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Jon Fosse, Träger des Literaturnobelpreises 2023 aus Norwegen am vergangenen Wochenende in Stockholm.

© dpa/Claudio Bresciani

Jon Fosse, die Bestsellerlisten und das Glück : Literatur kann Leben retten

Wer dem norwegischen Literaturnobelpreisträger bei seiner Nobel Lecture zugehört hat, möchte eigentlich sofort in die Buchhandlung gehen und Fosse-Bücher kaufen.

Man sucht Bücher her von Jon Fosse vergeblich auf den Bestsellerlisten, trotz des Literaturnobelpreises, den der norwegische Schriftsteller Anfang Oktober zugesprochen bekam. Was jetzt nicht so verwunderlich ist bei einem Autor, für den das Schreiben ein Gebet ist, der sich nach seiner Konversion zum Katholizismus als religiöser Schriftsteller versteht.

Sein Prosa-Hauptwerk, die über tausend Seiten zählende „Heptalogie“ ist nicht unbedingt das, was man einen „Pageturner“ nennt, so ohne Punkte und ohne Absätze und ohne Handlung und voller Kommas, Gedanken, Assoziationen und andauernder Wiederholungen die sieben Teile dieses Romanwerks sind.

Der Ort in ihm drinnen

Doch wer Fosse vergangene Woche bei seiner Nobel Lecture gelauscht hat, müsste eigentlich sofort in eine Buchhandlung laufen, um sich etwa jene „Heptalogie“ zu besorgen. Allein wie Fosse da erzählte, wie er zum Schreiben kam, aus Angst vor dem lauten Vorlesen in der Schule, wie die Angst ihn erfüllte und wie er sich dann vor dem Verstummen bewahrte, sich die Sprache zurückholte und einen „Ort in mir drinnen“ fand – allein das ist lohnend.

Fosse unterscheidet zwischen der allein Botschaften vermittelnden, gesprochenen Sprache, gewissermaßen der Verkündigungssprache, und der literarischen Sprache, die genau das eben nicht macht, nämlich vermitteln, überzeugen oder überreden: „Sie ist Sinn viel eher denn Kommunikation, sie hat ihr eigenes Dasein. Und so gesehen sind natürlich gute Dichtung und jegliche Art von Verkündigung Gegensätze, ob die Verkündigung nun religiös oder politisch ist oder was auch immer.“ (Also keine Angst vor dem Katholiken Jon Fosse!).

Die Essenz von Literatur

Es ist die Essenz von Literatur, von der Fosse hier spricht. Von einer Literatur, die nie eine Illusion ist, sondern ihre eigene Wirklichkeit hervorbringt, die wiederum in die Wirklichkeit der Welt, eines jeden Menschen strahlt. Fosse sprach dann noch von den vielen Zuschriften von Leuten, die ihm schrieben, er habe mit seiner Dichtung Leben gerettet, trotz der vielen Selbstmorde in seinem Werk, davon, dass er schon immer gewusst habe, „dass Dichtung Leben retten kann.“

So viel Pathos darf dann schon mal sein. Das Glück, das der Literatur innewohnt, findet sich leider selten auf den Bestsellerlisten.

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