gewesen, wenn der Papst nach Goma gekommen wäre, wie es noch im vergangenen Juli geplant war. Aber der Pontifex bleibt ausschließlich in Kinshasa. Im Osten ist es zu gefährlich.

Sprengfallen, Entführungen, Vergewaltigung und Überfälle gehören zum Alltag. 2021 wurde der italienische Botschafter einige Kilometer außerhalb Gomas ermordet.

Vergangene Woche hat die ruandische Armee einen kongolesischen Kampfjet über Goma angeschossen, weil er angeblich ruandisches Gebiet überflogen hatte. Der Pilot konnte gerade noch auf dem Flughafen landen, bevor der Jet auf die dicht besiedelte Stadt gestürzt wäre.

Weil der Papst nicht zu ihnen kommt, bezahlt die Kirche 60 Männern und Frauen aus dem Osten die Reise nach Kinshasa, wo sie den Heiligen Vater treffen. Sie sollen ihm stellvertretend für Millionen Vertriebene, und für Tausende Familien, die ihre Angehörigen verloren haben, ihr Leid klagen.

Dass der Besuch des Papstes den Menschen Frieden und bessere Lebensbedingungen bringt, ist allerdings zweifelhaft. Manuel Wollschläger, Landeschef der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Kinshasa, ist überzeugt: „Der Besuch dient vor allem dazu, das Selbstwertgefühl der armen Bevölkerung zu stärken“.

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