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83 Beschwerden gab es zur Berichterstattung über den Hamas-Angriff auf Israel und zum Krieg im Gaza-Streifen. Der Presserat konnte keinen Verstoß feststellen.

© IMAGO/ZUMA Wire/IMAGO/Ahmed Zakot

Jahresbericht des Presserates: So viele Rügen wie nie zuvor

2023 verhängte das Selbstkontrollorgan der Presse 73 Rügen. Im Jahr davor waren es nur 47. Bei den relevantesten Themen konnten die meisten Beschwerden allerdings zurückgewiesen werden.

Der Deutsche Presserat hat 2023 so viele Rügen erteilt wie noch nie in einem Jahr zuvor. 73-mal verhängte er seine schärfste Sanktion für besonders schwere Verstöße gegen den Pressekodex. Im Jahr zuvor hatte er lediglich 47 Rügen ausgesprochen. 

22 Rügen wurden erteilt, weil die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt wurde. Insgesamt gingen beim Presserat im vergangenen Jahr 1850 (nach 1733 im Vorjahr) Einzelbeschwerden ein. Erneut wurden mehr als zwei Drittel der behandelten Beschwerden als unbegründet abgewiesen. 

Die starke Zunahme der Rügen führte der Presserat bei der Vorstellung des Jahresberichts am Mittwoch darauf zurück, dass einerseits die Leser und Leserinnen sensibler reagieren, wenn Überschriften einen Sachverhalt nicht korrekt wiedergeben. Andererseits sei auch in den Ausschüssen des Presserats die Sensibilität gestiegen. 

Trotz der gestiegenen Zahl der Rügen fällt die Bilanz des Presserates positiv aus. Auch, weil der Rat die Beschwerden über die relevantesten Nachrichtenthemen größtenteils als unbegründet zurückweisen konnte.  „Bei großen Themen wie den Kriegen in Israel und Gaza sowie in der Ukraine haben die Print- und Online-Medien ganz überwiegend sauber gearbeitet“, so die Sprecherin des Presserats Kirsten von Hutten.

Zur Berichterstattung über den Angriff der Hamas vom 7. Oktober und den Krieg in Israel und Gaza gingen im vergangenen Jahr 83 Einzelbeschwerden ein, die sich auf 67 Artikel in Print- und Online-Medien bezogen. Überwiegend vermuteten die beschwerdeführenden Verstöße gegen die Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex. Jedoch hat der Presserat bei den Israel-Beschwerden bislang keinen Verstoß gegen den Pressekodex festgestellt.

„Sie schnitten Babys die Köpfe ab“

In einer Beschwerde ging es um die Aufmachung in einem Boulevard-Medium. „Krieg gegen Israel – Armee-Kommandeur und Reporter schildern furchtbares Massaker der Hamas: Sie schnitten Babys die Köpfe ab“. Nach Ansicht des Beschwerdeführers war die Schilderung gerade für Kinder und Jugendliche zu grausam.

Der Presserat meinte hingegen, dass die Berichterstattung durch das öffentliche Interesse gedeckt und die Schilderung selbst „dokumentarisch und nicht übertrieben sensationell“ gewesen sei. Die Beschwerde wurde entsprechend als unbegründet gewertet.

Eine schwierige Entscheidung betraf auch die Überschrift „Juden-Hasser mobilisieren in ganz Europa für Demo“ über einem Bild einer pro-palästinensischen Demonstration am 21. Oktober in Kreuzberg. In der Beschwerde wurde damit argumentiert, dass damit suggeriert werde, alle Teilnehmer seien antisemitisch, obwohl es sich um eine Friedensdemonstration gehandelt habe. Der Presserat urteilte jedoch, „Juden-Hasser“ sei vielmehr eine Meinungsäußerung, die durch israelfeindliche Sprechchöre und Plakate gedeckt sei. 

„Gerade in Krisenzeiten wünschen sich Leserinnen und Leser eine Berichterstattung, die ethischen Standards gerecht wird“, sagte von Hutten. „Redaktionen sollten Fehler transparent korrigieren, mit der Leserschaft das Gespräch suchen und ihre Arbeit erklären, wenn sie kritisiert werden.“ 

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