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Jonathan Penca (*1988): Insect of the year 2004 (Hainschwebfliege).

© Lenbachhaus, © Jonathan Penca

Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München: Jonathan Penca: Insect of the year 2004 (Hainschwebfliege)

Jonathan Penca inszeniert in der gleichnamigen Reihe aus Papierarbeiten Gewinner-Tierchen als anthropomorphe Mischwesen.

Eine Kolumne von
  • Dierk Höhne
  • Eva Huttenlauch

Seit 1999 wird jedes Jahr das „Insekt des Jahres“ gekürt. Welches Tierchen in den Kreis der auserwählten Krabbler kommt, entscheidet ein mehrköpfiges Gremium aus Expert*innen international renommierter Forschungsinstitute. Dabei werden die physiologischen Alleinstellungsmerkmale des Insekts, wie auch seine übergeordnete Rolle im Ökosystem mit in Betracht gezogen. So soll das jeweilige „Insekt des Jahres“ durch seine einmalige Verbindung körperlicher und ökologischer Eigenschaften dazu beitragen, das Image der mehrbeinigen Nützlinge in der Öffentlichkeit zu verbessern.

Jonathan Penca inszeniert in der gleichnamigen Reihe aus Papierarbeiten, von der drei Werke 2018 für die Sammlung des Lenbachhaus erworben wurden, die jeweiligen Gewinner-Tierchen als anthropomorphe Mischwesen, die keck im Scheinwerferlicht posieren. Flügel, Facettenaugen und Chitinpanzer verwandelt Penca dabei zu Kleidern, Hüten, Stiefeln und anderen Mode-Accessoires.

Cooles Outfit

Das Exoskelett als avantgardistisches Outfit wird den neugierigen Blicken des Ausstellungspublikums wie auf einem Laufsteg präsentiert. Bei Penca ist das „Insekt des Jahres“ vor allem eines: cool. Es überschreitet so mit Leichtigkeit Spezies- und Gender-Grenzen.

Im Prinzip führt Jonathan Penca mit künstlerischen Mitteln jenen Diskurs konsequent weiter, der mit der ersten Insekten-Kür 1999 begonnen wurde. Es geht um die wunderbare visuelle Vielfalt im Reich der kleinen Krabbler und gleichzeitig um den historisch und gesellschaftlich konstruierten Blick auf eben diese. Oft mit Ekel oder Unbehagen werden Insekten in unseren eigenen vier Wänden als Eindringlinge empfunden und – im besten Fall – lebendig nach draußen befördert.

Dabei ist die kulturell konditionierte Abneigung gegenüber Insekten nicht nur für die Tierchen selbst schädlich. Viel mehr unterschätzt oder verkennt der Mensch schlichtweg die überlebenswichtige Bedeutung der Vielbeiner für das gesamte Ökosystem. Wenn Jonathan Penca die Käfer also wie Superstars im Blitzlichtgewitter über den roten Teppich laufen lässt, dann erhalten sie die Bedeutung, die ihnen schon lange zustehen sollte. So wird „Ungeziefer“ unverzichtbar.

Eva Huttenlauch, Sammlungsleiterin für die „Kunst nach 1945“, Dierk Höhne ist Kurator Kunstmuseum Stuttgart und ehemaliger wissenschaftlicher Volontär am Lenbachhaus.

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