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Aufnahmen zeigen brennende Zelte in Rafah im südlichen Gazastreifen.

© REUTERS/REUTERS TV

Update

Nach israelischem Luftangriff auf Zeltlager: Massive Kritik an Israels Militäroffensive in Rafah – mindestens 45 Menschen sterben

Dem Roten Halbmond zufolge hat Israel ein Flüchtlingslager angegriffen. Arabische Staaten verurteilen den Angriff, Israel will den Vorfall untersuchen. Auch die EU und Deutschland reagieren.

Bei einem israelischen Luftangriff in der Stadt Rafah im Gazastreifen sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde 45 Menschen getötet und Dutzende verletzt worden. Die Behörde sprach in der Nacht zum Montag von einem „Massaker“. Unter den Toten seien 23 Frauen, Kinder und ältere Menschen. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Auch das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA zeigte sich entsetzt von dem Angriff. „Gaza ist zur Hölle auf Erden geworden. Die Bilder von gestern Nacht sind ein weiterer Beleg dafür“, erklärte UNRWA. 

Das israelische Militär bestätige auf der Plattform X, dass es einen Luftangriff auf ein Gelände der islamistischen Hamas gegeben habe. Neben Jassin Rabia, dem maßgeblichen Kopf hinter den Terroraktivitäten der Islamistenorganisation im Westjordanland, sei auch das ranghohe Hamas-Mitglied Chaled Nagar getötet worden. Der Luftangriff sei im Einklang mit internationalem Recht erfolgt, erklärte das Militär weiter. Die Berichte, dass infolge des Luftangriffs ein Feuer ausgebrochen sei, bei dem Unbeteiligte zu Schaden gekommen seien, würden überprüft.

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Die oberste israelische Militärstaatsanwältin Jifat Tomer-Jeruschalmi bezeichnet den Luftangriff auf Rafah mit vielen zivilen Toten als „sehr schwerwiegend“. Die Einzelheiten würden noch untersucht. Man sei entschlossen, mit größter Sorgfalt vorzugehen, sagt sie auf einer von der Israelischen Anwaltskammer ausgerichteten Konferenz. „Die Streitkräfte bedauern jeglichen Schaden an Nichtkombattanten während des Krieges.“

Der Rote Halbmond erklärte, das getroffene Gebiet sei eine der ausgewiesenen humanitären Zonen für jene Menschen, die wegen der israelischen Kampfhandlungen zur Evakuierung gezwungen gewesen seien. In sozialen Medien kursierten Videos, die zeigten, wie Leichen aus brennenden Zelten geborgen wurden. Nach Angaben des Palästinensischen Roten Halbmonds wurden bei dem Angriff Zelte geflüchteter Zivilisten getroffen. 

Palästinenser suchen nach einem israelischen Angriff auf ein Gebiet für Vertriebene in Rafah im südlichen Gazastreifen nach Lebensmitteln in den verbrannten Trümmern.

© REUTERS/MOHAMMED SALEM

Arabische Staaten verurteilen Angriff

Mehrere arabische Staaten haben den israelischen Luftangriff auf ein Zeltlager in Rafah im südlichen Gazastreifen aufs Schärfste verurteilt. Israels „absichtliche Bombardierung der Zelte der Geflüchteten“ stelle einen „neuen und eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht“ dar, kritisierte das ägyptische Außenministerium am Montagmorgen. Jordanien verurteilte die „eklatante Missachtung der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs“ scharf. Der Internationale Gerichtshof (IGH) hatte Israel am Freitag verpflichtet, den Militäreinsatz in Rafah unverzüglich zu beenden.

Das Außenministerium in Amman bezeichnete den jüngsten Angriff als „abscheuliches Kriegsverbrechen der israelischen Besatzungstruppen im Gazastreifen“.

Der Vermittlerstaat Katar zeigte sich besorgt, dass der Angriff die Bemühungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg behindern könnte. Das Außenministerium in Doha forderte die internationale Gemeinschaft auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um das „Verbrechen eines Völkermords“ zu verhindern. Aus Kuwait kamen ähnlich scharfe Worte. Das dortige Außenministerium verurteilte den Angriff aufs Schärfste.

Bundesregierung will Untersuchung abwarten

Die Bundesregierung geht davon aus, dass es einen Fehler der israelischen Seite gegeben habe. Regierungssprecher Steffen Hebestreit wies am Montag in Berlin darauf hin, dass die Untersuchungen in Israel noch liefen, ob es sich um einen gezielten Angriff gehandelt habe. „Auf alle Fälle ist ein Fehler passiert, das kann man jetzt schon sagen“, fügte er hinzu. Es müsse noch die Frage der Motivation für den Angriff geprüft werden.

Auf Nachfragen sagte Hebestreit: „Der Schluss, ob das ein Kriegsverbrechen ist im Sinne des Völkerrechtes, das ist etwas, was man Juristen überlassen muss, die die genauen Sachverhalte kennen.“ Sollte es Belege für ein solches Verbrechen geben, werde die Bundesregierung dies auch sicherlich verurteilen. Der Regierungssprecher mahnte: „Erst mal untersuchen, was genau passiert ist, und dann urteilen. Und nicht anhand von Bildern sofort ein Urteil fällen.“

Der französische Präsident Emmanuel Macron, der gerade auf Deutschlandreise ist, schrieb auf „X“, er sei „empört“ über die jüngsten israelischen Angriffe: „Diese Operationen müssen aufhören. Es gibt keine sicheren Gebiete in Rafah für palästinensische Zivilisten.“

EU-Außenbeauftragter fordert Stopp der Angriffe auf Rafah

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell forderte Israel auf, unverzüglich die Angriffe auf Rafah zu stoppen. Die Anordnung des Internationalen Gerichtshofs (IGH), die Stadt im Süden des Gazastreifens wegen einer drohenden humanitären Katastrophe nicht einzunehmen, müsste umgesetzt werden. Die EU-Außenminister beraten in Brüssel unter anderem die Folgen aus dem Gerichtsentscheid und die Frage der Anerkennung eines Palästinenserstaates.

„Wir müssen nicht nur Respekt zollen, sondern auch die Umsetzung der Entscheidung des Gerichts fordern“, sagte Borrell am Montag vor einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. Es sei „wirklich ein Dilemma, wie die internationale Gemeinschaft (...) die Umsetzung der Entscheidung erzwingen“ könnte.

Deutschland stellt unterdessen weitere 39 Millionen Euro an humanitärer Hilfe für den Gazastreifen zur Verfügung. Das verlautet aus Delegationskreisen am Rande von Beratungen der EU-Außenministerinnen und Außenminister in Brüssel. Das Geld soll demnach vor allem in die Gesundheitsnothilfe in Gaza und in die Bekämpfung von Krankheitsausbrüchen wie etwa Cholera fließen. Umgesetzt wird dies mithilfe internationaler Organisationen wie etwa der Weltgesundheitsorganisation WHO. (dpa, AFP, Reuters)

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