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Klaus Wowereit (SPD) würde wohl nur als Kanzler in den Bund wechseln.

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Klaus Wowereit: Hauptsache Mehrheit

Sie haben es mit fast allen gemacht: CDU, Grüne, Linke und sogar FDP: Berlins SPD ist zu sehr ans Regieren gewöhnt, um sich von Klaus Wowereit zu trennen. Kronprinzen gibt es nämlich nicht.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Jetzt also mit der CDU. Die Berliner Sozialdemokraten, vorneweg der linke Parteiflügel, werden der enttäuschten rot-grünen Liebe noch eine Weile nachtrauern. Aber dann werden sie sich auf das besinnen, was die SPD bis 1990 im Westen, anschließend in der ganzen Stadt mit großer Hingabe tut: Regieren. Solange es für eine Mehrheit reicht, ist Berlins SPD dabei. Seit Jahrzehnten, mal mit Linken oder Grünen, mal mit Christdemokraten oder Liberalen.

Keine zehn Jahre saß die Berliner SPD seit 1948 auf den Oppositionsbänken. Eine solche Erfahrung stärkt das Bewusstsein für die eigene Bedeutung, verführt dazu, sich für unentbehrlich zu halten, macht aber auch pragmatisch. Am Ende zählt, von Ernst Reuter bis Klaus Wowereit, dass möglichst jedem Berliner Senat der sozialdemokratische Stempel aufgedrückt wird. Das wird in den bevorstehenden Koalitionsverhandlungen auch die CDU spüren, die zum ersten Mal seit 1963 wieder Juniorpartner in einem Bündnis mit der SPD sein darf.

Damals hieß der Regierende Bürgermeister übrigens Willy Brandt, und der hatte, so ganz nebenbei, schon zwei verlorene Bundestagswahlen davon eine als Kanzlerkandidat hinter sich. Da kann Wowereit nicht mithalten. Auch wenn sich seit fünf Jahren hartnäckig das Gerücht hält, auch er wolle, und zwar ohne eine Wahl zu verlieren, Bundeskanzler werden. 2013, am liebsten mit Rot-Grün, auch wenn ihn die Öko-Partei momentan hasst. Wird schon wieder. Vorher schlängelt sich Wowereit noch schnell an Peer Steinbrück und Sigmar Gabriel vorbei, gestützt von einer SPD-Linken, die zwar in Berlin, aber nicht bundesweit eine innerparteiliche Mehrheit hat.

Ganz zu schweigen von der bisher nicht eindeutig beantworteten Frage, ob die deutsche Republik reif wäre für einen schwulen Kanzler. Oder Bundespräsidenten, dann schon eher Außenminister. Ganz sicher wird er nicht als einfacher Bundestagsabgeordneter, vielleicht mit Aussicht auf den Vize-Fraktionsvorsitz, im Reichstagsgebäude auftauchen. Denn Wowereit weiß inzwischen, was er wert ist in der eigenen Partei.

Also gemach, es ist noch nicht so weit, dass sich die SPD und Berlin von Wowereit verabschieden können. Erst einmal muss er in Berlin ein rot-schwarzes Bündnis schmieden, dabei die eigene Parteilinke einbinden und befrieden. Dafür wird er, wie in den vergangenen zehn Jahren, den SPD-Landeschef Michael Müller dringend brauchen. Den guten Freund, den getreuen Eckart, der eine kunterbunte Partei und Fraktion bisher erfolgreich zusammenhielt.

Ohne dieses Duo wäre die Berliner SPD nicht einmal die Hälfte wert. Es gibt keine Kronprinzessin, auch keinen Prinzen. Vielleicht findet sich noch ein Frosch, der sich küssen lässt. Niemand ist unersetzlich, aber es spricht auch manches dafür, dass Wowereit bleibt. Er kann ziemlich anhänglich sein.

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