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Bemaltes Bienenstockstirnbrettchen. „Queer Bee“ von Eni Višner, Slowenien, 2022.

© Slovenski Etnografski Muzej

Honigbienen schaffen Kultur: „Buzzing Slovenia“ im Museum Europäischer Kulturen

Slowenien ist das Land mit der höchsten Dichte an Imkern. Das Handwerk prägt Identität und Kultur. Davon erzählt die Berliner Ausstellung „Buzzing Slovenia. Von Menschen und Bienen“.

Bienenstockstirnbrettchen, Bienenstockstirnbrettchen, Bienenstockstirnbrettchen. Bis dieser Zungenbrecher flüssig in den Wortschatz übergeht, dauert es etwas. Zumindest in Berlin. In Slowenien gehören die bemalten Holzbretter, die über den Einfluglöchern von Bienenstöcken angebracht sind, seit dem 18. Jahrhundert zur Volkskunst.

Slowenien ist Bienenland. Nirgends wird die Honigbienenkultur so hingebungsvoll gepflegt wie hier. Auf zwei Millionen Einwohner kommen 11000 Imker und 200.000 Bienenvölker. Nur folgerichtig also, dass die Unesco diese Landestradition und Lebensweise 2022 in das immaterielle Weltkulturerbe aufgenommen hat. Obwohl Imkerei-Produkte wie Honig, Kerzenwachs, Heiltinkturen, Wachsformen oder Honigkuchen selbstverständlich materieller Natur sind.

Wie tief die Bienenkultur das Land prägt, zeigt die Ausstellung „Buzzing Slovenia. Von Menschen und Bienen“ im Museum Europäischer Kulturen, die Teil der Europäischen Kulturtage zu Slowenien ist. Entstanden ist sie mit Leihgaben und Beratung slowenischer Museen. Auch das Kulturzentrum Skica Berlin hat mitgewirkt.

Dessen Leiterin Saša Šavel Burkart überrascht bei der Besichtigung mit einem weiteren Ausdruck: „Bienendiplomatie“. Die gehöre in Slowenien zur Arbeit des Außenministeriums und umfasse Bestäubungsprojekte oder auch Projekte zur Stärkung von Landminenopfern, denen die Bienenzucht zu einer neuen Lebensgrundlage verhilft.

Ein Bienenstock unterhalb des Berges Golica, Slowenien.

© Franc Šivic

Slowenien gilt seit der Regentschaft der Kaiserin Maria Theresia als Zentrum der europäischen Bienenzucht, ja als Pionierland der modernen Imkerei. Die Habsburgerin gründete hier im 18. Jahrhundert die weltweit erste Schule für Bienenzucht. Deren Lehrer, Anton Janša, hat es zum Nationalhelden gebracht, und sein Geburtstag, der 20. Mai 1734, ist auf Betreiben der emsigen slowenischen Imker inzwischen „Weltbienentag“ der Vereinten Nationen.

Dass sich Bienen auch in Kunstprojekten und Dokumentarfilmen seit einigen Jahren großer Beliebtheit erfreuen, hat nicht nur etwas mit Insektenfaszination und Honigesser-Sympathien zu tun, sondern auch mit ihrer Gefährdung durch Dürreperioden, Monokulturen und Insektizideinsatz. Obwohl das in erster Linie Wildbienen betrifft, wird es in „Buzzing Slovenia“ thematisiert. Etwa in dem Kapitel „Stadtimkerei“, das sich mit der Bienenhaltung auf Hausdächern beschäftigt. Sie erbringt einen Honig, der weniger Pestizidrückstände aufweist als der vom Land.

Besticktes Bienenstockstirnbrettchen. „Der Teufel bringt Luther und Katharina in die Hölle“ nach einem Motiv aus dem 19. Jh., Slowenien, 2014.

© Slovenski Etnografski Muzej

Bienenstockmodelle, Fotos, Honigprodukte, Videos, die über die Haltung der Krainer-Biene informieren, spacige Modelle des Fachbereichs Architektur der Universität Ljubljana, die Bienenhaltung mit menschlicher Raumnutzung verbinden, von Bienen inspirierter Schmuck – und eben die pittoresken Bienenstockstirnbrettchen mit religiösen- und Alltagsmotiven: Das alles ist lebendig präsentiert. Auf Podesten aus Lehmziegeln, die den respektvollen Umgang der Imker mit der Natur unterstreichen sollen und komplett recycelbar sind.

Eine gute Idee, deren geometrische Wirkung auch den ornamentalen Charakter der Bienenwaben zitiert. In einem Video kann man sehen, wie eine Künstlerin von heute ein Bienenstockstirnbrettchen bemalt. Die Tradition lebt. „Queer Bee“ heißt ein mit einer regenbogenbunten Biene geschmücktes Exemplar, das von 2022 statt von 1880 stammt.

Was romantisierte Naturbilder angeht, hält sich „Buzzing Slovenia“ angenehm zurück. Stattdessen geht es um Handwerk, um Tradition, die – sicher ganz im Sinne des Tourismusbüros – Slowenien auch als Reiseland für Naturfreunde empfiehlt.

Künstlerische Kommentare liefern zwei slowenische Gegenwartskünstlerinnen: Saša Spačal und Polonca Lovšin. Letztere zeigt die witzige Collage „Back to the City“ über die Rückkehr der Bienen in die Stadt, wo sie schon in der Antike gehalten wurden. Und Spačal sensibilisiert mit der mächtig zirpenden Soundcollage „Transversal is a Loop“ für die Empfindlichkeit, die die Ökosysteme der Insekten auszeichnet. In diesem Fall die von Grillen. Dass Grashüpfer gut mit Bienen können, ist seit der Serienverfilmung von Waldemar Bonsels Biene Maja-Büchern bekannt. Da passt zwischen Flip und Maja kein Blatt.

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