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Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz.

© imago/Jürgen Heinrich/imago/Jürgen Heinrich

G7-Außenminister fordern Aufklärung: Verfassungsschutzchef Haldenwang glaubt beim Zeitpunkt von Nawalnys Tod nicht an Zufall

Das Entsetzen nach dem Tod von Kreml-Kritiker Nawalny ist groß. Verfassungsschutzchef Haldenwang schließt nicht aus, dass der Zeitpunkt gezielt gewählt wurde. Und damit ist er nicht allein.

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, hält eine Beteiligung des russischen Staats am Tod des Kremlgegners Alexej Nawalny für möglich. „Die Tötung von Menschen, die in Opposition zu Putin stehen, Regimekritiker, Widersacher, gehört durchaus zum Werkzeugkasten russischer Dienste“, sagte Haldenwang am Samstag Welt TV.

Auch eine Verbindung zur Münchner Sicherheitskonferenz an diesem Wochenende schloss Haldenwang nicht aus. Man kenne die genauen Todesumstände Nawalnys nicht. „Aber es fällt schwer, hier in diesem Zusammenhang mit der Münchner Sicherheitskonferenz an einen Zufall zu glauben.

Klitschko: Zeitpunkt „kein Zufall“

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko macht den russischen Präsidenten Wladimir Putin für den Tod von Alexej Nawalnys verantwortlich und auch er hält den Zeitpunkt unmittelbar vor der Münchner Sicherheitskonferenz nicht für einen Zufall. Als derjenige, der als Präsident alle Entscheidungen in Russland treffe, trage Putin die Verantwortung für den Tod Nawalnys, sagte Klitschko der Deutschen Presse-Agentur am Rande der Sicherheitskonferenz. Damit zeige sich nochmals das wahre Gesicht der russischen Politik. „Das ist eine Diktatur“, sagte Klitschko. Wer dort nicht einer Meinung mit Putin sei, werde ermordet oder ins Gefängnis gesteckt.

Nawalnys Sprecherin hatte dessen Tod am Samstagmorgen unter Berufung auf Nawalnys Mutter Ljudmila Nawalnaja bestätigt. Nawalnaja sei in das Straflager im Norden Russlands gereist und habe dort die Todesnachricht erhalten. Der 47-Jährige soll demnach am 16. Februar um 14.17 Uhr Ortszeit (10.17 Uhr MEZ) gestorben sein.

Nur drei Stunden später begann die Münchner Sicherheitskonferenz, an der auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj teilnimmt - unter anderem, um sich mit seinen westlichen Verbündeten zu treffen. „Ich glaube, das ist kein Zufall“, sagte Klitschko.

Der Kiewer Bürgermeister und frühere Profiboxer hofft, dass nun auch der Widerstand gegen Putin in Russland wächst. „Alle haben Angst, etwas dagegen zu sagen“, räumte er zwar ein. Es gebe aber „eine kritische Masse“, die Angehörige in diesem Krieg verloren habe und unzufrieden mit der Regierung Putins sei. Die könnte nicht schweigen.

Er wurde zu Unrecht für legitime politische Aktivitäten und seinen Kampf gegen Korruption verurteilt.

Erklärung von Italien im Namen der G7-Außenminister

Die G7-Außenminister forderten indessen Russland auf, die Umstände von Nawalnys Tod vollständig aufzuklären. „Er wurde zu Unrecht für legitime politische Aktivitäten und seinen Kampf gegen Korruption verurteilt“, hieß es in einer von Italien veröffentlichten Erklärung. Das Land hat derzeit den Vorsitz der Gruppe inne. Die Außenminister und -ministerinnen von Großbritannien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan und den USA trafen sich am Rande der Sicherheitskonferenz in München.

Stoltenberg kritisiert China

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg übte derweil scharfe Kritik an der Sicht der chinesischen Regierung auf den Tod des Kremlgegners Alexej Nawalny. Man habe heute gesehen, dass der Außenminister den Fall als eine innere Angelegenheit Russlands ansehe, sagte der Norweger am Samstag am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz.

Fakt sei aber, dass es sich nicht um eine innere Angelegenheit handele, weil der Tod Nawalnys Resultat des Handelns des autoritären Regimes in Moskau sei. „Nawalny wurde vom russischen Regime zu Unrecht verhaftet, brutal vergiftet und letztlich zum Tode verurteilt, weil er den Mut hatte, sich gegen Putin zu stellen“, sagte Stoltenberg.

Der Norweger fügte hinzu, dass aus seiner Sicht eine Unterstützung der Ukraine der beste Weg sei, um das Andenken an Nawalny zu ehren. „Und wieder gibt es eine Verknüpfung mit China, weil China nicht in der Lage war, die brutale Invasion Russlands in der Ukraine zu verurteilen“, kritisierte Stoltenberg.

Der Generalsekretär der Nato warnte zudem davor, den Krieg von Russlands Präsident Wladimir Putin in der Ukraine als vor allem europäisches Problem zu sehen. „Je erfolgreicher Putin in der Ukraine ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass Präsident Xi Gewalt gegen Taiwan anwenden wird“, sagte er mit Blick auf den chinesischen Staatschef Xi Jinping. Man müsse verstehen, dass die Themen miteinander verbunden seien. Die Nato müsse sich auch mit den von China ausgehenden Herausforderungen beschäftigen.

Großbritannien will wegen des Todes von Nawalny Maßnahmen ergreifen. „Es sollte Konsequenzen geben, wenn solche entsetzlichen Menschenrechtsverletzungen stattfinden“, sagt Außenminister David Cameron dem Sender Sky News. Großbritannien prüfe, ob einzelne Personen dafür verantwortlich seien und ob individuelle Maßnahmen ergriffen werden könnten.

Einzelheiten will Cameron nicht nennen. Er werde darüber mit seinen Amtskollegen aus der Gruppe der sieben führenden westlichen Industrienationen (G7) und anderer Länder auf der Münchner Sicherheitskonferenz sprechen. Die britische Regierung hatte am Freitag einen Vertreter der russischen Botschaft einbestellt, um deutlich zu machen, dass sie die russischen Behörden für den Tod Nawalnys in einem Straflager „voll verantwortlich“ mache. (Reuters, dpa)

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