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Kasper König, 2017 bei der Eröffnung der „Skulptur Projekte“ in Münster.

© dpa/Guido Kirchner

Kasper König zum 80. Geburtstag: Der Doyen unter den Ausstellungsmachern

Mit „Kritzeleien“ von Cy Twombly fing es an: Wie aus einem verblüfften Schüler einer der wichtigsten Impulsgeber für den Kunstbetrieb wurde.

Ein Talk in der Sammlung Hoffmann mit dem israelisch-deutschen Künstler Eran Schaerf, der dort seine Installation „Ailleurs“ präsentiert: Die Zuhörerschaft ist nicht groß, rund vierzig Gäste in dem eher privaten Rahmen, darunter auch Kasper König. Trotz diverser Kunsttermine in der Stadt muss man an diesem Abend in den Sophie-Gips-Höfen also richtig sein.

Etwas zerknittert sitzt er da, wie man ihn kennt, zerbeulte Hose, buntes Hemd, Hosenträger - typisch Kasper König eben. Und natürlich ist er mit der Hauptperson des Abends seit vielen Jahren bekannt. 2007 präsentierte der Ausstellungsmacher Eran Schaerf bei den „Skulptur Projekten“ in Münster.

So dürfte es vielen ergehen, fast wie beim Hasen und dem Igel. „Ick bün all hier!“ scheint Kasper König dem Kunstbetrieb zuzurufen, doch multipliziert er sich nicht wie in Grimms Märchen, sondern schafft es in Personalunion. Seit sechzig Jahren macht er das so.

Zum Ur-Erlebnis wurde für ihn ein Plakat im Eingang des Essener Folkwang-Museums, das er als Jugendlicher bei einem Klassenausflug besuchte. Es kündigte eine Cy Twombly-Ausstellung der Galerie Zwirner an. Zum Erstaunen des Schülers wurden darauf „Kritzeleien“ als Kunst deklariert, das reizte ihn sofort.

Als Volontär in der Galerie Zwirner

Wenig später stand er bei Rudolf Zwirner in der Tür und begann ein Volontariat bei dem Galeristen, der vom erleichterten Vater des schwer erziehbaren Jungen gleich alle Vollmachten übertragen bekam. Lange hielten es die beiden nicht miteinander aus. Bald stürmte Kasper König weiter in die Vereinigten Staaten, wo er durch die New Yorker Ateliers zog und Claes Oldenburg kennenlernte.

Da war aus Rudolf Hans, wie Königs Taufname lautete, längst Kasper geworden, weil ihm der Name kantiger erschien und er sich auf diese Weise der Einberufung zum Militär entziehen konnte. Und der Kunstwelt erwuchs eine ihrer markantesten Figuren, mit König formte sich der Beruf des Ausstellungsmacher heraus, als dessen Erfinder eigentlich der Schweizer Harald Szeemann gilt.

Von New York aus organisierte der 23-Jährige Claes Oldenburgs bahnbrechende Ausstellung 1966 im Moderna Museet in Stockholm und machte Europa mit der Pop-art bekannt. Seinen Bruder Walther, der eine Buchhandlung in Köln gegründet hatte, versorgte er derweil mit Katalogen der wichtigsten amerikanischen Galerien.

Einen Studienabschluss hat er zwar nie gemacht, lehrte aber zwischen 1972 und 1976 am Nova Scotia College of Art and Design im kanadischen Halifax und wurde 1985 zum Lehrstuhlinhaber für „Kunst und Öffentlichkeit“ an der Düsseldorfer Kunstakademie, wechselte dann als Professor an die Städelschule in Frankfurt am Main, wo er außerdem die Ausstellungshalle Portikus gründete.

Ein „Who is Who“ der Gegenwartskunst

Zu dem Zeitpunkt war König bereits einer der wichtigsten Impulsgeber und Vermittler des Kunstbetriebs. 1977 hatte er mit Klaus Bußmann die „Skulpturen Projekte“ in Münster gegründet, die seitdem der Kunst im öffentlichen Raum alle zehn Jahre eine wichtige Bühne bereitet. 1981 präsentierte er mit Laszlo Glozer in Köln die „Westkunst“, 1984 in Düsseldorf die Ausstellung „von hier aus“. Beide Teilnehmerlisten lesen sich heute wie das „Who is Who“ der Gegenwartskunst.

Die Kunst hat einen eigenen Zeitrhythmus, eine andere Dauer. Es kann tröstlich sein, sich mit ihr zu beschäftigen.

Kasper König, Ausstellungsmacher

Möglich wurde dies durch Kasper Königs besonderes Talent zu Künstlerfreundschaften, er kannte sie einfach alle. Und durch seine Begeisterung für die Kunst. Wen er in den vergangenen Jahrzehnten begleitete, lässt sich gerade in einer Ausstellung im Museum Ludwig ablesen, das er zwölf Jahre lang bis 2012 leitete. Dem Kölner Haus hat er die fünfzig Werke seiner Sammlung einfach geschenkt, darunter Richard Artschwager, Günter Brus, Hanne Darboven, Jenny Holzer, On Kawara, Edward Kienholz, Alan McCollum, Elaine Sturtevant, Donald Judd, viele Werke mit persönlichen Widmungen. „Die Kunst hat einen eigenen Zeitrhythmus, eine andere Dauer“, hat er im Interview mit dem Tagesspiegel einmal gesagt. „Es kann tröstlich sein, sich mit ihr zu beschäftigen.“

Von Köln wechselte Kasper König nach Berlin, nun als Privatier, aber immer noch als Macher, wie er zwei Jahre später mit der Wanderbiennale Manifesta in Sankt Petersburg erneut demonstrierte. Ein Balanceakt und damals bereits umstritten durch die verschärfte Gesetzgebung gegen Homosexuelle. König mag den Job auch deshalb angenommen haben, weil ihm die Leitung einer Documenta nicht vergönnt war. Seine Strippen zieht er weiterhin, nun von einem mit Büchern und Bildern herrlich vollgestopften Ladenlokal aus in der Kurfürstenstraße. Am heutigen Dienstag feiert er seinen 80. Geburtstag – und ist nach wie vor „all hier“.  

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