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Die Schwejk-Zeichnungen von George Grosz werden bei der Vorstellung der Werke in der Akademie der Künste präsentiert.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Christus mit Gasmaske: Akademie der Künste erwirbt Schwejk-Zeichnungen von George Grosz

Wegen seiner Schwejk-Zeichnungen musste sich George Grosz vor Gericht verantworten. Jetzt gehören sie der Akademie der Künste – und sind bald in einer Ausstellung zu sehen.

Von Bernhard Schulz

Es war der größte Kunstskandal der Weimarer Republik. George Grosz, der vor allem mit seinen politischen Karikaturen hervorgetreten war, musste sich wegen einer Zeichnung, die Christus mit Gasmaske am Kreuz zeigt (Titel: „Maul halten und weiter dienen“), vor Gericht verantworten. Entstanden war die Zeichnung mit zahlreichen weiteren für das Bühnenbild der Inszenierung „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“, die Erwin Piscator Anfang 1928 im Theater am Nollendorfplatz herausbrachte.

Grosz und Wieland Herzfelde, der die Zeichnungen als Grafikmappe veröffentlicht hatte, standen den Prozess durch, der nach drei Jahren mit einem etwas verquälten Freispruch endete: keine Strafe für die Angeklagten, doch die Grafiken und Druckstöcke sollten „unbrauchbar“ gemacht werden.

Das geschah schlussendlich nicht, denn viele Jahre später tauchten die Zeichnungen im Nachlass des 1959, vor genau 65 Jahren in Berlin nach der Rückkehr aus dem amerikanischen Exil tödlich verunglückten Grosz wieder auf. Und nun gelang es, dreizehn Blätter für das Archiv der Akademie der Künste für runde 300.000 Euro zu erwerben, dank der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Kulturstiftung der Länder.

Grosz entkam nur knapp einem Mordkommando der SA

Die Erwerbung schließt nicht einfach eine Lücke im Grosz-Bestand der Akademie. Vielmehr stehen die Blätter mit dem Gasmasken tragenden Christus, dazu „Seid untertan der Obrigkeit“ und eine Vorstudie zur leider verschollenen Szene „Ausschüttung des heiligen Geistes“, im Zentrum des politischen Engagements von Grosz.

Die Schwejk-Zeichnungen von George Grosz werden bei der Vorstellung der Werke in der Akademie der Künste von Werner Heegewaldt (l), Direktor des Archivs der Akademie der Künste, und Rosa von der Schulenburg, Leiterin der Kunstsammlung der Akademie der Künste, präsentiert.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Der Prozess vor dem Charlottenburger Landgericht spitzte die unversöhnlichen Gegensätze der Weimarer Republik noch einmal zu; denn der Schwejk in der Bearbeitung des gleichermaßen links engagierten Piscator zielte auf den grassierenden Militarismus und die Verherrlichung des Ersten Weltkriegs. Grosz’ Darstellung der unverbesserlichen Kommissköppe und der ihnen ergebenen Richter und Pfaffen, dieses ganze „Gesicht der herrschenden Klasse“ hatte die wütendsten Proteste von Rechts zur Folge. Nach Hitlers Machtergreifung entkam der Künstler nur knapp einem Mordkommando der SA.

Piscators Inszenierung, die erstmals Film einschloss und einzelne Szenen auf Laufbändern abspulen ließ, muss eine der Sternstunden des Theaters der zwanziger Jahre gewesen sein. Fast nichts ist überliefert. Grosz hatte wohl um die 300 Zeichnungen für den damals noch recht einfach hergestellten Zeichentrickfilm im Hintergrund geliefert.

An der Dramatisierung des für unspielbar gehaltenen Romans von Jaroslav Hasek war auch Bertolt Brecht beteiligt. Diesem Trio, Brecht, Grosz & Piscator widmet das Kleine Grosz Museum in der Bülowstraße seine kommende Ausstellung (ab 4. Juli), in der die Erwerbungen der Akademie prominent Platz nehmen werden. Eine Sternstunde – auch für heute!

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