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Eva Kaili mit Ehemann Francesco Giorgi.

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Update

Korruptionsskandal im EU-Parlament: Kailis Lebensgefährte legt offenbar Geständnis ab

Der Lebensgefährte der griechischen EU-Abgeordneten Kaili ist laut Medienberichten geständig. Unterdessen geraten Abgeordnetenkontakte mit Drittstaaten zunehmend ins Visier.

| Update:

In der Korruptionsaffäre im Europaparlament soll der Lebensgefährte der griechischen EU-Abgeordneten und Ex-Vizepräsidentin Eva Kaili ein Geständnis abgelegt haben. Francesco Giorgi habe zugegeben, Teil einer Organisation gewesen zu sein, die von Katar und Marokko benutzt worden sei, um sich in europäische Angelegenheiten einzumischen, berichten die Zeitungen „Le Soir“ und „La Repubblica“.

Nach den Durchsuchungen der belgischen Justizbehörden im EU-Parlament gerät zunehmend der Unterausschuss für Menschenrechte in den Fokus, der früher von dem ehemaligen EU-Abgeordneten Pier Antonio Panzeri geleitet wurde. Kailis Lebensgefährte beschuldigt ihn den Zeitungsberichten zufolge, Kopf der mutmaßlichen Organisation gewesen zu sein.

Giorgis eigene Rolle sei gewesen, Bargeld zu verwalten, heißt es den Berichten zufolge weiter in der Aussage. Er sagte demnach, dass zwei Abgeordnete von Panzeri Geld erhalten hätten. Panzeris Anwalt antwortete auf „Le Soir“-Anfrage, er verfüge nicht über diese Informationen.

Der Italiener Panzeri hatte nach seinem Ausscheiden aus dem EU-Parlament in Brüssel die Nichtregierungsorganisation „Fight Impunity“ gegründet, die sich laut eigenen Angaben weltweit für Menschenrechte einsetzt. Er ist wie Kaili und Giorgi einer von vier Verdächtigen, denen die „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption“ vorgeworfen wird.

„Le Soir“ berichtete auch, Giorgi habe den Europaabgeordneten Andrea Cozzolino , für den er im Parlament arbeitete, sowie den belgischen Europaabgeordneten Marc Tarabella beschuldigt, durch Panzeri Geld erhalten zu haben. Belgische Ermittler hatten am Wochenende Tarabellas Privaträume durchsucht. Sein Anwalt sagte „Le Soir“, Tarabella streite ab, jemals auch nur „die geringste Summe“ von jemandem erhalten zu haben.

EU-Parlament will U-Ausschuss einsetzen

Sechs Tage nach der Festnahme der griechischen EU-Abgeordneten Eva Kaili sprach sich das Europaparlament am Donnerstag in einer Resolution für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses aus – auch eine Aufhebung ihrer Immunität steht im Raum. Das Gremium soll den Skandal um eine mögliche Einflussnahme des Emirats Katar auf Entscheidungen im EU-Parlament aufarbeiten, sobald die laufenden Justizermittlungen abgeschlossen sind. Zudem werden alle Beschlüsse der Straßburger Kammer zu Katar vorerst auf Eis gelegt.

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Der Untersuchungsausschuss soll klären, ob die Regeln des EU-Parlaments zur Transparenz und Korruptionsbekämpfung ausreichend sind. EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola kündigte ein „Verbot aller inoffiziellen Freundschaftsgruppen, eine Überprüfung der Einhaltung unseres Verhaltenskodexes und eine gründliche Überprüfung unserer Beziehungen zu Drittländern“ an.

Über die Freundschaftsgruppen im EU-Parlament halten Parlamentarier Kontakte mit Drittstaaten. Diese Gruppen, die mitunter von Lobbyisten oder ausländischen Regierungen finanziert werden, sind keine offiziellen Gremien des Parlaments. Wenn solche Gruppen ins Ausland reisen, genießen sie keinen offiziellen Status. Die EU-Vertretungen vor Ort bieten ihnen daher nicht die Unterstützung, wie sie den ständigen Delegationen des Europaparlaments gewährt wird. Diese Gruppen stimmen sich nicht mit den Ausschüssen ab und können nicht im Namen des EU-Parlaments sprechen.

Auch zwischen dem Emirat Katar und dem EU-Parlament gibt es eine Freundschaftsgruppe. Nach eigenen Angaben will diese Gruppe das Ziel erreichen, „die Beziehungen zwischen Mitgliedern des EU-Parlaments und unseren Ansprechpartnern aus Katar zu fördern und zu stärken“. Kaili war Ende November im EU-Parlament durch eine Rede aufgefallen, in der sie die Fortschritte Katars bei den Arbeitsrechten lobte.

Wir brauchen eine strengere und unabhängigere Durchsetzung der Regeln.

Timo Lange vom Berliner Büro des Vereins Lobbycontrol

Nach Angaben aus belgischen Justizkreisen wurden in der Wohnung der griechischen Abgeordneten und ihres ebenfalls festgenommenen Lebensgefährten 150.000 Euro gefunden. Bei ihrem Vater wurden weitere 750.000 Euro in Brüssel sichergestellt. Die inzwischen als Vizepräsidentin des EU-Parlaments entmachtete Kaili ließ über ihren Anwalt ausrichten, mit dem Geld nichts zu tun zu haben.

Ursprünglich wollte die christdemokratische EVP-Fraktion bei der Abstimmung am Donnerstag einen Antrag einbringen, demzufolge die Rolle von Nichtregierungsorganisationen in Brüssel stärker untersucht werden soll. Vor der Abstimmung zog die EVP ihren Änderungsantrag aber wieder zurück, da sich weder Sozialdemokraten noch Grüne, Liberale und Linke dem Vorstoß anschließen wollten.

„NGOs sind im Kern dieses Skandals, sie waren die Eintrittstür. Sie können eine Grauzone bilden, die geeignet ist, Geldströme zu verschleiern“, sagte EVP-Fraktionschef Manfred Weber am Donnerstag. „Deshalb müssen wir über Regeln für NGOs sprechen, und es ist irritierend, dass ausgerechnet die sozialdemokratische Fraktion sich weigert, dies zu tun“, sagte der CSU-Politiker weiter.

Die Ansichten darüber, wie weit die Affäre im EU-Parlament geht, gehen auseinander. Die Organisation Transparency International prangerte eine „Kultur der Straffreiheit“ im EU-Parlament an. So weit will man beim Verein Lobbycontrol nicht gehen. Timo Lange vom Berliner Büro von Lobbycontrol sagt aber auch: „Wir brauchen eine strengere und unabhängigere Durchsetzung der Regeln des EU-Parlaments. Die Abgeordneten müssen stärker als in der Vergangenheit dazu kommen, ihre finanziellen Interessen offenzulegen.“

Den EU-Abgeordneten ist über die Parteigrenzen hinweg bewusst, dass mit dem Skandal um Kaili die Glaubwürdigkeit des gesamten Parlaments auf dem Spiel steht. So erklärte die SPD-Abgeordnete Birgit Sippel am Donnerstag, dass es zwar Einzelpersonen seien, die mit den Bestechungsvorwürfen konfrontiert sind. Man sei sich unter den Abgeordneten aber im Klaren darüber, „dass individuelle Handlungen den Ruf des Parlaments als Ganzes schwer beschädigen“, fügte sie hinzu. Der Prozess, um Transparenz und Rechenschaftspflicht zu verbessern, „beginnt jetzt und kann nur der Anfang sein“, so Sippel.

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