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Strawalde: „Anna Chron“ (2023).

© Foto: Galerie Born; Strawalde © VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Des Malers Spätlese: Strawalde in der Berliner Galerie Born

Auch mit über neunzig Jahren ist der sächsische Künstler unermüdlich tätig. In seinen nun in einer Ausstellung zu sehenden Bildnern prallen Farbmassen und Striche aufeinander.

Von Angelika Leitzke

Manchmal sind es vehement auf das Papier geschleuderte Farbwischer, dann entdeckt man unter einem Wust von Strichen und Formen Reste von Collagen: Tapetenreste, Postkarten mit Frauen in verschiedenen Volkstrachten oder Schnipsel aus altertümlichen Illustrationen, die gerne noch unterlegt sind von Wortfetzen aus Büchern, wie man sie nur noch auf Flohmärkten finden kann.

Bei Strawalde, der vor zwei Jahren seinen 90. Geburtstag feierte, weiß der Betrachter eigentlich nie so genau, woran er eigentlich ist, doch er ergötzt sich an der malerischen Lust eines Künstlers, dessen späten Werken von 2023 in der Berliner Galerie Born das Hauptaugenmerk gilt. Die Handschrift ist hier genauso frisch wie bei einer Mischtechnik von 1981, in der schwarze Farbmassen gegen farbige Linien und Flächen aufbegehren, um sich letztendlich mit ihnen in einer kompositorischen Ästhetik zu vereinen.

Kleine Figuren wie Tintenkleckse

Von explosivem Gestus zeugen auch die Exponate mit dem Titel Tapanta: ein Verweis auf Japan, von Strawalde mehrfach bereist; das Wort bedeutet so viel wie Begeisterung, ohnehin hat bei den Papierarbeiten die fein hin gestrichelte Signatur mit präziser Datierung Bezug zu fernöstlicher Kalligrafie, an japanische Schriftzeichen gemahnen die anmutigen Figurationen, die wie kleine, blaue Tintenkleckse in der Serie „Briefe“ rhythmisch über das Blatt schweben.

Fast an den gestischen Tachismus erinnert das Großformat mit dem Titel „November“ von 2023, das nur aus einem nuancenreichen Weiß besteht, pastos aufgetragen in Schlieren und Schleifen. Das einzige gegenständliche Gemälde der Ausstellung heißt „Anna Chron“, Strawalde hat es zu Ostern 2023 rein intuitiv auf die Leinwand gepinselt.

Eine anachronistische Madonna mit Anklängen an Leonardo da Vincis „Mona Lisa“, aber halt ein strawaldisches Weibsbild. Frauen tauchen ohnehin immer wieder im Œuvre des Malers auf, das sich von den Großen der Kunstgeschichte inspirieren ließ.

Strawalde alias Jürgen Böttcher, geboren 1931 im sächsischen Frankenberg, wählte sein Pseudonym nach dem Ort Strahwalde in der Oberlausitz, wo er seine Kindheit verbrachte. Die Hochschule für Künste in Dresden bildete ihn zum Maler, die Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam zum Regisseur aus.

Er wurde mehrfach ausgezeichnet, die Bundesrepublik verlieh ihm 2001 das Bundesverdienstkreuz. In Ost-Berlin war er vor allem als Filmemacher tätig, da seine Bilder der SED-Doktrin vom Sozialistischen Realismus zuwider liefen. Heute lebt er in Berlin-Karlshorst.

Mit neun Jahren soll Strawalde mit dem Malen begonnen haben. Schaut man sich in der Galerie Born um, so muss man feststellen: Kunstschaffen erhält jung. Die Preise für seine Werke liegen zwischen 1850 und 18.500 Euro.

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