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Die anhaltende Dürre in Uruguay hat zu einer erheblichen Versalzung des Trinkwassers in Montevideo und im Ballungsraum geführt.

© dpa/Santiago Mazzarovich

Wegen Dürre wird Flusswasser beigemischt: Uruguay hat nur noch für drei Wochen Trinkwasser 

Durch den extremen Trinkwassermangel kommt es in Uruguay zu Rationierungen und Protesten. Schuld an der Situation sind vor allem das Missmanagement der Regierung und der Klimawandel.

Wenn Federico Kreimerman zu Hause in Uruguay dieser Tage den Wasserhahn aufdreht, tropft daraus eine salzige Brühe, und im Wassertopf, in dem er seine Frühstückseier kocht, bleibt eine weiße Kruste zurück.

Das kleine Land am Silberfluss, dem Rio de la Plata, leidet seit drei Jahren unter einer Jahrhundertdürre. Besonders schlimm ist es in der Hauptstadt Montevideo, wo knapp die Hälfte der Bevölkerung lebt. Uruguay ist theoretisch kein regenarmes Land. Die durchschnittliche Niederschlagsmenge liegt bei 1281 mm im Jahr; in Deutschland sind es nur rund 700.

Doch nun sind die beiden wichtigsten Wasserreservoirs am Fluss Santa Lucia, die 60 Prozent der Bevölkerung versorgen, gerade noch zu fünf Prozent gefüllt. Das reicht bei anhaltendem Verbrauch und ausbleibendem Regen für drei Wochen.

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„Man kann es schlucken“

Der staatliche Wasserversorger (OSE) hat angefangen, im zentralen Stadtpark von Montevideo nach Trinkwasser zu bohren, und ist dazu übergegangen, es mit dem Flusswasser aus dem Rio de la Plata zu mischen.

Es ist kein Trinkwasser, aber man kann es schlucken.

Robert Bouvier, uruguayischer Umweltminister

Doch das von Industrie, Pestiziden und Düngemitteln verseuchte Flusswasser aufzubereiten ist teuer – es hat eigentlich zu hohe Natrium- und Chloridwerte. Umweltminister Robert Bouvier sagte dazu der Presse: „Es ist kein Trinkwasser, aber man kann es schlucken.“

OSE meldete vorige Woche, dass in einer der Hauptleitungen nach Montevideo 448 Milligramm Natrium und 734 Milligramm Chlorid pro Liter gemessen wurden. Das liegt über den vom Gesundheitsministerium festgelegten Grenzwerten und ist vor allem für Babys, Kleinkinder und ältere Menschen mit chronischen Krankheiten ein Risiko.

Ihnen empfahl die Gesundheitsbehörde, auf abgefülltes Wasser umzusteigen. Das erhöhte den Absatz von Flaschenwasser im Mai laut Statistiken um 30 Prozent.

Südamerikas „Schweiz“ ist in Aufruhr

Uruguay, das aufgrund seiner politischen Stabilität und der überschaubaren Fläche auch gerne die „Schweiz Südamerikas“ genannt wird, ist seither in Aufruhr: 56 Prozent der Bevölkerung verzichten laut einer Umfrage auf den Konsum von Leitungswasser – in einer Stadt, die früher eines der besten Leitungswasser in ganz Südamerika hatte.

56
Prozent der uruguayischen Bevölkerung verzichtet aus Sicherheitsgründen auf Leitungswasser.

Es kam zu Hamsterkäufen von Wasserflaschen in den Supermärkten, zu Rationierungen, Preiserhöhungen und zu zahlreichen Protesten. „Es ist nicht die Dürre, wir werden ausgeplündert“, riefen erboste Demonstranten. „Die Regierung gibt keine wirklichen Antworten auf die Krise“, kritisierte Kreimerman, Vorsitzender der linken Gewerkschaft der Wasserwerke. 

 Für Wasser, für das Leben“: In Uruguay wird gegen den Trinkwasser-Mangel protestiert.
Für Wasser, für das Leben“: In Uruguay wird gegen den Trinkwasser-Mangel protestiert.

© dpa/Santiago Mazzarovich

Der konservative Präsident Luis Lacalle Pou setzte daraufhin die Importsteuern auf Wasserflaschen aus und versuchte, die Bevölkerung zu beschwichtigen. Die Wasserversorgung werde nicht eingestellt, versprach er – und verwies auf geplante Projekte wie eine aus den USA importierte Entsalzungsanlage. Seine Vorgänger hätten Investitionen verschlafen, kritisierte er.

Die linke Frente Amplio, die von 2005 bis 2020 regierte, verwies auf den von ihr geplanten zweiten Staudamm zur Wasserversorgung von Montevideo, für den sie 100 Millionen US-Dollar bereitgestellt hatte.

Die Regierung gibt keine wirklichen Antworten auf die Krise.

Federico Kreimerman, Vorsitzender der linken Gewerkschaft der Wasserwerke (OSE)

Dieses Projekt wurde jedoch von Lacalle Pou verworfen. Er vergab stattdessen eine Konzession an private Investoren zur Wassergewinnung aus dem Rio de la Plata für 210 Millionen US-Dollar. Der Bau wurde aber noch nicht begonnen.

Parteiübergreifendes Missmanagement

Umweltschützer und Wissenschaftler sehen jedoch ein parteiübergreifendes Problem des Missmanagements.

„Die Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft entlang des Santa Lucia, die Zerstörung von Pufferzonen und Feuchtgebieten und eine zu hohe Wasserentnahme spielen eine Rolle“, sagt Marcel Achkar, Forscher am Institut für Ökologie und Umweltwissenschaften der staatlichen Universität der Republik.

Unter der Linksregierung begann vor über einem Jahrzehnt der Sojaboom; außerdem wurden zwei Lizenzen für Papierfabriken vergeben, die einen Teil des fruchtbaren Weidelandes in durstige Eukalyptus- und Kiefermonokulturen verwandelt haben.

Die Mehrheit der Menschen in Uruguay verzichtet auf Wasser aus dem Hahn und steigt auf abgefülltes Wasser um.
Die Mehrheit der Menschen in Uruguay verzichtet auf Wasser aus dem Hahn und steigt auf abgefülltes Wasser um.

© dpa/Santiago Mazzarovich

Soja und Holz sind inzwischen die wichtigsten Exportprodukte nach Rindfleisch. „Wir müssten Monokulturen im Quellbereich der Flüsse verbieten, und private Stauseen, intensive Viehwirtschaft und Bodennutzung regulieren“, fordert Achkar. 

Zum Wasser-Missmanagement kommt der Klimawandel hinzu, verursacht vor allem durch die Abholzung des Amazonas, der in ganz Südamerika mittels der „fliegenden Flüsse“, den Wolkenmassen über dem Regenwald, das Klima reguliert.

In den letzten vier Monaten des Jahres 2022 fielen in Südamerika nur noch halb so viele Niederschläge wie im Durchschnitt.

Das führt von Chile über Argentinien und Südbrasilien bis Uruguay und Bolivien zu schlechteren Ernten, Wasserrationierung und höherem Stromverbrauch durch Klimaanlagen. 

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