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Harry und Meghan bei der Beerdigung von Elizabeth II., im Vordergrund Charles.

© REUTERS/Toby Melville / REUTERS/Toby Melville

Update

Prinz Harrys Autobiografie: „Reserve“ ist weniger spannend als die Reaktionen in Großbritannien

Am Dienstag ist das Buch des britischen Prinzen Harry offiziell erschienen. Dem Königshaus muss das nicht nur wegen pikanter Details Sorgen bereiten.

Von Tessa Szyszkowitz

| Update:

Nach tagelangen Enthüllungen und Diskussionen ist die Autobiografie von Prinz Harry weltweit im Buchhandel: In Harrys Heimatland Großbritannien erschien das mit Spannung erwartete Buch am Dienstag um Mitternacht, einige Buchläden hatten für besonders ungeduldige Royals-Fans extra geöffnet.

Schon am ersten Tag sei das Buch 400.000-mal verkauft worden, teilte der Verlag Transworld Penguin Random House mit. „Es übertrifft sogar unsere optimistischsten Erwartungen“, sagte Larry Finlay, Geschäftsführer des Verlages, der Nachrichtenagentur PA zufolge.

Prinz Harry präsentiert in seiner Biografie „Reserve“ am 10. Januar pikante Details: Zur Hochzeit seines älteren Bruders William erschien er mit Frostbeulen auf seinem Penis, die er sich auf einer Wanderung für wohltätige Zwecke in der Arktis zugezogen hatte; der erste Sex fand mit 17 hinter einem Pub statt.

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Zudem: Sein Vater Charles habe ihn nach dem Tod seiner Mutter Diana nicht einmal umarmt; sein Bruder hätte ihn 2019 in der Küche geschubst; und zu der Nazi-Uniform, die er 2005 zu einem Faschingsfest anzog, sollen ihm William und Schwägerin Catherine geraten haben. Sie hätten sich dabei ausgeschüttet vor Lachen.

Für die Briten beginnt dieses Jahr recht unterhaltsam. Es geht schon wieder um den „War of the Windsors“, den Krieg zwischen den britischen Königskindern. Die Biografie – im englischen Original „Spare“ – ist nur ein Teil einer multimedialen und multimillionenschweren Medienkampagne. In einer Netflix-Serie, mehreren TV-Interviews und der Publikation seiner Memoiren in 16 Sprachen gleichzeitig präsentiert der junge Herzog von Sussex seine Sicht der Dinge. Harry fordert schlicht „die Wahrheit“.

In der jüngsten Schlacht des jüngeren Königssohns gegen seine Familie geht es längst nicht nur um heikle private Enthüllungen. Während die persönlichen Details über Streitigkeiten im Hause Windsor eher banal erscheinen, thematisiert Harry auch die problematische Beziehung zwischen Palast und Presse.

Seine Familie arbeite eng mit den Boulevardzeitungen zusammen. Im Austausch für positive Berichterstattung, erklärt Harry. Wer nicht mitspiele, werde gejagt. Wie seine Mutter Diana. In seinem jüngsten Interview, das am Sonntagabend auf dem Sender ITV ausgestrahlt wurde, zeigte der 38-jährige Prinz, wie traumatisiert er vom Tod seiner Mutter im Jahre 1997 ist.

Dass sein Ausscheiden aus dem Dienst der „Firma“ als arbeitender Royal vor zwei Jahren damit zusammenhängt, stellt er klar: „Ich muss meine Familie schützen“, sagt er und meint damit seine Frau Meghan Markle und die beiden Kinder Archie und Lilly.

Die britische Boulevardpresse habe das Misstrauen gegen Meghan bewusst geschürt. Sie habe, so Harry, als „Schauspielerin, amerikanisch, geschieden, mit einer schwarzen Mutter“ nicht ins Konzept gepasst. Seine Familie habe Meghan nicht beschützt, sondern im Gegenteil ebendiese Blätter mit Lügen über Meghan gefüttert.

Auch die Hautfarbe von Sohn Archie soll innerhalb der königlichen Familie und der Presse eine unrühmliche Rolle gespielt haben. Diese Vorwürfe – Rassismus in der Königsfamilie und Deals mit der Boulevardpresse – sind ernst zu nehmende Vorwürfe.

Im Vereinigten Königreich sind deshalb aber jetzt nicht etwa König Charles III. und Thronfolger William unten durch. Viel mehr verteufeln die konservativen Briten Prinz Harry und seine Frau Meghan. Laut dem Royal Family Favourability Tracker des Umfrageinstituts YouGov rangiert Harry bei minus 26 Prozent Popularität im Vergleich zu König Charles – der liegt bei plus 35 Prozent. Thronfolger William rangiert sogar bei plus 62.

In Europa blickt man auf den royalen Rebell Harry mit mehr Sympathie als auf der Brexit-Insel. Ganz zu schweigen von Amerika, wo Meghan als Kämpferin gegen Rassismus und Sexismus einen leichteren Stand hat als in der verknöcherten britischen Monarchie.

Noch ist die britische Monarchie nicht wirklich bedroht. Nur 33 Prozent der jungen Erwachsenen unterstützen sie, insgesamt aber doch 62 Prozent aller Briten. Keine der Parlamentsparteien wirft sich für ihre Abschaffung ins Zeug.

Der Medienrummel um Harrys Buch wird sich legen. Doch auf Dauer wird sich die Tatsache nicht verleugnen lassen, dass die Windsors längst nicht mehr um die Macht im Königreich kämpfen, sondern bloß um die beste Platzierung in den Medien. (mit dpa)

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