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Grünen-Chef Cem Özedmir, SPD-Chef Sigmar Gabriel und die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth (von links) beim Grünen-Parteitag in Berlin Ende April.

© dpa

Debatte um grüne Steuerpläne und Euro-Rettung: Der Wahlkampf braucht Alternativen

Der Wahlkampf 2013 könnte überraschend ernsthaft und anspruchsvoll werden. Ob Mindestlohn, Steuerpolitik oder Alternativen in der Euro-Frage: Für die Wähler ist es einfacher geworden, in zentralen Fragen Position zu beziehen.

Guido Westerwelle kurvte 2002 im Guido-Mobil durch die Lande, 2005 machte Gerhard Schröder einen „Professor aus Heidelberg“ zum Gespött, und 2009 versuchte Angela Merkel, Anhänger des gegnerischen Lagers per Schlafwagenstrategie gleich ganz von der Stimmabgabe fernzuhalten. Die vergangenen Wahlkämpfe waren nicht immer ein Ruhmesblatt der Demokratie – zumindest wenn man deren Funktion nicht auf Popularisierung und Personalisierung reduziert, sondern den Anspruch erhebt, dass ein Land sich in Wahlkampfjahren seiner selbst vergewissern soll.

Um Richtungsentscheidungen treffen zu können, müssen allerdings Alternativen erkennbar sein. Der Kanzlerin war an der Herausarbeitung bisher nicht gelegen. Angela Merkels Erfolg beruht auch darauf, dass sie ihre Ansätze, ob in der Euro-Frage oder beim Atomausstieg, als alternativlos darstellt: Was gut für sie selbst ist, soll auch für andere gut sein. In Wahrheit allerdings sind Dinge im Leben nur selten ohne Alternative.

Vielleicht ist der Furor, mit dem die Grünen jetzt ihr Steuerprogramm gefeiert haben, nur vor diesem Hintergrund erklärbar. Schließlich beziehen sie ihre Daseinsberechtigung irgendwie immer noch daraus, eine „Alternative“ anzubieten. Dabei mag man über deren Steuerpläne denken, was man will: Gut für die Debatte sind sie auf jeden Fall. Es ist ein Fortschritt, wenn eine Partei den Anspruch erhebt, im Wahlkampf eher spalten statt versöhnen zu wollen. Denn auch die Deutschen, das belegen Umfragen, sind in der Frage der Verteilungsgerechtigkeit geteilter Meinung.

Insofern scheint das, was bisher vom Wahlkampf 2013 zu sehen ist, ganz gut in die Zeit zu passen. Vor vier Jahren war das anders. 2009 noch fühlte sich „die Krise“ fremd und übermächtig an. Im Ergebnis kam es zu einer Entpolitisierung des Wahlkampfs. Auch deshalb gelang es der FDP, mit größtenteils ungedeckten Steuerversprechen ein Glanzresultat einzufahren.

Inzwischen sind die Konturen der Krise klarer zu erkennen. Die Debatte ist kleinteiliger geworden. Ob Mindestlohn, Steuerpolitik oder Alternativen in der Euro-Frage: Auch für die Wähler ist es einfacher geworden, in zentralen Fragen Position zu beziehen.

Die Grundlagen für einen solchermaßen wenig polemischen Wahlkampf hat ausgerechnet Merkel selbst gelegt. Zum einen hat sie die Deutschen so sehr auf ihre Rolle als Sparmeister festgelegt, dass diese nun plötzlich auf die Idee kommen könnten, auch ihr eigener Staat solle besser haushalten. Zum anderen hat sie durch ihre persönliche Beliebtheit die Opposition geradezu angestachelt, an Programmen zu arbeiten. Gegen Merkel wirken Steinbrück, Trittin und Göring-Eckhardt gleichermaßen ziemlich blass.

Das, was bisher von der Opposition an Plänen vorgelegt worden ist, muss man dabei noch längst nicht gut finden. Zum Beispiel könnte man auch gut argumentieren, dass der Staat gerade nicht mehr Geld braucht – sondern umgekehrt mehr Geld bei den Bürgern landen muss und Ausgaben gesenkt werden müssen. Ein solches Programm würden die Deutschen der Sparkanzlerin Merkel vermutlich sogar abkaufen.

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