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International Friday/ ATACMS being launched by an M270

© Fotos: Imago/U.S. Army/Avalon/freepik/Montage: Tagesspiegel

Thank God It’s International Friday 14: Langstreckenziel Frieden?

Die Themen der Woche: Bringt Bidens Rakten-Go die Wende im Ukraine-Krieg? | Haftbefehl gegen Netanjahu und Gallant | Mileis Geschenk für Meloni

Anja Wehler-Schöck
Eine Kolumne von Anja Wehler-Schöck

Stand:

Thank God It’s International Friday! Willkommen zur heutigen Ausgabe des TGIIF, dem internationalen Newsletter des Tagesspiegels bei LinkedIn. Hier können Sie ihn kostenlos abonnieren.

Wenig überraschend hege ich eine Leidenschaft für Fragen internationaler Politik. Und in Zeiten wie diesen empfinde ich eine umso größere Dankbarkeit, mich ihnen täglich widmen zu dürfen. Eine willkommene Ablenkung angesichts der politischen Misere in Deutschland. Gedanken zur deutschen Kanzlerschaft werden Sie hier also vergeblich suchen – dafür aber viele zu anderen weltbewegenden Themen finden (die zugegebenermaßen auch nicht gerade erbaulich sind).

Ukraine-Krieg: Bringt Bidens Raketen-Go die Wende?

US-Präsident Joe Biden hat mit der Freigabe der amerikanischen ATACMS-Raketen für russische Ziele diese Woche zweifellos eine neue Dynamik in den Ukraine-Krieg gebracht. Auch britische „Storm Shadow“-Marschflugkörper soll die Ukraine in den vergangenen Tagen gegen russische Ziele eingesetzt haben.

Leider kommt dieser Schritt der westlichen Partner der Ukraine sehr spät – vielleicht zu spät. „Es gab viele unnötige Verzögerungen“, hat der US-Militärexperte Greg Melcher in unserem Gespräch vergangene Woche kritisiert. „Warum nicht gleich? So viele ukrainische Menschenleben sind dafür geopfert worden.“ Der Biden-Administration wirft Melcher mit Blick auf die ukrainische Kriegsführung Mikromanagement vor. Und so ist die Freigabe der US-Raketen auch beileibe keine grundsätzliche, sondern bezieht sich konkret auf das russische Grenzgebiet Kursk.

Putins Drohungen gegen den Westen

Die russische Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Russland schoss eine ballistische Mittelstreckenrakete auf die ukrainische Stadt Dnipro und Putin drohte dem Westen. Der Krieg in der Ukraine trage nun einen „globalen Charakter“, behauptete er. „Wir sehen uns im Recht, unsere Waffen gegen militärische Objekte der Länder einzusetzen, die es zulassen, dass ihre Waffen gegen Objekte bei uns eingesetzt werden“, verkündete der russische Präsident am Donnerstagabend in einer Ansprache im Staatsfernsehen.

Bereits am Dienstag ließ er seine vor einiger Zeit angekündigte neue Nukleardoktrin in Kraft treten. Was Putin damit bezweckt, liegt auf der Hand. Er will dem Westen mit Blick auf die weitere Unterstützung ukrainischer Schläge gegen russische Ziele drohen. Was genau in der neuen Doktrin steht und wie die Änderungen zu bewerten sind, hat meine Kollegin Hannah Wagner hier für Sie aufgeschrieben.

„Putins Drohungen müssen ernst genommen werden“, sagt der australische Militärexperte und General a.D. Mick Ryan, AM. Die Lösung könne aber nicht sein, nun einzuknicken – im Gegenteil: „Wir sollten diesen Fehler nicht noch einmal machen und stattdessen in Abschreckungsfähigkeiten investieren“, betont er. Nur so könne sichergestellt werden, dass Putin seine Bedrohungsszenarien nicht in die Tat umsetzen könne.

Putins Spiel mit unserer Angst

„Putin hat kein Interesse an einem richtigen Krieg gegen die Nato“, hat Hannah Wagner, die bis vergangenen Mai als Korrespondentin in Moskau gearbeitet hat, diese Woche beim Tagesspiegel-Expertentalk gesagt. „Denn diesen Krieg kann er nicht gewinnen.“

Völkerrechts-Expertin Cindy Wittke warnte vor vorschnellen Verhandlungen. „Wir müssen die Ukraine militärisch dazu in die Lage versetzen, Russland an den Verhandlungstisch zu zwingen“, sagte sie. „Wenn wir jetzt über ein Einfrieren reden, belohnen wir den Aggressor Russland.“

„Nichts ist erfolgreicher als Erfolg“, betonte Verteidigungsexperte Nico Lange. Die Unterstützung der Menschen im Westen und in den Ländern des Globalen Südens werde wachsen, wenn die Ukraine mehr Erfolge verbuche. Falls Sie sich die ganze Diskussion zu 1000 Tagen Krieg in der Ukraine ansehen wollen, können Sie dies hier tun. 👇

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Krieg in Nahost: Das deutsche Dilemma

Dass der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) am Donnerstag gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und seinen ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant Haftbefehl erlassen hat, verschärft das Dilemma der deutschen Positionierung.

Es steht außer Frage, dass Israel sich gegen die Angriffe der Hamas und der Hisbollah verteidigen muss und darf. Dass die Selbstverteidigung noch im Verhältnis zur Angriffshandlung steht, so wie es völkerrechtlich vorgeschrieben ist, ist angesichts der vielen zivilen Opfer und Zerstörung inzwischen aber nur noch schwer zu bejahen.

Meine Kollegen Christian Böhme und Andrea Nüsse haben mit den Experten Matthias Goldmann, Leon Seidl, Kai Ambos und Simon Wolfgang Fuchs gesprochen. Lesen Sie hier, wie sie den Haftbefehl einordnen. 👇

Deutschland zählt zu den wesentlichen Architekten des Internationalen Strafgerichtshofs. Verhängt dieser einen Haftbefehl, sind die IStGH-Mitglieder zur Auslieferung der Person verpflichtet, sobald diese deutschen Boden betritt. Dass ein israelischer Politiker in Deutschland festgenommen wird, ist allerdings unvorstellbar.

Doch was bedeutet das für unseren Umgang mit völkerrechtlichen Verpflichtungen und den internationalen Gerichtshöfen, wenn wir deren Beschlüsse missachten? Mit dieser Frage wird sich die Bundesregierung nun intensiv befassen müssen. Wie schwer sie sich damit tut, könnte die heutige Pressemitteilung nicht besser vor Augen führen. Aus jedem Satz spricht ein qualvolles Ringen.
Weniger schwer tat sich dagegen der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán. Er reagierte prompt mit einer Einladung an Netanjahu nach Ungarn, und kündigte an, den Haftbefehl des IStGH zu ignorieren.

Xi Jinpings langer Arm: Von Hongkong bis Südamerika

Der chinesische Machthaber Xi Jinping war in den vergangenen Tagen auf Tour in Südamerika. In Peru weihte er den neuen Megahafen Chancay ein. Es ist der erste südamerikanische Hafen, der mehrheitlich von China kontrolliert wird. Wie Peking seinen Einfluss in der Region mit Projekten wie diesem weiter ausbaut, hat meine Kollegin Laura Dahmer hat für Sie aufgeschrieben.

In Hongkong ließ Xi Jinping indes 45 Aktivisten verurteilen, die 2020 eine demokratische Vorwahl organisiert hatten. Chinas Führung sieht darin eine „Verschwörung zum Umsturz“. Die nun verhängten Haftstrafen unterstrichen den Zusammenbruch der unabhängigen Justiz in Hongkong, schreibt Chloe Cheung von der Committee for Freedom in Hong Kong Foundation in ihrem Gastbeitrag im Tagesspiegel. „Sie senden eine abschreckende Botschaft an alle, die es wagen, die autoritäre Herrschaft infrage zu stellen: Es gibt keinen Raum für Widerspruch, egal wie friedlich oder prinzipientreu er ist.“

Cheung fordert den Westen auf, das Vorgehen der chinesischen Führung nicht nur rhetorisch zu verurteilen, sondern Maßnahmen zu ergreifen – zum Beispiel durch Sanktionen gegen Beamte, die sich an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig machten. 👇

Foto der Woche: Meloni und Milei

Ian Bremmer hat für mich den Schnappschuss der Woche entdeckt. Der argentinische Präsident Javier Milei überreicht darauf der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni beim G20-Gipfel in Rio eine Action-Figur von sich selbst. Der Mini-Milei kommt passenderweise mit Kettensäge. Denn die ist zum Symbol für die Kahlschlagpolitik des Argentiniers geworden. Lesen Sie dazu den spannenden Beitrag von Ariel Hauptmeier, der in Buenos Aires den Minister getroffen hat, der in Mileis Auftrag den argentinischen Staat radikal abbaut.

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Goodbye X, hello BlueSky

Apropos X. Der eXit ist in vollem Gange. BlueSky erlebt derzeit einen Boom. Nicht nur EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist seit dieser Woche dort mit ihrem eigenen Account vertreten. Auch beim Tagesspiegel waren wir nicht untätig und haben unsere Accounts auf Vordermann gebracht. Den Tagesspiegel-Starterpack gibt es hier. Mich finden Sie hier.

Nach den wenigen Tagen des aktiven Nutzens muss ich sagen: Meine Erfahrungen auf BlueSky sind bislang besser als auf Twitter in den besten Tagen. Twitter/X habe ich zuletzt kaum mehr ertragen – es war dort wenig mehr als Hetze zu lesen. Auf BlueSky enthält meine Timeline derzeit dagegen ausschließlich inhaltlich interessante und sachliche Posts. Ein wahrer Lesegenuss.

Das war’s von mir für heute. Was hat Sie diese Woche beschäftigt? Schreiben Sie’s mir. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. Bis nächsten Freitag!

Herzlich Ihre Anja Wehler-Schöck

P.S.: Vielen Dank an Bettina Seufert für die Graphik und an Malte Lehming fürs Feedback. Johannes Altmeyer an dieser Stelle einen wunderbaren, erholsamen Urlaub!

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