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Jean-Claude Trichet: Ein Visionär der Euro-Zone verlässt die Bühne

Europa braucht mehr Vordenker wie Trichet. Denn nur jemand, der radikal denkt, kann die krisengeschüttelte Union stabilisieren.

Es ist traurig, dass Jean-Claude Trichet die Bühne der großen Politik bald verlässt. Der Chef der Europäischen Zentralbank gehört zu den wenigen Spitzenkräften des Kontinents, die aus der Krise des Euro-Systems eine Vision zu entwickeln vermögen. In Zukunft, sagt er, müsse es ein europäisches Finanzministerium geben, das zur Not ein Wirtschaftsdiktat über ein Mitglied der Euro-Zone ausüben kann. Weigert sich ein Land, seinen Etat zu sanieren, soll es eben dazu gezwungen werden. Schließlich schade eine unsolide wirtschaftende Regierung direkt anderen Euro-Staaten, weil das Schicksal aller durch die Gemeinschaftswährung verknüpft ist. Ort und Zeit des Vorstoßes sind mit Bedacht gewählt – Trichet sprach in Deutschland, das die größten Lasten der Krise trägt, zu einer Zeit, in der Griechenland sich schwer tut mit den Sparvorgaben seiner Partner. Doch der Gedanke reicht über Taktik hinaus. Nur mit derart radikaler Konsequenz, wie der EZB-Chef sie denkt, lassen sich zukünftige Währungskrisen vermeiden. Ein Angriff auf Souveränität und Demokratie? Nein, es ist der nötige Schritt zu einem dauerhaften Erfolg des Euro. Die Europäer hätten ihn schon vor 19 Jahren gehen sollen, als sie den Vertrag von Maastricht schlossen.

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