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Die Kunden sollen Windows 10 lieben, wünscht sich Microsoft-Chef Satya Nadella. Das übergroße Interesse an ihren Daten hat er damit sicherlich nicht gemeint.

© picture alliance / dpa

Update

Windows 10 im Test: Microsofts Eigentor

Der Software-Gigant Microsoft greift mit Windows 10 auf Nutzerdaten zu. Lohnt sich das neue System trotzdem? Auf jedem zehnten Computer in Deutschland soll schon das neue Windows laufen.

Warum länger mit der Installation von Windows 10 warten als nötig, wo doch der Computer danach wieder schneller startet, der Notebook-Akku länger durchhält, Programme wieder über das Start-Menü geöffnet werden können, der neue schlanke Internet-Browser Edge sogar handgeschriebene Kommentare zulässt, die Synchronisation mit anderen Windows-Computern, Tablets, Smartphones einfacher wird und das Assistenzsystem Cortana den Computernutzer in allen Lebenslagen an die Hand nehmen möchte? Diese Frage stellen sich im Moment sehr viele Menschen, vor allem, nachdem Microsoft mit einem neuen Upgrade-Hinweis auf dem Computerbildschirm auf das „Windows für Weltverbesserer“ demonstrativ hinweist und mit dem Hinweis „Nur für kurze Zeit: das kostenlose Windows-10-Upgrade“ einen unnötigen Zeitdruck aufbaut.

Bis Ende Juli 2016 ist das Angebot gültig

Das Upgrade auf Windows 10 hat am 29. Juli begonnen. Wer einen Computer mit Windows 7 oder Windows 8.1 hat, kann nun bis zum 28. Juli 2016 vom kostenlosen Angebot Gebrauch machen. Für Eile besteht somit kein Anlass. Vielmehr kann es ratsam sein, seine Ungeduld etwas zu zügeln. Doch vor allem für Nutzer von Windows 8.1 gibt es viele Gründe, nicht länger als nötig auf die Vorteile von Windows 10 zu verzichten.

Die Ungeduld kommt nicht von ungefähr. Es ist lange her, dass eine neue Betriebssystem-Version von Microsoft eine so gute Presse hatte wie Windows 10. Hatte, denn einen Teil des Erfolgs hat das Unternehmen wieder aufs Spiel gesetzt, indem es sich selbst einen mehr als großzügigen Zugriff auf die Daten und die Privatsphäre der Nutzer eingeräumt hat. Wer bei der Installation die Express-Einstellungen auswählt, stimmt unter anderem zu, dass Windows auf Surfverhalten, Suchverlauf, Kontakte, Termine, Mails, private Ordner und noch einiges mehr zugreift. Dies kommt dem Assistenzsystem Cortana zugute, diese Informationen können aber auch zum Einblenden individueller Werbung genutzt werden. Um Windows diese Neugier abzugewöhnen, lassen sich viele Einstellungen aber auch wieder abstellen.

Das Update KB3081424 wird manuell aus dem Netz geladen

Dass es hingegen in einigen Fällen zu Problemen mit einem der ersten Windows-10-Updates kam, das dann in einer Art Endlosschleife immer wieder neu installiert wird, muss niemanden vom Umstieg abhalten. Sollte das Problem tatsächlich auftreten, gibt es einen einfache Trick: Das Update KB3081424 wird manuell aus dem Netz geladen und installiert, danach kann Windows ungestört weiter genutzt werden. Microsoft muss sich allerdings überlegen, wie mit solchen Fällen künftig umgegangen werden soll, da Updates im neuen Windows ja automatisch installiert werden und der Nutzer darauf keinen Einfluss mehr hat.

Der wichtigste Schritt vor dem Umstieg auf das neue Windows besteht darin, zuvor zumindest die eigenen Daten möglichst auf einem externen Medium zu sichern. Wer seine Festplatte so aufgeteilt hat, dass ein Bereich für Windows und die Programme und ein anderer für Dokumente, Bilder, Musik, Videos, Mails und ähnliches reserviert ist, muss zwar nicht befürchten, dass durch das Windows-10-Upgrade die eigenen Dateien überschrieben werden. Aber auch in diesem Fall ist ein Back-up immer eine gute Idee. Zudem kann es nützlich sein, ein Abbild der bisherigen Windows-Installation anzufertigen. Dafür wird allerdings ein Programm wie Acronis True Image benötigt. Der Vorteil: Funktioniert Windows 10 nicht wie gewünscht, kann der vorherige Zustand in kurzer Zeit wieder hergestellt werden. Die Festplatte in mehrere Partitionen aufzuteilen hat noch einen weiteren Vorteil: Auf dem Computer können dann mehrere Windows-Versionen nebeneinander installiert werden – beispielsweise Windows 7 und 8.1. Wird nun Windows 8.1 auf Windows 10 umgestellt, steht im Zweifel immer noch Windows 7 zum Arbeiten bereit.

Windows 10 kann keine DVDs abspielen

Windows 10 enthält einige wichtige Neuerungen wie Edge oder Cortana. Andere Funktionen fehlen dagegen. Besonders deutlich spürbar ist diese Lücke bei der Wiedergabe bestimmter Medieninhalte. Einerseits gibt es bei Windows 10 kein Media Center. Beim Upgrade wird es vom PC entfernt. Noch einschneidender ist allerdings, dass Windows 10 keine DVDs abspielen kann. Dafür muss entweder der kostenlose VLC Player installiert werden, oder – wenn man es komfortabler haben möchte und zudem Wert auf Extrafunktionen wie eine verbesserte Bildqualität legt – ein Programm wie PowerDVD gekauft werden. Als Upgrade von älteren Programmen gibt es dafür immerhin Rabatt. Insgesamt sind kostenpflichtige Neuanschaffungen eher die Ausnahmen und betreffen vor allem sehr systemnahe Programme. Für andere Tools wie die fehlende Windows-Sidebar mit der netten Desktop-Uhr und dem Wetter gibt es als Ersatz beispielsweise das 8 Gadget Pack.

Nutzer sollten nicht blind auf Voreinstellungen vertrauen

Einige Windows-10-Nutzer werden zudem feststellen, dass Watchever und die Onlinedienste von Sky mit dem neuen Edge-Browser nicht funktionieren. Die beiden Dienste benötigen die Browser-Erweiterung Silverlight, um die Autorisierung von Abfragen zu prüfen. Microsoft lässt diese Technik jedoch auslaufen, in Windows 10 ist sie nur noch im Internet Explorer 11 oder in selbst installierten Browsern wie Firefox und – nach manueller Anpassung – in Chrome enthalten. Sky und Watchever arbeiten daran, ihre Systeme anzupassen. Watchever kündigt eine Lösung im Sommer, Sky in den nächsten Monaten an.

Fazit: Läuft Windows 10 erst auf dem Computer, möchte man nicht mehr zurückwechseln. Zwingende Gründe gegen einen Umstieg auf das neue Microsoft-System gibt es für Privatnutzer wenig, in Unternehmen kann es durch spezielle Branchenlösungen anders aussehen. Der Umgang von Microsoft mit dem sensiblen Datenschutzthema zeigt allerdings, dass die Nutzer nicht blind auf die Voreinstellungen vertrauen können. Wer sich vor den aufdringlichen Blicken von Microsoft schützen will, findet im Datenschutzbereich umfangreiche Einstellungsmöglichkeiten. Umso unverständlicher, dass Microsoft mit den Voreinstellungen dieses PR-Eigentor geschossen hat.

Viele Nutzer scheint das jedoch wenig zu bekümmern. Der Analysefirma StatCounter zufolge läuft das neue Windows in Deutschland schon annähernd auf jedem zehnten Computer (Marktanteil von 9,93 Prozent zum Stichtag 15. August). Weltweit soll Windows 10 bei 6,19 Prozent liegen. Windows 8.1 kommt demnach auf 17,75 Prozent und Windows 7 auf 51,38 Prozent. Apple hätte Microsoft demnach schon überholt: OS X kommt laut StatCounter auf 8,84 Prozent.

Für Ungeduldige: Nicht länger auf das Upgrade warten

Vor allem bei etwas älteren Computern und Notebooks dauert es durchaus etwas länger, bis ihre Besitzer die Benachrichtigung erhalten, dass Windows 10 nun auch für ihr Gerät zur Verfügung steht. Wer nicht so lange warten will, kann sich das Upgrade-Paket manuell vom Microsoft-Server besorgen und per Hand installieren.

Wichtig beim Installationsprozess ist, dass unbedingt die Option „Jetzt Upgrade für diesen PC ausführen“ gewählt wird. Für das Upgrade selbst sollten mehrere Stunden veranschlagt werden. Zuvor sollte man allerdings die Hinweise im Upgrade-Advisor genau lesen und sich überlegen, ob man mit den dort genannten Warnungen leben kann. Der Ratgeber listet auf, welche Programme oder Komponenten nach dem Upgrade vermutlich nicht mehr funktionieren. Dabei kann es sich um systemnahe Werkzeuge oder um Geräte mit speziellen Treibern handeln. Sony warnt darum die Besitzer von Computern der älteren Vaio-PC-Reihe vor einem Upgrade auf Windows 10, weil noch nicht sichergestellt sei, dass alle Treiber laufen. sag

Das Turbo-Upgrade https://www.microsoft.com/de-de/software-download/windows10

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