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Das „Kiezbad Am Stern“ in Potsdam.

© PNN / Andreas Klaer

Kiezbad in Potsdam öffnet wieder: Stadtverordnete bescheren Schubert eine Niederlage

Im Hauptausschuss haben die Kommunalpolitiker mit knapper Mehrheit und gegen das Votum des Oberbürgermeisters verfügt, dass die geschlossene Schwimmhalle Am Stern wieder öffnen muss.

Das Potsdamer Kiezbad Am Stern wird wieder öffnen. Die Stadtverordneten haben am Mittwoch im Hauptausschuss beschlossen, die wegen der Energiekrise verfügte Sparmaßnahme zurückzunehmen. Damit bescherten sie Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) eine Niederlage. Gegen die Öffnung stimmten einzig Schubert, die SPD und die Grünen - während ihr Partner in der Rathauskooperation, die Linke, die Mehrheit für den Beschluss maßgeblich organisierte. Unterstützung erhielten die Genossen dafür auch von CDU, der Fraktion Die Andere und dem Bürgerbündnis. Die Liberalen enthielten sich, die AfD war nicht anwesend.

Damit kann die Schwimmhalle mit rund 120.000 Nutzern pro Jahr vermutlich nach den Herbstferien wieder öffnen, sagte Sportdezernentin Noosha Aubel (parteilos) nach der Entscheidung. Zum Hochfahren der Halle benötige man vier bis sechs Wochen. Laut dem Beschlusstext sollen nun andere Sparmaßnahmen geprüft werden, etwa die Schließung von Saunen oder eine Kürzung der Rahmenarbeitszeit im Rathaus, damit dort weniger geheizt wird. Letzteres würde aber die Arbeit der Stadtverwaltung, auch mit Blick auf Homeoffice-Angebote, behindern und einschränken, warnte Hauptamtschef Dieter Jetschmanegg (SPD).

Schließung des Bades würde viel Energie sparen

Dezernentin Aubel wiederum rechnete vor, die Schließung des Kiezbads bringe insgesamt eine Einsparung von 870 Megawattstunden Fernwärme und Strom. Die Schließung der Saunen und ein weiteres Absenken der Wassertemperatur im Kiezbad und im Potsdamer Schwimmbad blu sparten nur rund 550 Megawattstunden, eine Schließung des Freizeitbereichs des blu zumindest 700 Megawattstunden. Allerdings würde Letzteres weitere finanzielle Einbußen für die Bäderbetriebe der ohnehin gebeutelten Stadtwerke bedeuten, so Aubel.

Die Dezernentin hatte zunächst einen Kompromiss angeboten: Möglich sei eine Wiedereröffnung des Kiezbads nach den Winterferien im Februar - je nach Gasmangellage könne man das im Dezember entscheiden. Außerdem wolle man den mehr als 150 Dauerkartenbesitzern für das Kiezbad anbieten, sich im Schwimmbad blu ihre Fahrtkosten erstatten zu lassen.

Doch das reichte Hans-Jürgen Scharfenberg von den Linken nicht. Es sei „absurd“, dass eine gerade sanierte Schwimmhalle geschlossen sei, noch dazu im finanziell schwächer gestellten Potsdamer Süden. Der CDU-Stadtverordnete Wieland Niekisch verwies auf soziale Funktionen: Ein Bad sei im Winter auch eine Aufwärmeinrichtung, die man vor dem Zu-Bett-Gehen besuchen könne.

Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg wiederum bemängelte, dass das Rathaus bisher keine Liste vorgelegt habe, welche Einsparmöglichkeiten es an anderer Stelle gäbe. Das war ursprünglich Mitte August zugesagt worden, als die Entscheidung, das Kiezbad zu schließen, um die Gasmangellage zu mindern, verkündet worden war. Oberbürgermeister Schubert sagte dazu auf PNN-Anfrage, diese Möglichkeiten seien noch nicht zu Ende abgestimmt. Laut Rathauschef spare auch die Biosphäre zehn Prozent Energie. Komplett herunterfahren könne man die Tropenhalle aber nicht, weil sonst die Pflanzen- und Tierwelt erfrieren würde: „Dann bekommen wir Probleme mit dem Tierschutz.“

Das sind eben Energiefresser.

Finanzdezernent Burkhard Exner (SPD)

Kämmerer Burkhard Exner (SPD) sprach in Bezug auf das geschlossene Bad von einer vergleichsweise milden Energiesparmaßnahme: „Das sind eben Energiefresser.“ Angesichts der miserablen Haushaltslage mit einem zweistelligen Millionendefizit werde man noch über ganz andere Konsolidierungsmaßnahmen reden müssen - insofern wäre ein Beschluss zur Wiedereröffnung ein „fatales Signal“, so Exner. Unter Verweis auf das Agieren Russlands sagte SPD-Fraktionschef Hagen Wegewitz: „Uns wurde wirtschaftlich der Krieg erklärt.“ Man werde den Beschluss zur Wiedereröffnung „noch bereuen“. Doch es nützte nichts.

Nach der Entscheidung herrschte der Grünen-Mann Andreas Walter die CDU-Vertreter an, die Union habe über Jahre die Wende zu mehr erneuerbaren Energien verhindert und sich zu sehr auf Gas verlassen.

Deutschlandweit debattieren Kommunalvertreter über den Umgang mit ihren Schwimmhallen und Thermen in der Energiekrise. So waren vielerorts bereits die Temperaturen - wie schon im Potsdamer blu - etwas heruntergeregelt worden. Zum Beispiel hatte in Bayern die Stadt Nürnberg im Sommer zeitweise drei von vier Hallenbädern geschlossen, die Stadtwerke in München fuhren ihre Saunalandschaften herunter. Auch in Bad Hersfeld (Hessen) wurde zuletzt bis auf Weiteres die örtliche Kurbad-Therme geschlossen - das Hallenbad dort blieb aber offen.

Der Deutsche Schwimm-Verband bangt daher bereits, dass man nach der Corona-Krise in die nächste große Notlage schlittere. Das gelte vor allem für den Vereinssport, sollten Bäder schließen müssen, sagte jüngst DSV-Leistungssportdirektor Christian Hausmann. Schwimmen sei auch ein Unterrichtsfach, das nicht ausfallen dürfe. Schwierig könne die Situation auch für Spitzenathleten werden, wenn die Temperaturen in den Becken zu tief seien: „Das Verletzungsrisiko steigt, Erkältungen häufen sich.“

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