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Deutschland und Frankreich: Europa à la Sarkozy

Der französische Präsident setzt die deutsche Kanzlerin unter Druck. Kein Wunder: Schließlich muss er auch nicht in einer großen Koalition regieren.

W ie schön das Regieren ohne lästigen Koalitionspartner sein kann, hat Frankreichs Staatschef Sarkozy gerade in Meseberg demonstriert. Beim Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel machte er ungeniert Werbung für die Atomenergie und drückte nebenbei seine Forderung durch, die EU künftig mit einem „Rat der Weisen“ zu beglücken – als gäbe es nicht schon genug Beratungsgremien und Think Tanks in Berlin, Paris und Brüssel. Geht es nach Sarkozy, soll der Weisen-Rat die französische Skepsis angesichts eines möglichen EU-Beitritts der Türkei noch einmal offiziell verstärken. Das Projekt kann Merkels Koalitionspartner, der SPD, genauso wenig schmecken wie Sarkozys Forderung einer europäischen Energiepolitik. Dahinter verbirgt sich schließlich der Wunsch, der Kernkraft und damit auch dem französischen Konzern Areva auch auf lange Sicht eine Zukunftsperspektive zu bieten.

Beim Treffen in Meseberg zeigte sich Sarkozy wieder ganz als Machtpolitiker. Mit seiner spitzbübischen Bemerkung, dass Frankreich ja kein Problem mit der Kernenergie habe, zielte er mitten in einen der Großkonflikte der schwarz-roten Koalition. Er weiß, dass Merkel gerne eine ähnliche Linie wie er in der Atompolitik verfolgen würde, wenn sie könnte, wie sie wollte. Vielleicht ahnt er auch, dass die Kernkraft zu einem wichtigen Thema im Bundestagswahlkampf 2009 werden könnte. In den deutschen Vorwahlkampf fiele dann auch die französische EU-Präsidentschaft Ende 2008, die Sarkozy für die Energiediskussion nutzen will. Heißt das, dass dann ein SPD-Kanzlerkandidat gegen Frankreichs Atompolitik poltern muss, um bei den Wählern zu punkten?

Es mag ja sein, dass Sarkozys Vorschläge der Taktikerin Merkel gar nicht so ungelegen kommen. Unterm Strich kann aber auch sie darüber nicht glücklich sein, wie Sarkozy das Tempo bestimmt: Erst die hektischen Verhandlungen um die Spitze des Luftfahrtkonzerns EADS, dann der Streit um die bulgarischen Krankenschwestern und jetzt wieder die unterschiedlichen Auffassungen über die Industriepolitik: Es knirscht weiter in den deutsch-französischen Beziehungen.

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