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Die Skulptur „Kalter Fluss“ (2013) stammt von Karl Horst Hödicke, links davon hängen von Jonas Hödicke die Bilder „Nachts sind alle Bäume grau“ (2018).

© Roman März

Familienausstellung: Hödicke hoch zwei

Erstmals stellt Jonas Hödicke Arbeiten gemeinsam mit seinem kürzlich verstorbenen Vater Karl Horst aus. Sie zeigen Berlin aus einem anderen Blickwinkel.

Das Feuerwerk sprüht rotgelb in die blaue Nacht, die Hausfassade schimmert und der nasse Bürgersteig spiegelt die Silhouetten der schwarzen Figuren: „Pallas, Happy New Year“. In der Ausstellung „Jonas Hödicke, Karl Horst Hödicke: Meine Stadt“ in der Werkstattgalerie Noack, die in Zusammenarbeit mit der König Galerie entstand, fällt der Blick sofort auf dieses Bild von Jonas Hödicke, das er kurz nach Neujahr 2024 gemalt hat, 260,5 x 200 Zentimeter groß.

Eine Momentaufnahme, die man auch hören kann. „Ich wollte ein Bild malen, das knallt. Feuerwerk haben weder mein Vater noch seine Schüler, die jungen Wilden, je gemalt“, erzählt Hödicke, Jahrgang 1984, bei einem Rundgang durch die Ausstellung. „Ich wollte immer mein eigenes Ding machen.“

Bislang lehnte Jonas Hödicke jede Doppelausstellung ab

Das ist dem Sohn wichtig. Eine Ausstellung zusammen mit dem berühmten, im Februar verstorbenen Vater Karl Horst Hödicke, das hatten vorher schon zwei Galeristen angeboten, doch Jonas Hödicke lehnte immer ab. „Ich signiere immer noch nur mit Jonas. Ich weiß doch, wie die denken“, sagt er. Und eigentlich sei er Bildhauer und kein Maler. Aber Hermann Noack konnte ihn überzeugen.

Wer die Ausstellung betritt, sieht Berlin-Bilder von Vater und Sohn. Und Skulpturen von beiden. Vater Hödicke hat es mit Eimern, sei es in der „Statue d’Oro“ aus gold lackierter Bronze (1990) oder in „Kalter Guss“ (2013), wo sich eine schwarze Masse wie Teer über den Boden ergießt. Auf derselben Wand links von der Skulptur hängt Jonas Hödickes Gemälde „Nachts sind alle Bäume grau“ (2018), ein grauer Baum als Silhouette vor einer roten, typischen West-Berliner Brandmauer. Das rote Licht kam aber nicht von der Abendsonne, sondern von den Neonlichtern einer Tankstelle, an der Hödicke vorbeikam, wenn er fertig mit Malen war. Er arbeite am liebsten nachts, sagt er.

Vater und Sohn verbinden Berlin-Motive

Gleich daneben hängt das kleine Format „Bülowbogen“ von 2019. Nur ein Ausschnitt, ein grüner Metallpfeiler der Hochbahn, oben ein Stück einer gelben U-Bahn, unten ein Ausschnitt eines gelben Busses, das reicht, um es als Berlin-Bild zu identifizieren. Gegenüber leuchtet „May Day“ (1992) von Karl Horst Hödicke, eine rot-schwarze Häuserfront, darüber wölbt sich ein roter Himmel. Hier nähern sich Vater und Sohn einander an, Kuratorin Gesa Zipp hat diese Gegenüberstellung klug gewählt.

Vom Vater hängt dort „kleine Baugrube“ (1995), ein ebenfalls kleineres Format, das rot-weiße Absperrlatten zeigt. Hier wird klar, dass Vater und Sohn oft ähnliche Motive wählen, doch während Karl Horst Hödicke im Vergleich eckiger und näher an der Abstraktion malt, wirken die Bildelemente beim Sohn weicher und etwas realistischer. Letzterer wollte seine Berlin-Bilder erst gar nicht ausstellen. Ursprünglich malte er sie nur für sich, um sich von seiner Bildhauerei zu erholen. Etwa nach der Schaffung fragiler Drahtfiguren, die um einen Kern im Innern gewickelt sind.

Posthumes Vermächtnis

Zum Gießen viel zu kompliziert, hat Jonas Hödicke sie selbst mit Wachsstäben geformt und in Aluminium gegossen. Jede Figur wird so zum Unikat, die Gusskanäle hat er belassen. Die Bronzefiguren haben so einen Kern, der umwickelt wird, damit man sie besser gießen kann.

Die Berlin-Bilder sind eine Vergewisserung von Hödickes Kindheit und Jugend. Nach dem Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie, unter anderem bei Markus Lüpertz, kehrte er aus dem Rheinland nach Berlin zurück. Hier fotografiert und malt er Orte, die für ihn wichtig waren, etwa eine Parkbank. „Wir wollten damals nichts wie raus“, erinnert er sich lächelnd, die Kids heute hängen lieber am PC. Mit seinem Vater habe er viel über Kunst und Malerei diskutiert, es seien wertvolle Gespräche gewesen. „Er war davon überzeugt, dass ich meinen Weg gehen würde.“

Nun zeigen beide ihre Stadt, Jonas zum ersten Mal gemeinsam mit dem Vater. Ein paar Tage nach unserem Rundgang kam die Nachricht vom Tod Karl Horst Hödickes, der mit 85 Jahren verstarb. So wird diese außergewöhnliche Ausstellung überdies zu einer Art Vermächtnis.

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