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Hello again: Joe Biden will im Weißen Haus bleiben.

© Reuters/Kevin Lamarque

Joe Biden will’s nochmal wissen: Grandpa-in-Chief, warum denn nicht?

Alter ist auch nur eine Zahl. Viele fühlen sich jünger, als sie sind. Und bei vielen nimmt im Alter die Lebensklugheit zu. Was auch für den amtierenden US-Präsidenten spricht.

Ein Zwischenruf von Stephan-Andreas Casdorff

Sehen wir den Tatsachen ins Auge: Jugend ist ein Zustand, der sich mit jedem Tag mehr gibt. Und beim Alter ist es ebenso. Wenn dann noch einer sagt: 60 ist das 40 von früher, oder so ähnlich, fühlt sich mancher Babyboomer heute gleich um Jahre jünger. Womit wir bei Joe Biden wären.

Nun wird – wieder – sein Alter gegen ihn ins Feld geführt. Über 80 ist er schon. Und, darf der das, also darf er US-Präsident nicht nur werden, sondern bleiben wollen?

Früher, ganz früher, wäre das keine Frage gewesen. Abgesehen mal vom alten Wolf, der das Rudel, die Sippe, so lange beherrscht, wie seine Kraft reicht, und bei manchen reicht sie lange – viele nehmen im Alter an Klugheit zu.

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Die „Native Americans“, ehedem: Indianer, hatten sehr oft ganz alte Häuptlinge. Wegen der Lebenserfahrung, der Führungserfahrung, der Menschenkenntnis. Anführer der Krieger konnte da ruhig ein Jüngerer sein.

Und wenn wir immer schon wie gebannt auf die Chinesen schauen: Deng Xiaoping, der legendäre Staatslenker, war alt. Über 90. Trotzdem geachtet, nein, gerade auch deswegen. Xi Jinping, Dengs, sagen wir: politischer Enkel, wird bestimmt im Amt alt werden. Im Juni wird er 70.

Von den Chinesen lernen

Drum: Ehre das Alter. Bald bleibt nämlich auch gar nichts anderes mehr übrig. Zahlen lügen nicht (außer manchmal bei Altersangaben): Der Anteil junger Menschen unter 20 sinkt und sinkt, im Gegenzug steigt logischerweise der Anteil der Weltbevölkerung über 65, von jetzt neun auf 23 Prozent bis 2100. In Europa und Nordamerika ist die Tendenz weiter fortgeschritten als anderswo.

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Millionen Deutsche sind 60 Jahre und älter.

Im Amerika von heute, Bidens Amerika, sind von knapp 332 Millionen rund 17 Prozent über 65 Jahre. Der Trend hält an, eben weil die Babyboomer, geburtenstarke Jahrgänge zwischen 1946 und 1964, alt werden. Und immer älter werden.

Das gilt auch in Deutschland. Hier sind ungefähr 22 Millionen Menschen 60 Jahre und älter, mehr als jeder Vierte. Und es werden immer mehr. Bis 2050 wird ihr Anteil auf 38 Prozent steigen. Und über 80 werden dann zehn Millionen sein.

Spätestens zu dem Zeitpunkt haben auch wir einen Joe Biden. Zwar sitzt im deutschen Parlament, im Bundestag, ein Wolfgang Schäuble, auch über 80. Aber der will nicht mehr Kanzler werden. Obwohl es einige in der CDU gab, die sich seine Kandidatur beim vergangenen Mal gewünscht hätten. Ernsthaft. Auch mit dem Hinweis auf Biden.

Grandpa-in-Chief: Was spricht dagegen? Studien nicht, im Gegenteil: Wer nicht raucht, lebt länger. Biden raucht nicht. Wer sich selbst für gesund hält, hat im Durchschnitt noch länger zu leben. Biden hält sich selber für sehr gesund. Sein Arzt auch. Und wer über die Jahre wenig Denkgeschwindigkeit eingebüßt hat – genau, der wird alles tun, länger zu leben. Biden tut alles dafür. Sagt sein Arzt auch. Öffentlich. Er könnte dafür haftbar gemacht werden, wenn es nicht stimmen würde.

Und wer sagt, dass Donald Trump, noch 76, schneller denkt? Er spricht nur schneller als Biden. Und redet mehr. Das macht es nicht besser. Ihn auch nicht.

Dass Biden nuschelt – das tun, zum Beispiel, bei uns viele Hamburger auch. Dass Bidens Rücken steifer wird – ein bisschen Rücken hat jeder, jeder über 60. Alles nichts, das gegen ihn spräche. Und seine Entscheidungen als Präsident erst recht nicht.

Ehret das Alter: „Kraft und Wohlgestalt sind Vorzüge der Jugend, der des Alters aber ist Blüte der Besonnenheit.“ Sagte Demokrit, einer der größten griechischen Philosophen. Ein weiser Mann, hochgeehrt, Lehrender bis zuletzt, als er im Alter von etwa 90 starb.

Was uns das lehrt? Solange Joe Biden so bleibt, nicht wirklich senil wird, ist er ein alter weiser Mann. Besonnen außerdem. Und bei Weitem nicht 90. Zu alt ist Biden nicht – ob er insgesamt der Richtige ist, ist damit nicht gesagt.

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