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Arbeiten im Park Plaza Berlin Kudamm Hotel. Das Haus öffnet seine Hotelbar für Leute, die nicht zu Hause oder im Büro arbeiten können oder wollen. Dezember 2021.

© Fanny Oppermann

Kaffee, Obst und Glühwein – ein etwas anderer Arbeitsplatz: Wie die Hotelbar zum Workspace wurde

Viele Hotels vermieten Zimmer als Alternative zum Homeoffice. Jetzt hat ein Haus auch die Bar für Büroarbeiter geöffnet. Ein Besuch.

Von Fanny Oppermann

Gleich hinter der Rezeption des Hotels „Park Plaza am Kudamm“ in der Joachimsthaler Straße liegt ein eher ungewöhnlicher Co-Working-Space. Wo sonst Hotelgäste ein wenig Entspannung suchen, wird neuerdings gearbeitet. Das Hotel hat seinen Bar-Bereich in einen Workspace umgewandelt. Seit Dezember kann man hier tagsüber an Tischen sitzen und arbeiten. An der Rezeption schnell den Impfausweis vorgezeigt (hier gilt 2G), schon kann man den Rechner hochfahren.

Drei kniehohe runde Glastische mit blauen gemütlichen Sesseln und drei größere weiße Tische mit gelben Stühlen stehen bereit. Die Atmosphäre ist lässig: Die Bar komplett in weiß, grünlicher Lampenschimmer, leise, entspannte Gitarrenmusik. Auf den Tischen liegen statt Bier- oder Cocktailgläsern Schreibblöcke, Stifte und Kaffeetassen. Zwei Männer in Anzügen sitzen sich gegenüber, trinken Kaffee und unterhalten sich leise. Vor ihnen stehen aufgeklappte Laptops, in die sie immer mal wieder etwas hineintippen.

Durch das Homeoffice sind viele isoliert und haben das Gefühl, mal wieder rauszumüssen.

Katja Hagenbucher, Managerin des Hotels Park Plaza am Kudamm

Die Idee, aus der Bar einen Workspace zu machen, kam Katja Hagenbucher, der Managerin des Hotels. Mitten im Lockdown, als viele ihrer Freund:innen zu Hause im Homeoffice saßen, merkte sie, wie angenehm es ist, einen Job zu haben, bei dem man auch weiterhin unter Menschen kommt. „Bei meiner Familie und auch in meinem Freundeskreis habe ich festgestellt, dass sie sehr oft durch Corona nun im Homeoffice sind. Dadurch sind sie sehr isoliert und haben manchmal das Gefühl, mal wieder rauszumüssen“, sagt Hagenbucher.

Wer im Hotel Park Plaza Berlin Kudamm arbeitet, bekommt Snacks und Getränke umsonst dazu.

© Fanny Oppermann

Zwar gibt es in vielen Hotels schon die Möglichkeit, in Hotelzimmern zu arbeiten, vor allem zu Corona-Zeiten ist dieser Trend in die Höhe geschossen und viele Hotels in Deutschland bieten schon „Homeoffice im Hotel“ an oder sogar extra Meeting-Räume. „Aber im Endeffekt ist man da dann auch wieder isoliert“, meint Hagenbucher. „Also haben wir uns gedacht, da tagsüber eher keine Gäste in der Bar sind, kann man sie über den Tag hinweg anderweitig nutzen.“

20 Euro kostet es, wenn man sechs Stunden lang im Workspace des Hotels arbeiten möchte, acht Stunden gibt es für 25 Euro. Buchen kann diese besonderen Arbeitsplatz jede:r. In dem Preis enthalten sind außer einer ruhigen und arbeitsfreundlichen Atmosphäre auch ein stabiler Internetzugang per W-Lan, unbegrenzter Nachschub von Kaffee oder Tee, Erfrischungsgetränken wie Limonade oder Apfelschorle und frisches Obst oder kleine Snacks als Nervennahrung während eines langen Arbeitstages. Der Service hat auch hier Hotelstandard – die Arbeitenden können sich selbst bedienen oder sagen Mitarbeiter:innen Bescheid, die dann am Platz servieren. Jetzt in der Adventszeit serviert das Hotel auch Glühwein gratis. Inwieweit die Bürogäste sich da noch auf ihre Arbeit konzentrieren können, steht auf einem anderen Blatt. Im Homeoffice misst aber auch kein Chef den Pegelstand.

Stefanie Tormöhlen, Gast zum Arbeiten im Park Plaza Berlin Kudamm Hotel.

© Fanny Oppermann

Immerhin lärmen hier keine Kinder, keine laute Musik des Nachbarn nervt, es herrscht eine gemütliche Atmosphäre und freundliche Menschen sitzen beieinander. Das wünschen sich viele, die im Homeoffice festsitzen. „Unser Angebot wird wahrscheinlich vor allem von Menschen, die Ruhe für die Arbeit brauchen, sehr gerne in Anspruch genommen. Oder eben auch von Singles, die nicht den ganzen Tag allein in der Wohnung sein wollen“, vermutet die Managerin. Aufgrund von Corona und der einzuhaltenden Abstände passen in den kleinen Barbereich aber aktuell nur fünf Arbeiter:innen. „Mehr würde ich auch nicht wollen, das wäre dann nicht nur die Hygienemaßnahmen betreffend kritisch, sondern auch einfach ungemütlich und zu laut. Wenn man mal telefonieren möchte, muss es dann ja auch dementsprechend ruhig sein“, erklärt Hagenbucher.

Normalerweise habe ich mich immer in irgendwelche Cafés gesetzt, aber so ist das natürlich viel praktischer.

Stefanie Tormöhlen, Gast in dem neuen Workspace

Wer also dem Homeoffice entfliehen möchte, kann entweder über die Website des Hotels per Mail einen Platz reservieren oder spontan vorbeikommen und schauen, ob noch etwas frei ist. Stefanie Tormöhlen ist begeistert von diesem Angebot. Die Vorstandsassistentin aus Köln ist seit ein paar Tagen beruflich in Berlin. Sie sitzt mit ihrem Tablet, einem Cappuccino und einer Schale Obst an einem Tisch am Fenster und beantwortet ihre Mails. „Normalerweise habe ich mich immer in irgendwelche Cafés gesetzt, wenn ich außerhalb von Köln gearbeitet habe, aber so ist das natürlich viel praktischer“, erzählt Tormöhlen. Gerade jetzt im November, wo es draußen nicht so angenehm ist, findet sie es „großartig“, im Hotel arbeiten zu können, aber eben nicht „allein oben im Zimmer, sondern unten im Workspace, wo ein bisschen was los ist“.

„Wenn es gut angenommen wird, können wir uns durchaus vorstellen, das Angebot auch nach Corona weiter anzubieten. Denn tagsüber sind unsere Hotelgäste in der Stadt unterwegs und es ist eher ruhiger im Barbereich“, erklärt Hagenbucher. Momentan ist die Bar sowieso wegen Corona geschlossen, wer also einen sehr langen Arbeitstag vor sich hat, „kann auf Anfrage natürlich auch länger bleiben“, sagt Hagenbucher. Dieses unaufwendige und simple Angebot ist nicht nur praktisch für die Gäste, sondern auch für das Hotel, das durch die Corona-Zeit lange nicht so ausgebucht ist wie sonst. Hagenbucher hofft, dass selbst wenn die Hotels wieder zumachen müssen oder eben niemand mehr in den Zimmern wohnt, weil das Reisen eingeschränkt ist, der Workspace offen bleiben kann.

Denn sie glaubt, dass dieses Angebot vielen die Lockdown-Zeiten erleichtern wird. Stefanie Tormöhlen jedenfalls ist von dem Konzept überzeugt: „Ich habe das gleich all meinen Freund:innen erzählt: Kommt her, der Kaffee schmeckt gut und man kann super entspannt arbeiten“, lacht sie und wendet sich wieder ihrer Arbeit zu – in der komfortablen und ruhigen Arbeits-Oase mitten in der Stadt.

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